Kleve. Ein zweiter Nationalpark in NRW soll die Artenvielfalt schützen. Vor Ort gibt es wenig Begeisterung dafür. Jetzt entscheiden die Bürger im Kreis Kleve.
Ein Bürgerentscheid im Kreis Kleve am Niederrhein wird zur wohl letzten Chance, doch noch einen Standort für den zweiten geplanten Nationalpark in Nordrhein-Westfalen zu finden. Der Kreistag stellte sich nun mit knapper Mehrheit erneut gegen die Pläne der Landesregierung - machte zugleich aber den Weg frei für einen Bürgerentscheid. Bis Mitte Dezember können die Wählerinnen und Wähler im Kreis Kleve jetzt selbst abstimmen, ob sie für oder gegen einen Nationalpark im Reichswald am Niederrhein sind. Das Nationalpark-Bewerbungsverfahren wurde mehrheitlich abgelehnt: 25 Kreistagsmitglieder stimmten mit „Ja“ – und damit für eine Nationalpark-Bewerbung. 31 Kreistagsmitglieder stimmten dagegen, bei zwei Enthaltungen.
Nach den Plänen der Kreisverwaltung läuft der Bürgerentscheid als reine Briefwahl ab. Die rund 265.000 Stimmberechtigten müssten ihr Kreuzchen bis zum 11. Dezember um 12 Uhr machen. Zuvor hatten sich rund 15.500 Menschen in einem Bürgerbegehren für einen Nationalpark im Reichswald starkgemacht.
Der Bürgerentscheid enthält – sinngemäß – ausschließlich die Frage „Soll sich der Kreis Kleve mit dem Reichswald am Bewerbungsverfahren des Landes NRW für einen weiteren Nationalpark beteiligen?“. Der Bürgerentscheid ist erfolgreich, wenn zwei Bedingungen erfüllt sind: 1. Unter den gültigen Stimmen gibt es mehr „Ja“- als „Nein“-Stimmen. 2. Die Anzahl der gültigen „Ja“-Stimmen beträgt mindestens 15 Prozent aller Abstimmungsberechtigten, also rund 39.750 Ja-Stimmen.
Mehr Artenvielfalt oder Belastung für die Wirtschaft?
In einem Nationalpark genießt die Natur größtmöglichen Schutz. Bislang gibt es in NRW einen Nationalpark in der Eifel. Doch das reiche nicht aus, argumentierte Umweltminister Oliver Krischer (Grüne). Fast jede zweite Tier-, Pilz- und Pflanzenart im Land stehe auf der „Roten Liste“ - sei also gefährdet, vom Aussterben bedroht oder bereits ausgestorben.
Um die Artenvielfalt zu verbessern, hat die schwarz-grüne Landesregierung in ihrem Koalitionsvertrag die Ausweisung eines zweiten Nationalparks vereinbart. „Ohne eine intakte Natur, ohne ein wildes und lebendiges Nordrhein-Westfalen, sind unsere Lebensgrundlagen gefährdet“, betonte Krischer.
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Kritiker hingegen fürchten durch einen Nationalpark Einschränkungen für die örtliche Wirtschaft. So darf in einem Nationalpark bis auf wenige Ausnahmen keine Forstwirtschaft betrieben werden, Windräder dürften angeblich nicht aufgestellt werden (was der Kreis dementiert) und auch für Wanderer und Radfahrer seien kleinere Einschränkungen zugunsten der Natur möglich. Auch hier gibt es widersprüchliche Angaben: Experten sprechen von „riesigen Einschränkungen“, wenn große Teile des Reichswaldes nicht mehr betreten werden dürften. Und: Im Kreis Kleve warnte etwa die CDU zudem vor möglichen Einschränkungen bei der Versorgung der Menschen mit Trinkwasser aus dem Reichswald.
Kleve ist die letzte verbliebene Option
Sechs Regionen in NRW wären nach Einschätzung der Landesregierung geeignet als Nationalpark. Doch überall lehnten die politischen Gremien die Idee ab. Vor allem CDU und FDP stellten sich in den Kreistagen gegen das Naturschutzprojekt, während Grüne und SPD meist dafür waren. Auch bei Bürgerentscheiden zuletzt im Kreis Paderborn und im Kreis Höxter stimmte eine Mehrheit der Menschen gegen die Ausweisung eines Nationalparks in ihrer Region.
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Die letzte verbliebene Option für Umweltminister Krischer, der das Projekt federführend vorantreibt, ist nun der Reichswald am Niederrhein. Die Landesregierung hatte aber immer betont, dass sie keiner Region einen Nationalpark aufzwingen werde. (dpa)