Goch/Kreis Kleve. „Die allermeisten Mitarbeitenden sind zufrieden“: Lebenshilfe-Geschäftsführer Brockschmidt tritt der Kritik aus der Gocher Politik entgegen.
Nach der wegweisenden Entscheidung des Jugendhilfeausschusses, die katholische Kirchengemeinde St. Arnold Janssen als Träger einer neuen Kita in Goch zu empfehlen (die NRZ berichtete), wehrt sich der Mitbewerber Lebenshilfe gegen den Eindruck einer schlechten Bezahlung und miesen Arbeitsatmosphäre. „Dieses Bild ist schief und macht uns und die Mitarbeitenden wütend“, sagt Geschäftsführer Stephan R. Brockschmidt.
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Mit den Stimmen von BFG, Grünen, SPD und FDP hatte der Jugendhilfeausschuss in der vergangenen Woche empfohlen, die Trägerschaft der noch zu errichtenden Kindertagesstätte der Kirchengemeinde und nicht der ebenfalls interessierten Lebenshilfe zu übertragen. Die Ratsvertreter betonten, innerhalb ihrer Fraktionen lange und kontrovers diskutiert zu haben. Sie begründeten ihr Votum jeweils vor allem mit der unterschiedlichen Mitarbeitervergütung der beiden Bewerber und kritisierten, dass die Lebenshilfe nur 90 Prozent des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst (TVöD) bezahle.
Betriebsvereinbarung ist seit Mitte 2020 gültig
Die entsprechende Betriebsvereinbarung mit dem Betriebsrat sei für die Kita-Beschäftigten im Sommer 2020 in Kraft getreten, bestätigt Brockschmidt. „Damit waren nicht alle ganz happy, weil wir in den anderen Bereichen sofort 100 Prozent zahlen konnten. Aber wir haben dies immer offen kommuniziert und auch angekündigt, die Bezahlung weiter sukzessiv erhöhen zu wollen, wenn dies wirtschaftlich möglich ist.“
„Wir haben alle unsere Erzieherinnen und Erzieher als Fachkräfte eingruppiert“, ergänzt Anja Lankers, Prokuristin und Kita-Fachbereichsleiterin, und stellt die Frage in den Raum: „Steht man mit den 90 Prozent wirklich so viel schlechter da und wurde ein Vergleich zwischen den Eingruppierungen und Gehältern vorgenommen?“
Fachbereichsleiterin Anja Lankers: „Hoher Personalschlüssel“
Sie verweist zudem auf den „hohen Personalschlüssel“ in den Kitas der Lebenshilfe. „Die Belastungen sind bereits durch den Fachkräftemangel sowie Krankheitsausfälle sehr hoch. Damit gewährleisten wir, dass die Mitarbeitenden nicht darüber hinaus ständige Überforderung und eine sehr starke Belastung erleben müssen. Wir haben uns für einen Mittelweg entschieden“, sagt Lankers.
Besonders sauer stößt den Verantwortlichen der Lebenshilfe auf, dass Willi Ratsak (SPD) im Ausschuss eine sehr deutliche Einschätzung von Verdi (Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft) zitierte. Demnach habe die Gewerkschaft auf Nachfrage mitgeteilt, dass die Stimmung unter den Kita-Beschäftigten der Lebenshilfe wegen der nicht tarifgerechten Bezahlung allgemein nicht gut sei. Weiterhin werde suggeriert, dass deshalb Mitarbeitende keine gute Arbeit leisten könnten, so die Lebenshilfe.
Streiks bei der Lebenshilfe gab es in der Vergangenheit
„Wir haben seit Jahren nichts mehr mit Verdi zu tun. Ich habe keine Idee, warum so etwas gesagt wird, das die Realität überhaupt nicht mehr abbildet, sondern offensichtlich aus der Historie herrührt“, stellt Stephan R. Brockschmidt klar. In der Vergangenheit habe es tatsächlich Streiks bei der Lebenshilfe gegeben, doch die Zeiten seien passé. „Diese Aussage zeichnet ein anderes Bild als das, was wir täglich intern erleben. Wir haben erst im vergangenen Jahr eine Mitarbeiterbefragung durchgeführt, die uns in jedem Fall eine knappe ‚Zwei‘ bescheinigt hat. Die allermeisten Mitarbeitenden sind zufrieden“, meint der Geschäftsführer der Lebenshilfe, „und machen vor allem eine verdammt gute Arbeit.“
Zudem bemängelt er ein „Schwarz-Weiß-Denken“ seitens Verdi und vermisst einen differenzierten Blick auf das Thema. Schon damals hätte die Lebenshilfe sich gerne dem TVöD angenähert, doch ein angepasster Abschluss in Höhe von 90 Prozent – wie jetzt gemeinsam mit dem Betriebsrat vereinbart – wäre mit Verdi nicht möglich gewesen, sagt Brockschmidt.
Betreuung von Gocher Kindern mit Förderbedarf
Es habe sie enttäuscht, dass weder die von der Lebenshilfe fristgerecht eingereichte Stellungnahme im Jugendhilfeausschuss Beachtung gefunden habe, noch aus der Politik Nachfragen zu den Aussagen von Verdi und den detaillierten Vergütungen gekommen seien“, sagt Anja Lankers. Die Lebenshilfe-Verantwortlichen verweisen auch auf ein „konkurrenzfähiges Gesamtpaket“: drei Tage Extra-Urlaub für ihre Beschäftigten, Angleichungen an den Tarifvertrag wie eine „hohe Altersversorgung“ oder das stark nachgefragte E-Bike-Leasing im Rahmen der Gesundheitsförderung.
Auch die Tatsache, dass wirtschaftliche Aspekte das inklusive Konzept mit einem Schwerpunkt auf Kinder mit Förderbedarf in den Schatten gestellt hätten, ärgert sie. In der Vergangenheit seien bereits insgesamt 16 Gocher Kinder in der Kita Lebensgarten in Uedem betreut worden, davon elf mit Förderbedarf. Vier weitere seien für das kommende Kindergartenjahr angemeldet, stellt Anja Lankers fest.
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Neue Kita in Uedem geplant
Die endgültige Entscheidung über die Trägerschaft der neuen Kita in Goch trifft der Rat am 22. Februar. „Uns geht es aber nicht darum, wieder ins Spiel zu kommen. Der Zug ist abgefahren“, betont Geschäftsführer Stephan R. Brockschmidt. „Wir möchten ein altes Bild korrigieren, das so nicht mehr stimmt.“
Die Lebenshilfe sei darüber hinaus bestrebt, ihren Kita-Bereich zu erweitern. Die Eröffnung einer sechsten Einrichtung im Kreis Kleve sei geplant, verrät Brockschmidt. Standort ist dann allerdings nicht Goch, sondern Uedem.