Goch. Die SPD wollte mit Corona-Bußgeldern die Gocher Kulturszene unterstützen. Doch die Verwaltung beteuert: Wir helfen schon, wo extreme Not ist.

Mit Bußgeldern aus Verstößen gegen die Corona-Schutzverordnung der hart getroffenen Gocher Kunst- und Kulturszene helfen: Diese Idee, die beispielsweise in Witten bereits umgesetzt wird, brachte die SPD-Fraktion in die politische Diskussion ein – und zog ihren Antrag letztlich zurück. Denn der Stadtrat sah in seiner Sitzung am Donnerstagabend zwar durchaus die schwierige Lage von Künstlern, Technikern und Kultureinrichtungen, vernahm aber auch die Worte von Kultur-Fachbereichsleiter Dr. Stephan Mann: „Die Grundidee ist ausgesprochen lobenswert, aber wir setzen frei gewordene Haushaltsmittel bereits so gut ein, dass sie dort ankommen, wo Not herrscht.“

Auf dem Konto der Stadt Goch sind im vergangenen Jahr exakt 3973 Euro an Corona-Bußgeldern eingegangen, in diesem Jahr waren es bislang genau 3464 Euro, wie Dr. Georg Kaster, Leiter des Fachbereichs Besondere Verwaltung, mitteilte. Dies seien vergleichsweise „Peanuts“, meinte Fraktionsvorsitzender Klaus-Dieter Nikutowski. Aber die SPD wolle „in schwierigen Corona-Zeiten ein klein wenig Hilfe zur Hand geben und auch die unterstützen, die möglicherweise durchs Rost fallen“, erläuterte Nikutowski den Vorstoß und nannte beispielhaft Technikausstatter, Musiker, Kunstschaffende, das Goli-Theater, den Stadtparkverein und das Laienspieltheater Tingel-Tangel.

Open-Air-Kino des Goli-Theaters

Verwaltungs-Kulturfachmann Dr. Mann entgegnete jedoch mit Blick auf die „relativ überschaubare Kulturszene“ in Goch: „Bereits 2020 und auch im laufenden Jahr unterstützen wir massiv gerade die freie Kunstszene durch Haushaltsmittel, die bei uns frei sind, weil weniger Veranstaltungen zum Beispiel im Kastell stattfinden.“ So sei das Streaming-Angebot der Stadt Goch erweitert worden, so dass unter anderem Kindertheater live in die Schulen übertragen werde. In Zusammenarbeit mit dem Theater „mini-Art“ würden zudem „Gute-Nacht-Geschichten“ aus dem Museum produziert und freigeschaltet. Auch das E-Mex-Ensemble, das in Goch jahrelang zeitgenössische Musik spielte, sei unterstützt worden. „Die Künstler sind sehr glücklich, solche Online-Angebote wahrnehmen zu können“, sagte Mann.

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Sehr dringlich sei auch die Situation des Goli-Theaters. „Wir haben eine Kooperationsvereinbarung getroffen, damit wir im Sommer im Rahmen des Möglichen ein Open-Air-Kino anbieten können“, so Dr. Stephan Mann. Die Ehrenamtlichen, die das altehrwürdige Kino an der Brückstraße mit viel Engagement tragen, hatten zuletzt mit dem Verkauf selbst gestalteter Goli-Turnbeutel großen Erfolg und konnten so zumindest einen Teil der weiterhin anfallenden Fixkosten einsammeln.

Bürgermeister: Bußgeldbescheid als Ultima Ratio

Bürgermeister Ulrich Knickrehm warnte vor einer direkten Beziehung zwischen der Erhebung von Bußgeldern und deren Verwendung für bestimmte Gruppen. „Das steht einer Kommune nicht gut zu Gesicht, weil es gefährlich ist“, meinte Knickrehm. Ohnehin könne es nicht die Politik der Stadt Goch bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie sein, mit dem Bußgeldkatalog herumzulaufen. „Uns geht es vielmehr um Aufklärung und darum, das Bewusstsein der Bürger aufrechtzuerhalten, sich an die Maßnahmen zu halten.“ Für einige Unbelehrbare möge der Bußgeldbescheid die Ultima Ratio sein, sagte Gochs Bürgermeister. „Aber wir haben sehr gute Erfahrungen mit dem weichen Vorgehen gemacht. In unserer Stadt haben wir Gott sei Dank eine sehr hohe Akzeptanz für alle Maßnahmen.“

Die SPD gab sich mit den Informationen zur Unterstützung der Verwaltung für die Gocher Kunst- und Kulturszene zufrieden. „Wenn wir es mit frei werdenden Haushaltsmitteln schaffen, ist unser Ansinnen erfüllt“, sagte Fraktionschef Klaus-Dieter Nikutowski. Weil die Fraktion ihren Antrag zurückzog, fand auch eine von der CDU ins Spiel gebrachte Abwandlung keine Berücksichtigung: Fraktionsvorsitzender Andreas Sprenger regte an, dass die Corona-Bußgelder an den im vergangenen Jahr parteiübergreifend gegründeten Verein „Miteinander Teilen & Helfen“ weitergeleitet werden könnten.