Essen. Der Mietspiegel 2024 für Essen ist erschienen und gibt Vermietern neue Spielräume, die Mieten weiter anzupassen.
Für viele Haushalte in Essen dürfte die Miete in den kommenden Monaten weiter steigen. Grund ist der neue Mietspiegel, der am Freitag (30. August) erschienen ist und rückwirkend zum 1. August. Er gibt den Vermietern die Möglichkeit an die Hand, die Mieten zu erhöhen und das erneut recht kräftig.
Für den neuen Mietspiegel wurden alle Mieterhöhungen der jüngeren Zeit ausgewertet. Seit der letzten „Vollerhebung“ im Jahr 2020 gab es demnach einen Anstieg um 12,4 Prozent und damit um durchschnittlich drei Prozent pro Jahr. Diese Entwicklung ist die Grundlage dafür, den Mietspiegel entsprechend fortzuschreiben: Nach einer Erhöhung der ortsüblichen Miete im Mietspiegel vor zwei Jahren um knapp sechs Prozent, steigt diese nun nochmals um über sechs Prozent.
Neuer Mietspiegel 2024 in Essen: Viele Vermieter werden jetzt rechnen
Die ortsübliche Vergleichsmiete ist für Vermieter die Obergrenze, bis zu der sie Mieterhöhungen in einem bestehenden Mietverhältnis durchsetzen können. Mit dem Mietspiegel lässt sich diese errechnen. Dabei fließen neben Lage und Ausstattung auch Größe und Baujahr der Wohnung ein. Bei Neuvermietungen ist er für Vermieter dagegen nicht bindend. Allerdings kann er Mietern in diesem Fall eine gute Orientierungshilfe sein, um zu prüfen, ob die verlangte Miete angemessen ist. Der Mietspiegel gilt bis zum 31. Juli 2026 und muss dann aktualisiert werden.
Der Eigentümerverband Haus & Grund in Essen rechnet damit, dass in den nächsten Wochen viele Vermieter ihre Mietvereinbarungen anhand des neuen Mietspiegels überprüfen werden. „Das heißt aber nicht, dass sie dies dann auch voll ausschöpfen“, sagte der Geschäftsführer von Haus & Grund, Andreas Noje. Vielmehr würden gerade private Wohnungsbesitzer die Mieten eher in kleinen Schritten anpassen. Mieterverbände indes beobachten, dass in der Vergangenheit gerade die großen Wohnungsunternehmen schnell nach Veröffentlichung des Mietspiegels die neuen Spielräume bis zur möglichen Grenze ausschöpften.
Neuer Mietspiegel 2024 für Essen hat neue Berechnungssystematik
Mit dem neuen Mietspiegel, der dieses Mal von einem anderen Institut im Auftrag der Stadt erarbeitet wurde, ändert sich unterdessen die Berechnungssystematik. Peter Rath, Vorsitzender des städtischen Gutachterausschusses meint, dass die Anwendung einfacher wird. Vier wesentliche Neuerungen gibt es: Bislang war das Baujahr einer Wohnung entscheidend für die sogenannte Basismiete, zu der Punkte für Ausstattung, Lage und Größe hinzugerechnet oder abgezogen wurden. Nunmehr wird die Basismiete anhand der Wohnungsgröße festgelegt. Die anderen Parameter fließen anschließend prozentual als Plus- oder Minusprozente ein. Sie werden addiert oder subtrahiert.
Die zweite wichtige Änderung: Der neue Mietspiegel weist sieben statt bisher fünf Wohnlagen aus. Diese sind nicht mehr nur Straßen zugeordnet, sondern adressscharf. Drittens gilt er auch für Einfamilienhäuser und Doppelhaushälften. Und schließlich belohnt er mit einer hohen Punktzahl, wenn ein Vermieter in sein Haus eine Wärmepumpe eingebaut hat.
Was ist ein Mietspiegel?
Der Mietspiegel ist für die Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete bindend. Er gilt grundsätzlich für nicht preisgebundene Mietwohnungen. Bei der Berechnung der ortsüblichen Miete fließen neben Lage und Ausstattung auch Größe und Baujahr der Wohnung ein. Auf Grundlage des Mietspiegels können Mieter und Vermieter die ortsübliche Vergleichsmiete errechnen. Diese ist für Vermieter die Obergrenze, bis zu der sie Mieterhöhungen durchsetzen können.Wird eine Wohnung neu vermietet, hilft der Mietspiegel aber auch den Mietern. Sie können überprüfen, ob das Mietverlangen des Vermieters sich im ortsüblichen Rahmen bewegt.
Vermieter können aber jetzt nicht einfach die Miete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete erhöhen. Denn es gilt: Frühestens 15 Monate nach Einzug oder nach der letzten Mieterhöhung dürfen Vermieter die Miete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete anheben. Der Preisaufschlag darf innerhalb von drei Jahren aber nicht höher sein als 20 Prozent (Kappungsgrenze).
Essen hat seit 2016 einen qualifizierten Mietspiegel. Ein solcher wird nach wissenschaftlichen Gesichtspunkten erstellt und hat daher bei gerichtlichen Auseinandersetzungen mehr Gewicht. Er muss alle zwei Jahre den Marktentwicklungen angepasst werden.
Der Ausschuss, der den Mietspiegel beschließt, hat verschiedene Beispielrechnungen angestellt. Laut Noje ergeben sich in den überwiegenden Fällen höhere Vergleichsmieten als nach dem alten Mietspiegel. Allerdings gebe es auch Fälle, wo sie darunter liegt. „Der Mieter hat dann zwar keinen Anspruch auf eine Mietsenkung“, sagt der Haus&Grund-Chef. Aber der Vermieter hat dann auch keine Möglichkeit, die Miete zu erhöhen.
Beispiele für ortsübliche Vergleichsmieten in Essen
Folgende ortsübliche Vergleichsmieten ergeben sich nach den Beispiel-Berechnungen des Mietspiegel-Ausschusses. Sie beinhalten noch keine Punkte für besondere Ausstattungsmerkmale:
Stadtteil | Wohnfläche | Baujahr | Gebäudetyp | Wohnlage | Ortsübliche Vergleichsmiete |
---|---|---|---|---|---|
Altendorf | 78 | 1994 | Mehrfamilienhaus | V | 7,14 Euro pro qm |
Altenessen | 84 | 1973 | Mehrfamilienhaus | VI | 6,57 Euro |
Rüttenscheid | 75 | 2003 | Mehrfamilienhaus | I | 8,27 Euro |
Überruhr-Holthausen | 58 | 1958 | Mehrfamilienhaus | IV | 6,74 Euro |
Werden | 112 | 1978 | Einfamilienhaus | I | 8,46 Euro |
Die ortsübliche Vergleichsmiete steigt allerdings nicht für jede Wohnung in gleichem Maß. Beispielsweise würde sie für eine Wohnung in Altenessen im Holdenweg (siehe Tabelle) von bisher 6,96 Euro auf 7,14 Euro klettern. In einer Beispielrechnung für eine 68 Quadratmeter große Wohnung in Gerschede (Lage: bislang 3, jetzt 4), Baujahr 1950, beträgt sie nun nicht mehr 6,06, sondern 6,72 Euro. Das heißt: Gerade wegen der neuen Wohnlage-Klassen muss jeder für sich individuell rechnen. Ein pauschaler Vergleich mit den bisher ortsüblichen Mieten ist nicht möglich.
Der Mietspiegel hat unterdessen auch Auswirkungen auf die Mietobergrenzen für Bürgergeld-Empfänger. Auch diese steigen zum 1. September kräftig. Die angemessene Miete für einen Ein-Personenhaushalt beispielsweise beträgt dann 471,50 Euro statt bisher 436 Euro. Leben zwei Personen in einer Miete, erstattet das Jobcenter diese bis zur Höhe von 613 Euro (bisher: 549,25 Euro).
Den neuen Mietspiegel hat die Stadt Essen auf ihrer Internetseite veröffentlicht. In den nächsten Tagen soll auch wieder ein Mietspiegel-Rechner online gehen.
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