Kleve. Leiter Martin Polotzek plant eine Neuausrichtung des Tiergartens Kleve. Zentrales Projekt ist der Neubau der Seehundanlage für 15 Millionen Euro.
Was Martin Polotzek mit dem Klever Tiergarten vorhat, ist nichts weniger als eine komplette Neuausrichtung der Anlage. Seine Ideen und Pläne, wie man den Zoo zu einem Natur- und Artenschutzzentrum umgestalten, die Haltung der Tiere verbessern und die Attraktivität der Einrichtung steigern kann, stellte der junge Tiergartenleiter und Tierarzt dem Ausschuss für Klima-, Umwelt- und Naturschutz am Freitagabend bei einem informellen Rundgang vor. Der neue Masterplan „Tiergarten Kleve 20+“ soll Anfang des nächsten Jahres veröffentlicht werden und die Ausrichtung des Tiergartens für die nächsten 15 bis 20 Jahre festlegen.
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„Wir haben große Pläne“, sagte Polotzek zum Auftakt seines gut anderthalbstündigen Vortrags – und startete mit dem aus seiner Sicht wichtigsten Projekt für die kommenden Jahre: die Errichtung einer neuen Seehund- und Pinguin-Anlage. Die Süßwasser-Anlage, die 1971 erbaut wurde, sei in die Jahre gekommen, so Polotzek. „Sie entspricht nicht mehr den Standards. Eine Haltung der Tiere ist so nicht mehr vertretbar.“
Die Seehunde litten im Süßwasser an Augenerkrankungen. Hinzu komme, dass das Wasser alle zehn Tage ausgetauscht und das Becken gereinigt werden müsse. Die Rede ist dabei von 230.000 Litern Wasser. Als „problematisch“ bezeichnete er außerdem die Hanglage des bei Besuchern so beliebten Robbenbeckens insbesondere für Rollstuhlfahrer.
Neue Seehund-Anlage soll teilweise begehbar werden
„Ein Neubau der Anlage ist unumgänglich, wenn wir langfristig weiter Seehunde halten wollen“, stellte Polotzek fest. Den Platz für einen Neubau gibt es auf dem sechs Hektar großen Zoogelände. Errichtet werden soll die Anlage dort, wo jetzt noch Przewalski-Pferde und Jakobschafe grasen. „Hier wäre genügend Platz für ein großes Becken mit rund zwei Millionen Litern Salzwasser und einer Tiefe von 3,5 Metern“, erklärte der Tiergartenleiter. Mit entsprechender Filtertechnik könne der regelmäßige Wasserwechsel entfallen. Besucherinnen und Besucher erhielten in Zukunft spannende Unterwassereinblicke, versprach Polotzek.
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Auch eine Aussichtsplattform mit genügend Raum für eine moderne Tierpräsentation ist geplant. Überlegt werde zudem, einen Teil der Anlage begehbar zu machen – ein Alleinstellungsmerkmal für den Tiergarten Kleve: „Es wäre die erste und einzige Anlage deutschlandweit mit einem solchen Angebot“, stellte der Leiter fest. Die Kosten des Projekts liegen nach Polotzeks Einschätzung bei rund 15 Millionen Euro. In die bisherige Anlage könnten dann die vom Aussterben bedrohten Humboldt-Pinguine einziehen.
Wenn die Klever Politik seinen Plänen folgt, wäre die neue Anlage mit rund 6000 Quadratmetern zehnmal so groß wie die alte, „eine der größten und modernsten in Deutschland und ein Meilenstein in der Entwicklung zum modernen Natur- und Artenschutzzentrum“, so Martin Polotzek.
Tiergartenleiter schwebt eine Neuordnung des Familienzoos vor
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Komplettiert würde dieser Bereich des Tiergartens durch eine begehbare Voliere mit bedrohten Watvögeln sowie einer Anlage für eine ebenfalls gefährdete Nutztierrasse. Auch eine Neuordnung des Familienzoos ist für die kommenden Jahre vom neuen Chef geplant. Auf der Grundlage der vier Hauptaufgaben eines Zoos – Artenschutz, Forschung, Bildung und Erholung – sollen zukünftig Themenbereiche wie Australien oder Nordamerika entstehen, Tiere vergesellschaftet werden. Erhalten bleiben soll in jedem Fall die große Nähe zwischen Tier und Besucher, die den Tiergarten schon immer auszeichnet.
Unterstützung für seine Ideen erhielt Martin Polotzek von Dr. Klaus Plein vom Vorstand des Tiergartenvereins. Der Rat der Stadt müsse sich darüber bewusst werden, welche Rolle der Tiergarten für Kleve spiele. „Dafür aber muss man jetzt klotzen.“ Natürlich erschreckten die aufgerufenen 15 Millionen Euro. „Wir bekommen aber keine Fördermittel, wenn man hier vor Ort nicht den ersten Schritt macht“, gab er zu bedenken. Und verwies auf Beispiele in anderen Städten wie Leipzig oder Gelsenkirchen. Dort habe man publikumswirksam in seine Zoos investiert.
Die sehr zahlreich erschienenen Mitglieder des Ausschusses zeigten sich durchaus aufgeschlossen für Polotzeks Pläne. „Es ist gut, dass uns aus tierärztlicher Sicht erklärt wird, was hier notwendig ist“, sagte der Vorsitzende Michael Bay (Grüne). „Ich bin sehr positiv beeindruckt und halte die Pläne für ein Superprojekt, das unbedingt unterstützenswert ist.“ Ähnlich sah es Heinz-Peter Brückner (SPD). „Die Ideen würden den Stellenwert des Tiergartens erhöhen und ihn zum Aushängeschild für die Stadt machen“, betonte er.
Bis zu 200.000 Besucher jährlich
Interesse an einer modernen Anlage kommt auch von wissenschaftlicher Seite. Neben der Hochschule Rhein-Waal habe auch das Max-Planck-Institut Nimwegen seine Forschungsbereitschaft angekündigt, verriet Polotzek. Nicht zuletzt geht er auch von einer deutlichen Zunahme der Besucherzahlen aus. „Sie steigen ohnehin. Mit mehr als 80.000 Gästen pro Jahr gehört der Tiergarten schon jetzt zu den meist besuchten Freizeitanlagen in Kleve.“ Zukünftig plane er mit bis zu 200.000 Besuchern. „Wir müssen den Tiergarten aus seinem Dornröschenschlaf wachküssen und ins 21. Jahrhundert holen“, sagte Martin Polotzek. Er hofft jetzt auf die Unterstützung aus der Politik.