Essen. Von der Ballettbühne auf die große Kinoleinwand: Warum ein Film über den Star-Choreografen John Cranko auch viel mit Essen zu tun hat.

Essen hat den Deutschen Tanzpreis und bald sogar eine ganze Tanzwoche. Und als Tanzstadt mit Tradition war Essen natürlich auch der geborene Ort für die NRW-Premiere eines „echten Ballettfilms“, wie Regisseur Joachim A. Lang sein Werk „Cranko“ nennt. Die Verneigung vor einem der bedeutendsten Choreografen des 20. Jahrhunderts und Schöpfer des „Stuttgarter Ballettwunders“ soll schließlich kein gewöhnliches Biopic sein, sondern „die Seele des Tanzes erkunden“, sagt Lang. Annähernd 1000 Kinofans spendeten dem filmischen Vorhaben und Hauptdarsteller Sam Riley am Montagabend (23. September) in der Essener Lichtburg langen, herzlichen Applaus.

Schauspieler Sam Riley wurde vom Essener Publikum bei der Premiere von „Cranko“ gefeiert.
Schauspieler Sam Riley wurde vom Essener Publikum bei der Premiere von „Cranko“ gefeiert. © FUNKE Foto Services | Sebastian Sternemann

Nicht nur als Tanzstadt war Essen erste Wahl für das Filmevent. Für Film-Produzent Michael Souvignier war die Premiere auch ein besonderes Heimspiel. Schon in seiner Jugend habe er viel Zeit in der Lichtburg verbracht, verriet der gebürtige Essener am Rande der Kinopremiere. Was ihn am Tanz fasziniere, das sei vor allem diese „tickende Uhr“, die Tänzerkarrieren vergleichsweise kurz, aber höchst intensiv gestalte.

Eiserne Disziplin und künstlerische Hingabe

Die Bewunderung der athletischen Kraft, der eisernen Disziplin und der totalen künstlerischen Hingabe kennzeichnet auch den Film von Lang, der die aktuellen Ensemblemitglieder des Stuttgarter Balletts für die Filmproduktionen gewonnen hat. Sie schlüpfen in die Rollen von Weltstars wie Marica Haydée, Birgit Keil, Reid Anderson oder Egon Madsen, die das Tanzensemble aus der Baden-Württembergischen Provinz in den 1960ern unter der Leitung von John Cranko zu einer weltbekannten Einrichtung machten. Viele von ihnen standen Jahre später, ausgezeichnet mit dem Deutschen Tanzpreis, auf der Bühne des Essener Aalto-Theaters.

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In „Cranko“ präsentieren die Stuttgarter Tänzer nicht nur Auszüge aus gefeierten Cranko-Choreografien - von dem in der New Yorker Met einst umjubelten „Onegin“ bis zu „Romeo und Julia“. Sie agieren auch als Darsteller. Glut, Schweiß und Tränen der exzessiven tänzerischen Arbeit mischen sich mit den Höhenflügen und Abstürzen des Tanzgenies John Cranko, der das Ballett nicht nur entstaubt und revolutioniert hat, sondern auch mit seiner offen ausgelebten Homosexualität für Aufsehen sorgte. Wie sich Kunst und Leben in Crankos Vita dabei fast übergangslos vermischten und zu einer am Ende tödlichen Mixtur aus verzehrender Leidenschaft, unermüdlichem Schöpferdrang und bodenloser Traurigkeit wurden, zeigt Lang in träumerischen Tanzsequenzen, die bisweilen aber auch etwas repetitiv wirken.

Bilder aus dem Ballettsaal: „Cranko“ zeigt das Entstehen bedeutender Choreografien, die die Tanzwelt revolutioniert haben. 
Bilder aus dem Ballettsaal: „Cranko“ zeigt das Entstehen bedeutender Choreografien, die die Tanzwelt revolutioniert haben. 

Mehr als zwei Stunden dauert die Auseinandersetzung mit einem bedeutenden Teil deutscher Ballettgeschichte, die die Seele des Tanzes am Ende tatsächlich etwas offener legt als das Innenleben dieses viel zu früh gestorbenen Tanzschöpfers. Für den britischen Schauspieler Sam Riley ist es auch die erste große deutschsprachige Hauptrolle. Seine Ehefrau, die Schauspielerin Alexandra-Maria Lara, und der Sohn hätten ihn beim Textlernen intensiv unterstützt, berichtet der 44-Jährige: „Sie können jedes Wort auswendig mitsprechen.“

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