Essen. Regelmäßig rückt die Feuerwehr Essen zu Einsätzen wegen harter Drogen aus – wie oft genau, wisse man nicht. Vor Ort gebe es einiges zu beachten.
Befinden sich Menschen in Not, wird die 112 gewählt. Die Leitstelle der Feuerwehr wird dann aktiv – selbstredend auch dann, wenn Gefahr wegen Drogen besteht. Das kommt in Essen regelmäßig vor. Kein Wunder, verdeutlicht doch eine traurige Zahl, wie groß das Drogenproblem ist: In Essen sind im vergangenen Jahr so viele drogenkranke Menschen ums Leben gekommen, wie nie zuvor. 55 Männer und Frauen seien an oder mit Drogen gestorben, meldete kürzlich die „Suchthilfe direkt Essen“. Im Rahmen des Drogentotengedenktages wurden ihre Namen vor zwei Wochen auf dem Burgplatz mitten in der Innenstadt verlesen und auf einem bunten aufgestellten Kreuz angebracht.
- Die Lokalredaktion Essen ist auch bei WhatsApp! Abonnieren Sie hier unseren kostenlosen Kanal: direkt zum Channel!
Wie häufig gibt es Einsätze wegen Drogen, wollen wir von der Feuerwehr wissen. „Das erfassen wir nicht in einer Statistik“, sagt deren Sprecher Christian Schmücker. Ins System werde nicht eingegeben, ob bei einem Einsatz Drogen im Spiel waren. So sei in der Datenbank beispielsweise das Stichwort „Atemnot“ abrufbar; aber eben nicht, ob diese wegen einer Überdosis eingetreten ist.
Feuerwehr Essen zu Einsätzen in der Drogenszene: Auch Eigensicherung ist wichtig
„Der Rettungswagen rückt bei jeder Intoxikation raus“, sagt Schmücker. Ein Notarzt werde zusätzlich zum Einsatzort geschickt, wenn Gefahr für Leib und Leben besteht. Der Feuerwehrmann zählt Beispiele wie Herzrhythmusstörungen, Atemnot, heftiges Erbrechen oder eine akute Psychose auf, wenn ein Notfallmediziner hinzugezogen wird. Vor Ort sei es wichtig zu versuchen, folgende Fragen zu klären: „Ist der Patient aggressiv? Ist eine Wesensveränderung festzustellen? Spricht er gedämpft?“ Dies festzustellen, sei nicht nur für den Patienten wichtig. An der Stelle gehe es den Kräften an der Einsatzstelle auch um Eigensicherung. „Das Beobachten steht an erster Stelle“, sagt Christian Schmücker.
Amphetamine, Kokain, Liquid Ecstasy und anderes wirke aufputschend. Diese Drogen hätten schnelle, hastige Bewegungen und Aggressivität zur Folge. Ganz anders wirken Fentanyl oder Heroin, weiß Schmücker. Spritzen sich Drogenkranke zum Beispiel letzteres, setzt die Wirkung bereits nach wenigen Sekunden ein. Die Droge stillt Schmerzen, Anspannung schwindet. Dieser Zustand hält für circa vier Stunden an, dann brauchen Abhängige neuen Stoff. Verabreichen sich Menschen zu viel Heroin, also eine Überdosis, kann Lebensgefahr herrschen. Zeichen für eine Überdosierung können ein schwacher Puls, tiefer Blutdruck sowie flache und unregelmäßige Atmung sein.
Drogenkranke behandelt die Feuerwehr Essen nur akut, nicht langfristig
Christian Schmücker berichtet, dass in solch einem Fall ein Gegenmittel intravenös verabreicht werden kann. Gelangt dieses in den Körper der Betroffenen, sei schnell eine Verbesserung der körperlichen Konstitution festzustellen. Für Suchtkranke habe das Gegenmittel laut Schmücker aber auch diese Auswirkung: „Die Entzugserscheinungen kommen wieder.“ Das sei keine angenehme Erfahrung für sie. „Wenn wir helfen, kann das dazu führen, dass die Stimmung der Betroffenen umschlägt. Zuvor ruhige Menschen können dann plötzlich aggressiv werden.“ Man nehme ihnen schließlich den Rausch weg.
Essens Feuerwehrsprecher macht sich keine Illusionen: „Wir werden das Problem nicht lösen.“ Einsätze dieser Art würden nur akut helfen. Langfristig müssen die Betroffenen einen Entzug machen, in Therapie gehen.
„Das ist eine Krankheit“
Kurz nach dem Drogentotengedenktag (21.7.) hatte unsere Redaktion mit der Sozial-Pädagogin Christiane Breimhorst von der Anlaufstelle für drogenabhängige Mädchen und Frauen „Bella Donna“ gesprochen. Sie sagte: „Wir brauchen mehr Informationen, Drogen sind ein hochemotionales Thema. Politisch muss es weg von der Verdrängung gehen – hinzu: Wir müssen die Leute schützen.“
Man dürfe mit Blick auf drogenabhängige Menschen auf keinen Fall vergessen: „Das ist eine Krankheit.“ Deswegen müsse es Ort geben, an denen Drogenkranke sicher und sauber konsumieren könnten („Safer Use“).
Findet Drogenkosum nicht in einer sicheren Umgebung statt, besteht für Drogenkranke zum Beipsiel eine weitaus größere Gefahr, an einer Überdosis zu sterben. In Essen gibt es seit 2001 einen Drogenkonsumraum, den die „Suchthilfe direkt“ betreibt. Eines der Ziele: Die Verringering des „Morbiditäts- und Mortalitätsrisikos“ bei Essenerinnen und Essenern, die „von Heroin, Kokain, Amphetaminen und deren Derivaten sowie Benzodiazepinen“ abhängig sind.
[Essen-Newsletter hier gratis abonnieren | Folgen Sie uns auch auf Facebook, Instagram & WhatsApp | Auf einen Blick: Polizei- und Feuerwehr-Artikel + Innenstadt-Schwerpunkt + Rot-Weiss Essen + Lokalsport | Nachrichten aus: Süd + Rüttenscheid + Nord + Ost + Kettwig und Werden + Borbeck und West | Alle Artikel aus Essen]