Essen-Borbeck. Kino auf dem Friedhof? Die Kirchengemeinde Essen-Borbeck-Vogelheim zeigt am Freitag, wie ein Ort der Trauer auch Freude bringen kann.
Kino auf dem Friedhof? Spaß an einem Ort, wo Menschen traurig sind? Vielleicht sogar: traurig sein müssen? Passt das dahin? Ja, das passt, meint die Essener Pfarrerin Susanne Gutjahr Maurer. Deshalb verwandelt sich am Freitag, 6. September, der Vorplatz der Trauerhalle auf dem Matthäusfriedhof in Borbeck in ein Open-Air-Kino. Auf einer – aufblasbaren – Großbildleinwand zeigt die evangelische Kirchengemeinde Essen-Borbeck-Vogelheim die schwarze Komödie „Harold und Maude“.
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Es ist tatsächlich nicht das erste Mal, dass die Gemeinde den Friedhof am Marreweg für einen, sagen wir mal: ungewöhnlichen Zweck nutzt. Zumindest für einen, für den er eigentlich nicht gedacht ist. Im Gegenteil: Dort passiert so einiges. „Wir verstehen diesen Friedhof nicht nur als Ort für die Toten, sondern vor allem auch für die Lebenden“, erklärt Gutjahr Maurer. „Deshalb haben wir den Friedhof auch mit vielen, vielen Bänken ausgestattet, weil es uns wichtig ist, dass sich Menschen dort aufhalten, sich begegnen und sich austauschen können.“ Und ja: auch Unterhaltung finden.
100 Besucher bei Borbecker Friedhofs-Lesung
Im vergangenen Jahr etwa organisierte die Gemeinde eine Lesung mit Musik: Etwa 100 Besucher kamen, als der Schriftsteller Klaus Heimann aus seinen Krimis und aus einigen Kurzgeschichten las. Für den musikalischen Rahmen sorgten Gitarrist Jan Bierther und Posaunist Andreas Roth. Ein voller Erfolg, so die allgemeine Meinung. Und da eine Großbildleinwand in der Gemeinde bereits vorhanden war, bot sich eine filmische Veranstaltung geradezu an: „Wir haben diese Idee im Friedhofsausschuss also weiter gesponnen und haben gesagt: Eigentlich wäre es schön, hier auch mal Kino zu machen“, erinnert sich Gutjahr Maurer.
Und so soll es nun also geschehen: Auf dem Vorplatz der Trauerhalle wird am Freitag die Leinwand aufgebaut, man wird den Grill anschmeißen, und es gibt Getränke zu kleinen Preisen. Nun hoffen die Organisatoren nur noch auf gutes Wetter, um gemeinsam mit möglichst vielen Gästen einen launigen Spätsommerabend genießen zu können. Mitten auf dem Friedhof.
Bleibt nur noch die Frage, welcher Film eigentlich gezeigt wird. Die Antwort der Pfarrerin kommt ohne Zögern: „Harold und Maude.“ Man erinnert sich: Ein junger Mann inszeniert seinen Tod. Er dümpelt mit dem Kopf nach unten im Swimmingpool, sticht sich ein Messer in die Brust oder baumelt von der Decke. Alles nur ein düsterer Spaß, den Harold inszeniert, um die Aufmerksamkeit seiner Mutter zu gewinnen. Doch dann verliebt er sich in Maude, die seine Großmutter sein könnte und die bald wirklich sterben muss – nicht ohne ihrem todessüchtigen Lover vorher zu zeigen, was Leben ist, was Glück bedeutet. Bis zu Maudes Tod erlebt das sonderbare Paar schwarzhumorige Situationen voll von grotesker Komik, zugleich aber auch von melancholischer Poesie und Zärtlichkeit.
Wiederholung des Open-Air-Kinos auf dem Essener Friedhof nicht ausgeschlossen
Hal Ashbys Film aus dem Jahr 1971 über das „ungewöhnlichste Liebespaar seit King Kong und der weißen Frau“, wie es damals hieß, war zunächst kein großer Erfolg, heute ist er ein Klassiker. Gleichzeitig ist es ein Film, der aus Sicht des Ausschusses perfekt auf den Borbecker Matthäusfriedhof passt. Gutjahr Maurer: „Bei ,Harold und Maude‘ geht es um beides: die Faszination vom Tod und die Liebe zum Leben. Das ist hier gut aufgehoben.“ Es sei ein erster Versuch, sagt die Pfarrerin, ein „guter Start für unser Kino auf dem Friedhof“. Will sagen: Wenn es gut läuft, das Wetter mitspielt und möglichst viele Menschen kommen, dann könnte es eine Fortsetzung geben. „Ich könnte mir vorstellen, dass wir das im nächsten Sommer wieder machen.“
Sommerkino auf dem Friedhof
Die schwarze Komödie „Harold und Maude“ beginnt um 19.30 Uhr auf dem Vorplatz der Trauerhalle auf dem Matthäusfriedhof, Eingang 2: Marreweg 1 in Borbeck.
Die Seelsorgebank auf dem Friedhof ist noch bis Oktober jeweils dienstags, donnerstags und freitags zwischen 15 und 16 Uhr besetzt. Sie steht ebenfalls in der Nähe der Trauerhalle.
Informationen zu den Angeboten der Kirchengemeinde gibt es im Internet unter www.gemeinde-borbeck-vogelheim.de sowie bei Intagramm unter @bovo_kg.borbeckvogelheim
Und dann macht die Pfarrerin im Gespräch noch einmal einen Schlenker zurück zu den „vielen, vielen Bänken“ auf dem Friedhof in Borbeck. Denn eine dieser Bänke ist eine besondere: eine Seelsorgebank. Die ist den ganzen Sommer hindurch dreimal pro Woche für jeweils eine Stunde besetzt ist. „Im April haben wir damit angefangen und bieten das bis Oktober an“, so Gutjahr Maurer. Haupt- und ehrenamtliche Seelsorger stehen dort zur Verfügung, sie selbst sitzt ebenfalls regelmäßig dort. „Menschen können sich dazusetzen, ins Gespräch kommen, beispielsweise wenn sie sich einsam fühlen. Und da wird dann auch mal gelacht.“
Man habe die Bank für diese Gelegenheit ein wenig aufgehübscht mit Kissen und einer Decke. „Wenn wir zum angekündigten Zeitpunkt gerade mal nicht da sind, dann begleiten wir vielleicht kurz jemanden zu einem Grab. Aber wir kommen wieder.“ Ein Friedhof als Ort der Begegnung, als Ort der Lebenden. Schöne Idee.
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