An Rhein und Ruhr. Deutsche Bahn plant in den kommenden Wochen zahlreiche Bauarbeiten - unter anderem zwischen Kleve und Krefeld. Ab wann Einschränkungen drohen.
Es heißt „Schnellläuferprogramm“, wird aber erst einmal zu einer großen Geduldsprobe für die Bahnkunden am Niederrhein. Für rund fünf Monate – vom 25. Juni bis zum 27. November wird die Bahnstrecke von Kleve nach Krefeld stillgelegt, beziehungsweise unterbrochen. In dieser Zeit will die Bahn dort die Technik komplett erneuern.
Doch das ist nicht die einzige große Baustelle, die in den kommenden Monaten droht. Da Bahnbaustellen oft Jahre im voraus geplant werden, kollidieren sie nun mit dem zu erwartenden großen Andrang auf allen Strecken im Zuge des 9-Euro-Tickets. Im näheren Umkreis sind Behinderungen vor allem auf folgenden Strecken zu erwarten.
Besonders viel Geduld müssen Fahrgäste zwischen Köln und Düsseldorf haben: Ab 17. Juni bis Juli 2023 wird abschnittsweise auch die S-Bahnlinie 6 zwischen Köln und Düsseldorf saniert, die S-Bahnen werden dort weitgehend ausfallen, Regionalzüge zum Teil umgeleitet.
Zudem wird immer wieder abschnittsweise die Strecke von Hamm sowie die von Warburg Richtung Kassel gesperrt – ausgerechnet während der Dokumenta. Vom 24. Juni bis zum 4. Juli sind auch im Bahnhof Essen etliche Weichenarbeiten geplant, auch hier muss mit dem Ausfall vieler Regionalbahnen sowie bei den S-Bahnen gerechnet werden. In den gesamten Sommerferien wird zudem die Strecke von Düsseldorf bis Wuppertal-Vohwinkel gesperrt, dort wird der Bahnhof Düsseldorf-Gerresheim umgebaut
Hier, wie an vielen anderen Orten, müssen die Fahrgäste im Nahverkehr auf Busse umsteigen. Das bedeutet: Fahrräder müssen draußen bleiben. Und die Fahrt dauert meist länger. Zwischen Kleve und Krefeld reden wir da von zwei statt einer Stunde – in den Abendstunden auch noch ein wenig mehr.
Ersatzverkehr mit drei Linien – Herausforderung Parookaville
Zwei (bis drei) Linien sollen vom 26. Juni bis 7. August die Züge zwischen Kleve und Geldern ersetzen, so die Nordwestbahn. Es sei gelungen, genug Kapazitäten zu sichern, kein Bus sei älter als zehn Jahre.
Die Linie SEV1 fährt von Kleve über Goch nach Geldern und bedient ab da alle Stationen. Die Linie SEV 2 fährt zwischen Kleve und Geldern alle Bahnhöfe an und dann nonstop nach Krefeld. Eine dritte Linie bedient in den Abendstunden und als Ergänzung alle Stationen.
Als besonders herausfordernd stuft die NWB das Parookaville-Festival am Flughafen Weeze, (22. bis 24 Juli), die Tamilienwallfahrt nach Kevelaer (13. August) und das Festival San Hejmo wieder in Weeze (20. August) ein. Es soll dann Extra-Busse geben.
Ansonsten geht es ab August dann wenigstens etwas schneller: Dann soll die Verbindung in grob einer Stunde 40 klappen.
Indes: Vor allem im Nordkreis wird man für Fahrten nach Düsseldorf dann wohl eher auf die rechte Rheinseite ausweichen und von Emmerich aus starten – wenn die Strecke dort nicht auch gerade wieder gesperrt ist.
Auch da sind vor allem am Wochenende „Sperrpausen“ zu erwarten, zudem sind dort vom 26. August bis zum 9. September Bauarbeiten geplant..
170 Signale, 7600 Meter Gleis, 33.000 Tonnen Schotter, 30 Weichen
Derweil legt zwischen Kleve und Geldern das Schnellläuferprogramm seine zweite Etappe hin: Bei einer Streckensperrung von August bis Dezember 2021 wurden dort schon Signale und Bahnübergänge saniert und neue Stellwerkstechnik installiert. Nun werden hier in den Sommerferien noch etliche Weichen und Gleise erneuert, dann ist man auf dem nördlichen Streckenstück fertig.
Südlich von Kevelaer indes steht noch das komplette Schnellläuferprogramm an. Zwischen Kempen und Nieukerk wird die Strecke komplett saniert, neue Gleise, neuer Schotter, neue Weichen, dazu werden an vier Stationen, darunter Bedburg-Hau, Kevelaer die Bahnhofsgleise saniert. In Kleve und Goch werden auch etliche Weichen ausgetauscht und bekommen unter anderem eine Heizung gegen winterliches Einfrieren.
Das gilt auch für den südlichen Streckenabschnitt. Insgesamt werden bis November einige Bahnhofsgleise wieder fit gemacht und auch hier neue Weichen und neue Sicherungstechnik installiert. Dabei werden zeitweise zwölf Bahnübergänge für Autofahrer gesperrt. 170 neue Signale, 30 Weichenantriebe mit Heizung gegen Winterfrost, dazu werden 7600 Meter Gleise verlegt, 33.000 Tonnen Schotter verbaut.
Am Ende, so verspricht es Hans Mattevi von DB Netze, muss über Jahre nichts größeres mehr angepackt werden. Auch die ab 2027 geplante neue Verbindung samt zusätzlichem Gleis für den ab 2027 geplanten RB37 von Geldern nach Neuss könne später „relativ unaufgeregt“ installiert werden.
Technik aus Kaisers Zeiten wird durch neue Stellwerke ersetzt
Insgesamt zwölf Millionen Euro werden in die Niederrhein-Strecke investiert, aus ehemals zwölf Stellwerken werden dann noch sechs – und auch die werden Stück für Stück automatisiert. Die Fahrdienstleiter von dort gehen in Rente oder bekommen in der Nähe neue Aufgaben, so Mattevi.
Wolfgang Kloppenburg, Bereichsleiter der NordWestBahn zeigte sich zuversichtlich, dass die Rhein-Niers-Bahn künftig zuverlässiger fahren wird. Die Kinderkrankheiten, die es nach der ersten Phase gab, konnten schnell behoben werden, ein weiterer großer Ausfall sei auf Vandalismus zurückzuführen gewesen.
Schneller wird es nicht, aber künftig seien sämtliche Bahnhofsgleise in beide Richtungen befahrbar, die Strecke werde flexibler, auf dem gesamten Streckenstück heißt es dann: Abschied von den Hebelbänken mit Seilzugtechnik, Technik aus Kaisers Zeiten, bei der Eisenbahnfans ins Schwärmen geraten, die Beschäftigten und die Fahrgäste wegen der hohen Pannenanfälligkeit indes fluchen.
Wie gesagt: Das alles soll dann ab November zumindest weitgehend besser werden. Schnellläuferprogramm heißt das ganze übrigens, weil es Teil eines Corona-Konjunkturpakets ist. Nur 351 Tage seien es von Beauftragung bis Fertigstellung, so Kloppenburg.
Und zum Abschluss noch was Schönes: 9-Euro-Ticket gilt im Sauerland-IC
Zum Abschluss noch was positives? Aber gern: Der berühmt-berüchtigte „Sauerland-IC“ darf auch von Menschen mit dem 9-Euro-Ticket genutzt werden. Darauf haben sich der zuständige Nahverkehrsverband Westfalen-Lippe und die Deutsche Bahn geeinigt. Damit können Fahrgäste mit dem 9-Euro-Ticket immerhin von Iserlohn-Letmathe bis Dillenburg den erst kürzlich eingeführten Doppelstock-Intercity nutzen.