Kleve. Der Wunsch des Vereins Haus Mifgash, auf dem Synagogenplatz an der Schwanenburg in Kleve zu bauen, scheint umsetzbar. Doch erst geht es ums Geld.
Ein Haus des Erinnerns auf dem Synagogenplatz in Kleve – ein Gebäude neben der Schwanenburg an der Reitbahn bauen: Was lange in Frage gestellt wurde, scheint nun auf dem Weg der Umsetzung, wenn man genug Geldgeber findet. Das Haus beschere „dem Gebiet rund um die Schwanenburg einen ‚Eyecatcher‘“, hieß es.
In der Diskussion konnten „nicht alle gleich Hurra schreien“
„In der CDU-Fraktion konnten nicht alle gleich Hurra schreien. Einige waren weiterhin dafür, den Synagogenplatz nicht zu bebauen“, berichtete Fraktionsvorsitzender Georg Hiob im Ausschuss für Kultur und Stadtgestaltung. „Es ist ein sensibler Ort und wir waren alle unsicher, wo die Reise hingehen würde. Doch dies ist ein sehr tragbarer Konsens für alle Fraktionen und der historischen Verantwortung angemessen“, fasste sachkundiger Bürger Daniel Boumanns zusammen. Delegierte von fünf Ratsfraktionen und Vertreter von Haus Mifgash (das hebräische Wort für Begegnung) hatten das Inhaltliche zuvor an zwei Runden Tischen diskutiert.
Die Stadt Kleve würde der Stiftung mit dem Mitglied Verein Beth HaMifgash das städtische Grundstück zur Verfügung stellen. Auf dem Platz der 1938 zerstörten Synagoge soll ein „Haus des Erinnerns und Gedenkens“ entstehen.
Ein Euro Pacht pro Jahr
Die Stadt würde der Stiftung das Grundstück für einen symbolischen Euro pro Jahr überlassen. Es fällt an die Stadt zurück, wenn das Haus nicht realisiert wird. Die verbindliche Absichtserklärung gilt für fünf Jahre.
Verein und Stiftung wollen das neue Haus nahe der Burg inhaltlich gestalten, mit Vorträgen, Diskussionsrunden, Konzerten, Gedenkveranstaltungen, Ausstellungen. Alle Bürger könnten es ebenfalls entsprechend nutzen. Erinnert werde hier an die Geschichte des Judentums in Kleve und am Niederrhein, des Nationalsozialismus‘ in Kleve und am Niederrhein sowie an verheerende Folgen von Antisemitismus und Rassismus. Auch Themen der Zeitgeschichte (z. B. Münchener Olympia-Attentat 1972) oder aktuelle Anlässe (Halle/Saale) fänden Platz.
Bestandteil des Konzeptes ist ein Architektenentwurf
„Wesentlicher Bestandteil“ des Konzepts ist der Entwurf des Architekturbüros Hülsmann, Thieme und Partner. Das wurde im Ausschuss nicht hinterfragt, sondern wortlos akzeptiert. Das „Haus des Erinnerns und Gedenkens am Synagogenplatz“ würde demnach ein Gebäude mit offenem Erdgeschoss, darüber zwei Etagen mit multifunktionalen Räumen (mit Aufzug). So könne man zu jeder Tageszeit und bei jedem Wetter Gedenkveranstaltungen durchführen oder Gottesdienste feiern. „Der Synagogenplatz als solcher bleibt dabei unangetastet und sein öffentlicher Zugang gewährleistet“, heißt es.
Das Büro Hülsmann/Thieme entwirft den Baukörper als Stiftszelt, symbolisch für die Wanderung des jüdischen Volkes in die Diaspora. Die Gebäudehülle bestehe aus durchscheinendem Glas, tagsüber innen hell, nachts eine „Lichtikone, die bis weit in die niederrheinische Tiefebene strahlt und den seinerzeitigen Standort sowie das Volumen der Synagoge leuchtend anzeigt“.
Weitere Tätigkeiten des Vereins würden in anderen Gebäuden stattfinden, wobei ein Bau in unmittelbarer Nähe „sehr gut vorstellbar wäre“, geht der Blick von Haus Mifgash noch weiter in die Zukunft.
Wie viel Geld ist nötig? Verbindliche Förderzusagen und Kapital benennen
Im Ausschuss für Kultur und Stadtgestaltung ging es nun als Erstes um die Gründung einer Treuhandstiftung als Betreiber, die das nötige Geld von Privatleuten und über Fördermittel einwerben soll, unterstützt von einem städtischen Mitarbeiter. Im Stiftungsrat wäre auch die Stadt Kleve vertreten. Sobald verbindliche Förderzusagen und/oder Kapital „in ausreichender Höhe“ vorlägen, würde die Treuhandstiftung in eine rechtsfähige Bürgerstiftung umgewandelt, die dann die laufenden Kosten des Unterhalts und des Betriebs des Hauses übernehmen soll. So lautet die Absichtserklärung. Das geforderte „belastbare Finanzierungskonzept“ aber fehlt.
Mehrere Parlamentarier im Ausschuss forderten es ein. Auch Bürgermeister Wolfgang Gebing als gelernter Jurist fand, man brauche eine Zahl als Grundlage für eine Hochrechnung. „Wir können den Entwurf dem Grunde nach empfehlen und uns bemühen, bis zur Ratssitzung möglichst eine Summe einzutragen“ war dann der vage Mehrheitsbeschluss bei einer Ablehnung und zwei Enthaltungen.
Die frühere Synagoge
Das Gebäude der Synagoge war einst im Stil des niederländischen Klassizismus errichtet worden und hatte eine äußerst kostbare Innenausstattung.
In der Reichspogromnacht 1938 ließen die Nationalsozialisten die Synagogen in Deutschland niederbrennen.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges lag der Platz der ehemaligen Synagoge zunächst brach.
Um das Jahr 2000 wurde der Platz als Gedenkstätte in heutiger Gestaltung hergerichtet. Ziegel markieren die einstige Vorhalle und den Gebetsraum.