Neukirchen-Vluyn. Monatelang versperrte sie den Blick von Irmgard Steegmann, jetzt fand die evangelische Kirchengemeinde einen neuen Platz für ihre Möbelbox.
Irmgard Steegmann genießt an einem schönen, sonnigen Vormittag den Blick aus ihrem Wohnzimmerfenster an der Bruchstraße. Klingt erstmal unspektakulär, ist für die 84-jährige Frau aus Neukirchen-Vluyn aber alles andere als normal. Seit Oktober letzten Jahres war ihr Ausblick nämlich nicht der Kirchplatz, sondern die Rückseite einer hölzernen Möbelbox. Diese hatte die evangelische Kirchengemeinde auf dem Grundstück des neuen Gemeindehauses genau so platziert, dass es das Wohnzimmerfenster der Seniorin verdeckte. Das machte schnell die Runde im Dorf Neukirchen – und sorgte für gehörigen Unmut.
Diesem hat sich die Kirchengemeinde mittlerweile aber angenommen. In einem Gremium, bestehend aus Kirche, Anwohnern, Bauamt und Denkmalpflege wurden lange Gespräche geführt. Auf die Fläche hinter das Gemeindehaus konnte das Möbellager nicht umgestellt werden, da dies ein Bodendenkmal sei.
Nun haben die Beteiligten endlich eine Lösung gefunden: Ende Mai wurde die Box, in der vor allem Stühle untergebracht sind, um 90 Grad gedreht und ein Stück nach hinten versetzt. Nun steht sie also vor dem Fenster des Gemeindehauses, statt vor dem der Nachbarn.
Guter Kompromiss für alle
„Wir hatten nie das Interesse, jemanden zu verärgern“, betont Pfarrer Stefan Vogt. Aus diesem Grund habe sich die Gemeinde darauf eingelassen, die Holzhütte umzusetzen. Und dass, obwohl es rein rechtlich nicht erforderlich wäre, wie die Stadt noch einmal bestätigt haben soll. „Es geht uns nicht um das Gebäude, sondern um den Frieden im Dorf mit unseren unmittelbaren Nachbarn.“
Da es im Sinne beider Parteien sei, dass die Box nicht weiter für Unfrieden sorgt, haben sich die Nachbarn an den Kosten für die Maßnahme beteiligt. Diese lägen, nach Darstellung des Pfarrers Frank Rusch, im vierstelligen Bereich: „Dieser Kompromiss ist eine Lösung, mit der alle gut leben können.“
Auch Mathilde und Hans-Werner Tylle, zeigen sich sehr erfreut, dass ihre Schwägerin nun wieder freie Sicht hat: „Die Lösung ist prima. Es ist wie eine Befreiung, wieder den schönen Kirchplatz vom Fenster aus sehen zu können.“ Kritik äußert Hans-Werner Tylle allerdings an der Art und Weise, wie es zu dieser Entscheidung kam: „Im Gremium fühlte sich lange niemand verantwortlich dafür, dass ein treues Neukirchener Gemeindemitglied so eine riesige Baracke vor dem Fenster hat.“
Gänzlich freiwillig sei die Beteiligung seiner Familie an den Kosten auch nicht gewesen. So seien seine Nichte und ihr Mann „aus der Verzweiflung heraus“ eine Verpflichtung eingegangen, eine Spende zahlen zu müssen. Aus seiner Sicht ist das der falsche Ansatz zur Problemlösung: „Eigentlich sollte doch der Verursacher eines solchen Unsinns alleine dafür gerade stehen.“
Jetzt, wo eine Lösung gefunden worden ist, wollen die Tylles das Thema, was sie in den letzten acht Monaten auf Trab hielt, aber endlich ad acta legen: „Hauptsache unsere Schwägerin ist zufrieden. Und das ist sie jetzt, wo sie wieder rausgucken kann.“