Kreis Wesel. Immer wieder verspäten sich die Züge im Kreis Wesel oder fallen gleich ganz aus. Mehrere Regionalexpress-Linien machen große Probleme.
Dauerbaustelle auf der rechten Rheinseite, veraltete Technik auf der linken: Wer regelmäßig mit dem Zug im Kreis Wesel unterwegs ist, der ist leidgeprüft. Denn Verspätungen und Zugausfälle sind bei vielen Linien an der Tagesordnung. Das bestätigt nun wieder der kürzlich erschienene Qualitätsbericht für den Schienenverkehr in Nordrhein-Westfalen: Denn die fünf hier verkehrenden Regionalzuglinien sind überdurchschnittlich unpünktlich – immerhin gibt es bei den Ausfällen positive Entwicklungen.
Besonders schlimm sehen die Werte weiterhin beim Regionalexpress RE5 von Betreiber National Express zwischen Wesel und Koblenz aus, der auch in Dinslaken, Voerde und Friedrichsfeld hält. Schon im vergangenen Jahr war der Zug der unpünktlichste in ganz NRW – und diesen unrühmlichen Spitzenplatz hat er verteidigt. Etwas weniger als die Hälfte aller Verbindungen (49,3 Prozent) ist 2023 pünktlich gewesen, das war nochmal 1,8 Prozentpunkte schlechter als im Vorjahr. Als verspätet gelten Züge erst dann, wenn sie mindestens vier Minuten nach Fahrplan abfahren.
Warum der RE5 so unpünktlich ist
Die Gründe liegen auf der Hand: Der RE5 verkehrt auf einer stark belasteten Strecke, die Infrastruktur ist am Limit, hinzu kommen Bauarbeiten auf mehreren Streckenabschnitten. Hauptgrund für die Verspätungen ist dabei allerdings nicht der Betuwe-Ausbau. „Vor allem die RRX-Baustelle im Raum Leverkusen zwischen Köln und Düsseldorf mit Umleitung über Opladen führte 2023 zu Pünktlichkeitseinbrüchen“, heißt es im Qualitätsbericht.
Oft werden die Züge auf ihrer 192 Kilometer langen Fahrt von Koblenz bis an den Niederrhein auch vom Fernverkehr überholt und müssen dann warten. Bei großen Verspätungen hat das im Kreis Wesel ganz praktische Auswirkungen für Fahrgäste, da die Linie dann oft nur bis Oberhausen-Sterkrade fährt und die Halte in Dinslaken, Voerde und Wesel einfach auslässt. Wie oft das genau passiert, dazu gibt der Bericht keinen Aufschluss. Erfahrene Pendlerinnen und Pendler werden diese Situation aber zur Genüge kennen.
Ebenfalls hohe Verspätungswerte auf der rechten Rheinseite weist der RE49 auf, nur 53,9 Prozent der Züge kamen im vergangenen Jahr pünktlich, das war immerhin eine kleine Verbesserung im Vergleich zu 2022 (siehe Grafik). Als Hauptgrund für die vielen Verspätungen wird der Ausbau der Betuwe-Strecke angeführt. Bei der Zuverlässigkeit liegt die Linie weiterhin deutlich unter dem landesweiten Schnitt, wenngleich die Situation spürbar besser geworden ist, als im Vorjahr.
Diese Statistik bildet den Anteil der unvorhergesehenen Ausfälle ab – etwa, weil kurzfristig Personal krank geworden ist oder es ein Unwetter gab. Geplante Ausfälle durch Bauarbeiten werden nicht berücksichtigt. Für den RE49 heißt das: Gut jede fünfte Verbindung fiel unplanmäßig aus. Laut Qualitätsbericht hat sich die Situation zwar verbessert, weil die Flutschäden im Raum Wuppertal behoben wurden, beim Betreiber DB Regio komme es aber immer wieder zu kurz- oder längerfristigen Personalausfällen. Vergleichsweise ein Lichtblick für die Fahrgäste zwischen dem Ruhrgebiet, Dinslaken, Voerde und Wesel ist hingegen der RE19 von Vias Rail. Hier sind immerhin mehr als 70 Prozent der Verbindungen pünktlich, auch die Zuverlässigkeit ist hoch.
Verspätungen auch beim RE44 und der RB31
Zwischen Xanten, Rheinberg, Moers und Duisburg sieht es nicht viel anders aus. Sowohl die Regionalbahn RB31, als auch der Regionalexpress RE44 verschlechterten sich bei der Pünktlichkeitsquote und in der Zuverlässigkeitsstatistik. Wie der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr in seinem eigenen Qualitätsbericht für das Jahr 2023 schreibt, kommt der RB 31 durchschnittlich zwei Minuten und 36 Sekunden zu spät, der RE44 zwei Minuten und 24 Sekunden.
Laut VRR ist einer der Gründe für die Verspätungen der Regionalbahn, dass sie zum Teil über eine eingleisige Strecke führt – und die ist bekannterweise ziemlich marode. Ein Problem ist die veraltete Stellwerktechnik, daran soll sich allerdings in absehbarer Zeit etwas ändern. Für rund 92 Millionen Euro will die Bahn am Niederrhein die Strecke zwischen Rheinberg und Xanten modernisieren. Kernstück des Projekts ist ein digitales Stellwerk. Dafür sollen entlang der 20 Kilometer langen Strecke Glasfaserkabel verlegt werden, über die Signale und Weichen künftig per Mausklick gesteuert werden. Ziel des gesamten Projektes: Die Pünktlichkeit auf der Strecke erhöhen und Kapazität für mehr Züge schaffen.
Das ist der Qualitätsbericht
Der SPNV-Qualitätsbericht wertet jährlich aus, wie sich das Qualitätsniveau im Nahverkehr auf der Schiene entwickelt hat. Betrachtet wird dabei sowohl die Betriebsqualität als auch die Leistungsfähigkeit der Eisenbahninfrastruktur in Nordrhein-Westfalen. Inhaltlich liegen dem Qualitätsbericht größtenteils objektiv messbare Daten zugrunde. Dazu zählen beispielsweise die Pünktlichkeit oder Zugausfälle. Diese Werte ergeben sich aus den Liefernachweisen der Eisenbahnverkehrsunternehmen. Der gesamte Bericht ist online unter www.infoportal.mobil.nrw abrufbar. Auf der Seite gibt es auch quartalsweise Statistiken für die einzelnen Züge.