Kamp-Lintfort. Im NRZ-Interview spricht der künstlerische Leiter Alexander Hülshoff über das Publikum, die Proben und eine ganz besondere Premiere.
In dreieinhalb Wochen beginnt das Kammermusikfest Kloster Kamp. Auf die Besucher warten nicht nur ein anspruchsvolles Konzertprogramm, sondern auch einige Neuerungen. Wir haben mit dem künstlerischen Leiter Alexander Hülshoff nicht nur über Kammermusik, sondern auch über die Lust am Experiment gesprochen.
Herr Hülshoff, die 16. Ausgabe des Kammermusikfests Kloster Kamp startet am 21. Juli. Wie viele Werke, wie viele Stunden Musik waren das in den letzten 15 Jahren?
Hülshoff: Oh, das ist eine knifflige Frage! In der Durchsicht der Programme komme ich auf 232 Werke von 80 verschiedenen Komponisten. Das dürften so rund 500 Stunden Musik in Konzerten sein – die Probenzeit noch nicht mitgerechnet.
Das Publikum bei Kammermusikkonzerten ist in der Regel deutlich Ü-50. Wie ist das in Kamp-Lintfort? Kann Kammermusik die Menschen heute noch packen?
Zu der Gruppe Ü-50 gehöre ich ja auch (lacht), insofern ist mir das sehr sympathisch. Nein, im Ernst: Generierung und Aufbau neuer Publikumsschichten ist eine rudimentäre Aufgabe aller Musikschaffenden und Konzertveranstalter geworden.
Im Kammermusikfest Kloster Kamp haben wir ja von daher schon vor vielen Jahren das Kinder- und Jugendmusikfestival mit unseren gleichen Partnern und Sponsoren gegründet und gehen hier auch ganz gezielt in Schulen und KiTas. Wir nehmen ganz bewusst unsere Verantwortung für die Entwicklung der nächsten Publikumsgenerationen wahr, und das macht auch große Freude. Ich versuche auch immer selbst involviert zu sein. Die offenen Proben im Kammermusikfest sind dann auch ganz niederschwellige Eintrittsmöglichkeiten in der Fantasie und Kreativität unserer Musik zu verweilen. Langzeitstudien haben gezeigt, dass, wenn Kinder und Jugendliche bis zum 18. Lebensjahr mit klassischer Musik in Kontakt gekommen sind, sie wie ein Samenkorn diese Erfahrung behalten. Und dies kann dann in einem viel späteren Lebensabschnitt aufgehen. Ü-50 ist dann eigentlich noch relativ früh.
Vom Grundsatz her unterscheide ich persönlich aber nicht zwischen einem älteren oder jüngeren Publikum. Sondern der Moment in unseren Konzerten, bei dem die Musik, der Ort, das Publikum und die Musiker sich zu diesem speziellen, konzentrierten gemeinsamen Erleben entwickeln, ist für mich wichtig und faszinierend.
Es gibt in diesem Jahr erstmals ein neues Format, eine Einführung in das Festivalprogramm mit Karl Böhmer mit Live-Musikausschnitten. Was hat es damit auf sich?
Dr. Böhmer gehört zu den ganz wenigen Musikwissenschaftlern auf der Welt, der das Wissen um die Musikgeschichte, Aufbau der Werke und Entstehungsgeschichte umfänglich in einer klaren und für jeden verständlichen Sprache fassen kann. Ihm zuzuhören begeistert jeden! Mit seiner Homepage: www.kammermusikfuehrer.de erreicht er so auch zigtausend Menschen. Mit diesem Konzertformat möchten wir besonders Hintergründe über Werke, die im Kammermusikfest Kloster Kamp einstudiert werden, in einer entspannten Atmosphäre umfänglicher darstellen. Die Musikbeispiele kommen nicht vom Band, sondern werden von uns live vorgestellt. Sozusagen ein echtes Musiklabor.
In diesem Jahr gibt es erstmals ein Konzert in der Abteikirche. Warum suchen Sie für das Festival immer wieder nach neuen Konzertorten?
Oh, das ist immer aufregend neue Orte zu finden und zu ermöglichen. Schon immer ist es uns ein Anliegen immer wieder neue Orte einzustreuen. Mit der Abteikirche können wir einen lange gehegten Traum verwirklichen. Ein reines Barockprogramm. Diese Musik ist brillant und mitreißend und in der Abteikirche wird das einen richtigen Musik- und Klangrausch ergeben. Mit dem Konzert haben wir auch wieder einen schönen Konzerttag auf dem Kamper Berg, denn nach dem Barockkonzert gehen wir sofort anschließend in den Rokokosaal für das Nachtkonzert.
Ein Markenzeichen des Kammermusikfestes sind die offenen Proben. Wie erleben Sie als Musiker solche offenen Proben?
Im Grunde haben wir uns daran fast schon gewöhnt, ich glaube, würden wir das ändern (was wir natürlich gar nicht wollen!), wäre es für uns sogar komisch ohne Publikum zu proben. Die Proben und das Kammermusikfest Kloster Kamp gehören einfach unzertrennlich zusammen. Wenn aber beispielsweise bei der ersten Probe eines Werkes der Rokokosaal gesteckt voll ist, merkt man unter den Musikern schon eine gewisse Probenanspannung. Aber ich halte das nach wie vor für gut, denn die Proben sind dadurch sehr strukturiert und zielorientiert. Das mag ich.
>>>KARTEN
Karten gibt es noch für den Einführungsabend mit Karl Böhmer, das Eröffnungskonzert im Audimax der Hochschule, die Soirée in der Abteikirche, das Nachtkonzert im Rokokosaal und das Abschlusskonzert in Bloemersheim. Bestellung und Versand über: www.kammermusikfest-klosterkamp.de oder per Fax: 028 45 / 959 260.