Essen. So stark wie im Sommer 2024 wucherte Elodea noch nie. Woher kommt sie? Was lässt sich dagegen tun? Wer ist betroffen? Alles über ein Phänomen.

Für „Seemanager“ Boris Orlowski und sein Team war es ein schweißtreibender Sommer, denn auf dem Baldeneysee wucherte die „Wasserpest“ (Elodea) so stark wie nie zuvor. Um den Wildwuchs einzudämmen, waren Mähboote an insgesamt 62 Tagen im Einsatz. Jetzt haben sie die Arbeit eingestellt, denn nun, da die Temperaturen gefallen sind, hat die Elodea ihr Wachstum eingestellt. Die Pflanze stirbt langsam ab, „als könnte sie den Kalender lesen“, staunt Boris Orlowski.

Von ihrem massiven Wachstum wurden auch die Experten beim Ruhrverband überrascht. Noch im Mai hatten Taucher vorsichtig Entwarnung für die Regattastrecke gegeben. Es kam anders. Und soviel steht fest: Es wird nicht der letzte Elodea-Einsatz gewesen sein.

Woher kommt die Wasserpest Elodea?

Die Elodea stammt aus Nordamerika. Mitte des 19. Jahrhunderts wurde sie als Aquarienpflanze in Europa eingeführt. 1939 tauchte sie hier erstmals in der freien Natur auf. Ihr Ursprung habe sie in einem botanischen Garten in Belgien. Über natürliche Gewässer hat sich die Wasserpest verbreitet, Schiffe transportierten Sporen in ihrem Bilgewasser.

Wann tauchte die Elodea erstmals in den Ruhrstauseen auf?

1994 wurde die Wasserpest erstmals im Harkortsee nachgewiesen, einem von sechs Stauseen des Ruhrverbandes entlang der Ruhr, gelegen zwischen Hagen, Wetter und Herdecke. Warum gerade dort? Der Ruhrverband hält es für möglich, dass ein Aquaristik-Fan die Pflanze dort ausgesetzt hat, aber das bleibt Spekulation. Auch Wasservögel tragen die Elodea weiter. Im Jahr 2000 kam es im Harkortsee zu einem Massenwachstum der Elodea, im Jahr darauf waren auch der Hengsteysee und der Kemnader See betroffen. 2008 tauchte die Elodea erstmals im Baldeneysee und im Kettwiger Stausee auf. Im Baldeneysee bedeckte sie etwa 15 Prozent der Wasserfläche.

Warum hat sich die Wasserpest so stark in den Stauseen verbreitet?

Der Ruhrverband führt dies auf die verbesserte Wasserqualität zurück. Das Wasser ist dank einer verbesserten Klärtechnik klarer und nährstoffarmer als in früheren Jahren, wodurch sich weniger Algen bilden. Das Sonnenlicht kann dadurch bis auf den Grund vordringen, was das Pflanzenwachstum beschleunigt. Die Elodea braucht nur wenig Licht, dafür wächst sie umso schneller. Hinzu kommen die hohen Temperaturen. Im Juli wuchs die Pflanze im Baldeneysee um bis zu 20 Zentimeter pro Tag und erreichte dadurch schnell die Oberfläche. Die durchschnittliche Wassertiefe des Baldeneysee liegt bei drei Metern, am Südufer ist der See stellenweise weniger als ein Meter tief.

Ist die Wasserpest gefährlich?

Die Wasserpest ist harmlos. Aber sie behindert massiv den Wassersport auf dem Baldeneysee. Sie bremst Ruderer, Kanuten und Segelboote, deren Kielschwerter und Ruderblätter sich im Pflanzendickicht verfangen. Stark behindert wird auch das Stand-Op-Paddling, ein Sport, der auf dem Baldeneysee immer beliebter wird und zumeist in der Nähe der Ufer ausgeübt wird.

Für Schwimmer ist die Wasserpest ungefährlich, betont Markus Rüdel, Sprecher es Ruhrverbandes. „Die Elodea ist keine Schlingpflanze, die einen Schwimmer unter Wasser zieht.“ Eine Berührung kann aber als unangenehm empfunden werden, außerdem behindert sie beim Schwimmen, und es erfordert einige Kraft, große Elodea-Mengen zur Seite zu schieben. Wer dabei nicht in Panik gerät, könnte auch Elodea-Felder durchschwimmen.

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Allerdings ist das Schwimmen im Baldeneysee ohnehin verboten, lediglich an der Schwimmstelle am Seaside Beach ist es erlaubt. Die Badestelle liegt am alten Ruhrbett und damit nahe der Schifffahrtsrinne. Das Wasser ist dort etwa fünf Meter tief, die Strömung ist stärker, was die Elodea nicht mag. Sie gedeiht am besten in Gewässern mit keiner oder wenig Strömung.

Ein Mähboot des Ruhrverbandes kämpft gegen die „Wasserpest“ an. Weite Bereiche des Baldeneysees waren in diesem Sommer davon befallen.
Ein Mähboot des Ruhrverbandes kämpft gegen die „Wasserpest“ an. Weite Bereiche des Baldeneysees waren in diesem Sommer davon befallen. © FUNKE Foto Services | Michael Gohl

Hat die Wasserpest auch etwas Gutes?

Auf den Fischbestand wirkt sich die Wasserpest positiv aus. Jungfischen bietet der dichte Pflanzenbewuchs Schutz vor Raubfischen und vor Kormoranen. Auch Anglern verdirbt die Wasserpest Fang und Freude.

Was hilft gegen die Wasserpest?

„Gegen die Wasserpest ist kein Kraut gewachsen“, heißt es beim Ruhrverband. Der Wasserversorger hat diverse Methoden erprobt, um die wuchernde Pflanzen zu bekämpfen, vom Einsatz eines Rollenpflückers, der die Elodea bei der Wurzel packt, bis zur Armleuchteralge, die ihr am Grund des Sees den Platz zum Wachsen streitig machen sollte. Keine dieser Methoden brachte den erhofften Erfolg.

Bekämpfen lasse sich die Wasserpest allein durch wiederholtes Abmähen. Der Einsatz der Mähboote hat jedoch seinen Preis, pro Boot und Tag kalkuliert der Ruhrverband mit 1500 Euro pro Tag. Und verschwinden wird Wasserpest durch das Abmähen nicht, die Pflanze wächst einfach nach, bis sie im Herbst, wenn die Temperaturen sinken, in sich zusammenfällt. Den Winter überdauert die Elodea auf dem Grund des Sees, im Frühjahr treibt sie wieder aus.

Warum tritt die Wasserpest mal massiv auf, mal gar nicht?

Dass der Elodea-Bewuchs in den vergangenen drei Jahren im Essener Baldeneysee nahezu ausblieb, führt der Ruhrverband auf das Jahrhunderthochwasser im Juli 2021 zurück. Die Wassermassen wühlten den Grund auf und rissen nahezu alles mit sich fort, auch die Elodea. Inzwischen hat sich die Pflanze davon erholt.

Der Ruhrverband hält es für möglich, dass die Wasserpest in den kommenden Jahren immer wieder mal eine Pause einlegt und weniger stark wächst als in diesem Sommer. Abhängig sei dies davon, ob die Ruhr im Frühjahr Hochwasser führt und von den Temperaturen in Frühjahr und Sommer. Dass die Wasserpest wiederkommt, darf aber durchaus als sicher gelten.

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