Moers. Nach der Stilllegung einer Kita-Baustelle in Moers wirft der Hauseigentümer der bauausführenden Firma „unfassbaren Pfusch am Bau“ vor.
Nach der überraschenden Stilllegung der Baustelle für eine Kindertagesstätte an der Gabelsbergerstraße Mitte des Jahres scheint das Projekt nun doch zu einem guten Ende zu kommen. Der Hauseigentümer und Investor Audere Equity hat der Stadt Moers zugesagt, in einem neuen Anlauf das Gebäude zu sanieren und umzubauen.
Zum nächsten Kindergartenjahr werde man dort eine fertige Kita an einen Betreiber übergeben, kündigten die beiden Geschäftsführer Heinz Eder und Horst Lieder jetzt auch im Gespräch mit der NRZ an. Gegenüber der ursprünglich mit dem Projekt betrauten und inzwischen gekündigten Baufirma erheben sie schwere Vorwürfe. Sie sei verantwortlich für „unfassbaren Pfusch am Bau“.
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Werden die aktuellen Pläne realisiert, kommt die Eröffnung elf Monate später als ursprünglich vorgesehen. Eigentlich wollte der Kita-Betreiber Stepke im vergangenen Oktober in der zweieinhalbgeschossigen Immobilie, in der bis 2017 die Verwaltung der Grafschafter Diakonie untergebracht war, seinen Kindergarten mit 80 Plätzen an den Start bringen. Wochen vorher kam es jedoch zum Paukenschlag: Die städtische Bauordnung legte die Baustelle nach einer Begehung still (die NRZ berichtete). Es habe „bei der Bauausführung eine gravierende Abweichung von der Baugenehmigung“ gegeben, erklärte die Stadt seinerzeit auf Anfrage.
Was konkret mit „Abweichung“ gemeint ist und zur Sperrung der Baustelle geführt hat, führt jetzt ein Gutachten aus, das Audere Equity als Eigentümer der Immobilie bei einem Sachverständigen im Juni in Auftrag gegeben hatte und das der NRZ vorliegt. Danach hat die bauausführende Firma eigenmächtig den Standort des Aufzugs verlegt.
Das Urteil des Sachverständigen über die Bauleistungen fällt vernichtend aus
Aber das ist längst nicht alles. Insgesamt fällt das Urteil des Gutachters über die geleistete Arbeit vernichtend aus. So seien im Kellergeschoss die Fundamente in Teilen so weit zurückgebaut worden, dass sie schmaler seien als die darauf stehenden Wände. Im künftigen Flur seien die Fundamentquerschnitte gar bis auf 0 reduziert worden. Im Erd- und Obergeschoss konstatiert das Gutachten „Unfallgefahr“, weil Wände eingerissen worden seien, ohne eine ausreichende Absturzsicherung durchzuführen. An mehreren Stellen seien bestehende Betondecken geschlitzt und wiederholt dabei tragende Deckenarmierungen zerschnitten worden. Offenbar wurden auch Fenster mit Transportsicherung eingebaut.
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„Die vorgefundene Baukonstruktion ist in weiten Teilen nicht mehr als tragfähig anzusehen“, stellt der Sachverständige in seinem Resümee fest. Er kommt im Übrigen zu dem Schluss, dass der von der Moerser Bauaufsicht verhängte Baustopp berechtigt gewesen sei. Schließlich warnt er: „Ohne konstruktive Sicherungsmaßnahmen sollte das Haus nicht mehr betreten werden. Es besteht konkrete Unfallgefahr!“
Audere Equity will nun Schadensersatzansprüche gegen den aus seiner Sicht verantwortlichen Generalunternehmer geltend machen. Auch die strafrechtliche Relevanz von dessen Vorgehen lasse man prüfen, erklärt Geschäftsführer Horst Lieder: „Hätte man die Mängel kaschiert und wäre die Kita damit in den Betrieb gegangen“, so Lieder, „hätte Gefahr für Leib und Leben der Kinder und Erzieherinnen bestanden.“ Die Audere-Chefs betonen im Übrigen, dass sie die Firma nicht selbst verpflichtet, sondern „im Paket“ mit dem Gebäude vom Vorbesitzer übernommen haben.
Zum Kindergartenjahr 2022/23 soll die Kita fertig sein
Der Hauseigentümer hat mit Sicherung, Sanierung und Umbau der Immobilie einen neuen Generalunternehmer beauftragt, der inzwischen mit den Arbeiten begonnen hat. Horst Lieder und Heinz Eder zeigten sich gegenüber der NRZ zuversichtlich, dass die Einrichtung rechtzeitig zu Beginn des Kindergartenjahres 2022/23 betriebsbereit sein wird. Ende August/Anfang September werde man eine fertige Kita für vier Gruppen übergeben, versichern beide. Nach Angaben eines Sprechers steht Stepke Kitas dann auch weiter als Betreiber der Einrichtung zur Verfügung.
>>> Stadt Moers: Nur wenige Anfragen von Eltern<<<<<<
Die Nichtinbetriebnahme der Stepke-Kindertagesstätte im Oktober scheint nicht allzu viele Eltern in Bedrängnis gebracht zu haben. Die Stadt habe bis zur Verhängung des Baustopps „nur vereinzelte Anfragen“ an den Träger weitergeleitet, versichert Rathaussprecher Thorsten Schröder. Lediglich in einem Fall mit dringendem Bedarf habe man in einer anderen Einrichtung die Betreuung sicherstellen müssen und können.
Als Ersatz für den Wegfall der Plätze an der Gabelsberger Straße hat die Stadt zwei Interimsgruppen mit insgesamt 45 Ü3-Plätzen bei Kitas an der Konrad-Adenauer-Straße und in der Achterrathsfeldschule geschaffen. Mit Hilfe der Träger seien überall dort, wo es möglich war, Überbelegungen im gesetzlichen Rahmen vorgenommen worden.
Anm. d. Red.: In einem früheren Artikel haben wir irrtümlich von einem viergeschossigen Haus geschrieben. Dies ist im aktuellen Bericht korrigiert.