Essen-Bochold. In Essen-Bochold formiert sich Widerstand gegen ein Teilstück der Citybahn: Anwohner wollen Geschäfte und Grünflächen erhalten.

In der Innenstadt wird der Bau der Citybahn bereits vorangetrieben. Doch am anderen Ende der geplanten Strecke, im Essener Westen nämlich, wollen Anwohner und Geschäftsleute die bisherigen Pläne für die neue Strecke verändern. Sie haben sich jetzt zu einer Bürgerinitiative zusammengeschlossen. Während die Stadt Essen das Projekt als notwendigen Schritt zur Modernisierung des öffentlichen Nahverkehrs sieht, beklagen die Betroffenen vor Ort den Verlust von Lebensqualität und wirtschaftlichem Erfolg in ihrem Stadtteil. Einige fürchten sogar um ihre Existenz.

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Etwa 80 Betroffene und Interessierte sind am vergangenen Montagabend im Kulturzentrum „Kreuzer“ zusammengekommen, um sich über die geplanten Maßnahmen auf der Haus-Berge-Straße in Bochold auszutauschen. Organisiert wurde die Veranstaltung von Jörg Daube und seiner Frau Gabriele Daube-Schäferkordt, die gemeinsam an der Haus-Berge-Straße 129 das Restaurant „Wundertüte“ betreiben.

Vertreter der Stadt waren nicht eingeladen, weshalb das Ganze zu einer recht einseitigen Angelegenheit geriet. Auch das Ziel der Versammlung stand von Beginn an fest: die Gründung einer Bürgerinitiative. „Wir wollen sichtbar machen, wie dramatisch die Situation für uns im Stadtteil ist“, so Daube. „Bisher sind wir nur Zuschauer, wir müssen aber auf das Spielfeld kommen. Und das geht am besten mit einer Bürgerinitiative.“ Der Name der neuen Gruppierung: „Bihabe – Bürgerinitiative Haus-Berge-Straße“.

Ruhrbahn will ÖPNV-Anteil in Essen erhöhen

Der Hintergrund: Mit der Citybahn will die Stadt Essen den ÖPNV-Anteil am Gesamtverkehr von 19 auf 21 Prozent steigern. Sie soll von Osten nach Westen mehrere Stadtteile miteinander verbinden – vom Betriebshof Stadtmitte der Ruhrbahn im Ostviertel über die Innenstadt und das Westviertel bis zum geplanten Stadtquartier Essen 51 und weiter nach Bergeborbeck. Es ist vor allem die Sinnhaftigkeit des letzten Teilstücks, die die neue Bürgerinitiative bezweifelt. „Niemand weiß, ob Essen 51 überhaupt jemals gebaut wird“, so Daube. „Zudem hatte man noch 2021 geplant, die Citybahn schon an der Bergmühle enden zu lassen.“

Die Haus-Berge-Straße soll zwischen Bergmühle und der Bocholder Straße deutlich verbreitert werden. 54 Bäume werden gefällt, 40 Parkplätze fallen weg.
Die Haus-Berge-Straße soll zwischen Bergmühle und der Bocholder Straße deutlich verbreitert werden. 54 Bäume werden gefällt, 40 Parkplätze fallen weg. © FUNKE Foto Services | Judith Michaelis

Hauptgrund für die Proteste ist die geplante Verbreiterung der Haus-Berge-Straße in Bochold, um dort auf einem begrünten Mittelstreifen die Citybahn entlangzuführen. Die Pläne von Ruhrbahn und Stadt Essen sehen vor, die Straße von heute 9,40 Metern auf 22,40 Meter auszubauen. Rechts und links neben den Schienen sind je ein Fahrstreifen für den Autoverkehr sowie je ein Rad- und ein Fußweg geplant.

Dafür muss der Grünstreifen an der Seite entfernt und es müssen insgesamt 51 Bäume gefällt werden. Zudem fallen 40 Parkplätze auf der anderen Straßenseite weg, was vor allem das Restaurant „Wundertüte“, einen Lebensmittelhändler sowie eine Arztpraxis betrifft. Daube: „Wir glauben, dass wir schon die zweijährige Bauphase nicht überleben werden.“ Anwohner im weiteren Verlauf der Haus-Berge-Straße beklagen zudem, dass auch dort Parkplätze im Bereich der Hochhäuser wegfallen.

„Wir glauben, dass wir schon die zweijährige Bauphase nicht überleben werden.“

Jörg Daube
Betreiber des Restaurants „Wundertüte“

Weiterer Kritikpunkt: Die Betroffenen seien nicht wie üblich im Vorfeld informiert und beteiligt worden. Das bestreitet die Stadt Essen. Man habe, heißt es in einem Statement vom 19. September, über den Jahreswechsel 2019/2020 intensive Gespräche mit Anrainern, Interessenvertretern, Kooperationspartnern und Politikern geführt. Daran allerdings konnte sich am Montagabend niemand erinnern.

Wegen Corona, so die Stadt damals weiter, habe es keine Veranstaltungen vor Ort geben können. „Die verschiedenen Bauabschnitte wurden in den öffentlichen Fachausschüssen sowie im Rat der Stadt Essen beschlossen, entsprechende Informationen wurden veröffentlicht“, so hatte zuletzt Stadtsprecherin Silke Lenz auf Anfrage dieser Zeitung erklärt. „Im Rahmen der Planfeststellungsverfahren der Bauabschnitte wurden die gesetzlich vorgesehenen Offenlagen durchgeführt. Zuletzt vom 21. Mai bis 21. Juni 2024.“

Jörg Daube und Gabriele Daube-Schäferkordt betreiben das Restaurant „Wundertüte“ in Essen-Bochold. Sie treiben die Gründung einer Bürgerinitiative gegen den Ausbau der Haus-Berge-Straße voran.
Jörg Daube und Gabriele Daube-Schäferkordt betreiben das Restaurant „Wundertüte“ in Essen-Bochold. Sie treiben die Gründung einer Bürgerinitiative gegen den Ausbau der Haus-Berge-Straße voran. © Schacht 11

Da die Einspruchsfrist vorbei ist, wird die neue Bürgerinitiative rein juristisch wohl nichts ausrichten können, da waren sich die Teilnehmer der Versammlung am Montag einig. Nichtsdestotrotz sind Daube und einige Mitstreiter bereits aktiv geworden, haben Briefe geschrieben an Oberbürgermeister Thomas Kufen, die Bezirksregierung in Düsseldorf, die Ruhrbahn und den VRR, das Landesverkehrsministerium sowie diverse Ausschüsse der Stadt Essen. Mit mäßigem Erfolg.

Dennoch will man weitermachen. Geplant ist unter anderem ein Treffen am kommenden Sonntag, 13. Oktober, um 15 Uhr vor der „Wundertüte“. Bei einem gemeinsamen Spaziergang wollen sich die Mitglieder der neuen Initiative noch einmal vor Ort ein Bild machen. Bis dahin soll auch eine Petition aufgesetzt werden. Deren Inhalt: die Forderung nach dem Erhalt der Bäume sowie der Parkplätze. Und: Auch eine Bürgerversammlung kann man sich vorstellen – etwa eine Podiumsdiskussion mit Vertretern vom Stadtplanungsamt.

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