Essen-Borbeck. Umleitungen und Halteverbote: Wie die Arbeiten auf der Baustelle der Ruhrbahn an der Frintroper Straße vorangehen, zeigt ein Besuch.
Was den Verkehr angeht, ist es momentan schwierig im Bereich der Frintroper Straße. Die Beschilderung der Umleitung ist großräumig geplant, doch selbst das Navigationssystem versagt spätestens auf der Borbecker Straße. Es zeigt an, man möge rechts abbiegen – doch da gilt kurzzeitig „Einfahrt verboten“. Die Ruhrbahn erneuert Gleise in Essen-Borbeck. Sperrungen und Umleitungen im Bereich der Frintroper Straße seien dafür unerlässlich, sagt das Unternehmen. Ein Besuch auf der Baustelle.
- Die Lokalredaktion Essen ist auch bei WhatsApp! Abonnieren Sie hier unseren kostenlosen Kanal: direkt zum Channel!
Es ist einer jener Tage, an denen man froh ist, wenn man einen Bürojob hat und nicht draußen arbeiten muss: Der Himmel ist dunkel und wenn aus dem Dauernieselregen mal mehr wird, dann schüttet es aber auch gleich richtig. An einer – nicht überdachten – Haltestelle, die eigentlich für den Nachtexpress gedacht ist, aber nun als Haltestelle für den sogenannten Schienenersatzverkehr herhalten muss, steht Manfred Schabowek. Der Borbecker hat einen Schirm dabei. Denn Schabowek nimmt regelmäßig ab hier die Bahn und weiß, dass es vorübergehend kein Dach für die Wartenden gibt. „Natürlich ist das ärgerlich, wenn man im Regen steht und auf den Krach am frühen Morgen könnte ich auch verzichten“, sagt er. „Aber die Arbeiten müssen halt gemacht werden. Wir sind ja froh, dass die Straßenbahn quasi direkt vor der Haustür fährt.“
Borbeck: Ruhrbahn hat frühzeitig informiert
Vor einigen Wochen, so erinnert er sich, hatte er einen Flyer der Ruhrbahn im Briefkasten, der auf die bevorstehenden Arbeiten hinwies. „Da ging es um Halteverbote und darum, dass man die Einfahrten teilweise nicht mehr richtig nutzen kann. Aber wenn man das weiß, kann man sich ja darauf einstellen“, erklärt er, klappt den Schirm zusammen und steigt in den Bus.
Nur ein paar Meter weiter laufen die Arbeiten an der Gleisanlage indes auf Hochtouren – trotz anhaltenden Regens. Bauleiter Joachim Borkowski nutzt den – überdachten – Wartebereich am Abzweig Aktienstraße als Regenschutz und wirft einen prüfenden Blick in Richtung Gleise. Hier ist Millimeterarbeit gefragt. „Morgen kommt unsere Vermessungsabteilung und misst nach, ob die Höhen und die Abstände so stimmen“, erzählt er und zeigt auf eine Markierung an der Bahnsteigkante. „121“ ist da zu lesen, und Borkowski schaut in eine seiner Listen: „Hier brauchen wir genau 1,335 Meter Abstand bis zur Gleismitte.“ Auch die Höhe ist eingetragen. „Wird schon stimmen. Die Kollegen messen morgen nochmal ganz genau.“ Einen Fehler kann man sich hier nicht erlauben: „Stellen Sie sich mal vor, wir machen am 11. August unsere Probefahrt, und die Bahn prallt gegen die Bahnsteigkante.“
Verschleiß: Essener Ruhrbahn ersetzt Gleise
Insgesamt 430 Meter Gleise werden am Abzweig Aktienstraße ausgewechselt, außerdem zwei Weichen und eine Kreuzung; ein Stück weiter unten im Bereich der Heißener Straße sind es noch einmal rund 420 Meter – jeweils in beide Richtungen, versteht sich. Die Gleise stammen aus dem Jahr 2000, und nach knapp einem Vierteljahrhundert seien sie verschlissen, erklärt Borkowski. „Weichen sind immer sehr stark beansprucht, da haben wir großen Abrieb“, so der Experte.
Regelmäßig sind Mitarbeiter einer Spezialabteilung der Ruhrbahn unterwegs, um mit ihren Messgeräten die Gleis- und Weicheninspektion durchzuführen. Je nach Ergebnis dieser Inspektion müssen Reparaturen durchgeführt werden. „Gerade im Bereich der Haltestellen, wo viel gebremst und angefahren wird, ist der Verschleiß groß“, erklärt Borkowski und erzählt von Schlepp- und anderen Weichen, von Schienen mit Rillen und ohne Rillen, von Kabeln und Sperrkreisen. Mal eben Schienen verlegen – so einfach ist die Angelegenheit halt nicht.
Schon vor einem Dreivierteljahr haben die Vorbereitungen begonnen. Pläne und Leistungsverzeichnisse wurden erstellt, Baufirmen angeschrieben, Angebote eingeholt. Ein Unternehmen habe den Zuschlag bekommen und habe diverse Subunternehmen dazu geholt: für die Verkehrssicherung, für Oberflächen- und Fräsarbeiten. Auch die Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit bei der Ruhrbahn sei früh mit im Boot gewesen: „Die haben einen Flyer gedruckt und an die Anwohner verteilt. Und wir sind persönlich zu den Firmen gegangen, die an der Frintroper Straße Lieferverkehr haben.“
Da ist beispielsweise die Autowerkstatt, die darauf angewiesen ist, dass die Kunden rein- und rausfahren können. Oder auch die Rehaklinik: „Die haben nur Elektroautos und können nicht mal eben woanders parken“, weiß Borkowski und fügt hinzu: „Bisher funktioniert aber alles.“ Bei Fragen und Problemen sollten sich Betroffene an den verantwortlichen Polier oder Schachtmeister auf der Baustelle wenden, empfiehlt das Unternehmen: „Kleinere Anliegen“ könnten auf diese Weise „oftmals unbürokratisch gelöst werden“.
Halbzeit auf der Baustelle in Essen-Borbeck
Seit dem 8. Juli laufen die Arbeiten, und sie laufen nach Plan, so der Bauleiter. „Wir hängen ein kleines bisschen in der Zeit, aber das holen wir auf. Jetzt haben wir gerade Halbzeit.“ Noch vor wenigen Tagen wurde an der Haltestelle Aktienstraße der Untergrund aus Schottersteinen verlegt, mittlerweile liegen darauf schon die Schienen. Die müssen jetzt noch in der Höhe angepasst werden, damit die Fahrgäste stufenlos ein- und aussteigen können. Auch in den Kurven werden die Schienen angepasst: Die äußere liegt etwas höher als die innere, damit sich die Straßenbahn gut in die Kurve legen kann. Dafür nutzt die Ruhrbahn gelbe Instrumente, die aussehen – und so ähnlich funktionieren – wie Wagenheber.
SEV und Umleitungen
Die Arbeiten auf der Frintroper Straße sollen bis zum 11. August abgeschlossen sein.
104: Für die Tram 104 fahren zwischen Grenze Borbeck und Abzweig Aktienstraße Busse statt Bahnen.
105: Für die Tram 105 pendeln Busse statt Bahnen zwischen Kronenberg und Unterstraße. Der Schienenersatzverkehr (SEV) fährt in Richtung Unterstraße für den gesamten Zeitraum eine Umleitung zwischen Fliegenbusch und Abzweig Aktienstraße. In Richtung Kronenberg fährt der SEV zwischen Franziskus-Haus und Abzweig Aktienstraße zeitweise eine Umleitung.
186: Die Buslinie 186 wird umgeleitet in beide Fahrtrichtungen zwischen Fliegenbusch und Terrassenfriedhof.
Der NE 9 (Mülheim) wird umgeleitet zwischen Lautstraße und Abzweig Aktienstraße.
Beim NE 11 wird umgeleitet in Fahrtrichtung Oberhausen zwischen Fliegenbusch und Abzweig Aktienstraße.
Was außerdem auffällt: Die Schienen sind unten mit einer dicken Schicht Gummi ummantelt. „Das ist hauptsächlich für die Streustrom-Isolierung“, sagt Borkowski und meint: Es verhindert die unkontrollierte Abwanderung von elektrischem Strom ins Erdreich, was erhebliche Schäden an Rohrleitungen, verlegten Kabeln und an den Gleisen verursachen könnte. Die Ummantelung sorgt außerdem dafür, dass die Vibrationen der Bahn aufgefangen und nicht direkt an die Straße und damit an die Häuser weitergegeben wird. Das Ergebnis: weniger Lärm und weniger Vibration für die Anwohner. Mittlerweile sei das seit gut zehn Jahren in Essen Standard, so die Ruhrbahn.
Erneut ist aus dem Dauernieselregen ein Wolkenbruch geworden. Borkowski schaut in Richtung Baustelle. „Die Kollegen machen jetzt erstmal Pause. Bei diesen Verhältnissen kann man ja nicht arbeiten.“ Bleibt zu hoffen, dass in der noch verbleibenden Zeit bis zum 11. August der Sommer zurückkehrt. Vor allem dann, wenn der Straßenbelag erneuert wird, ist Regen kontraproduktiv. „Wir brauchen dafür einigermaßen Trockenheit“, weiß der Fachmann, der aber optimistisch bleibt. Am Montag, 12. August, sollen die Züge wieder fahren. Klappt das? „Das klappt.“
[Essen-Newsletter hier gratis abonnieren | Folgen Sie uns auch auf Facebook, Instagram & WhatsApp | Auf einen Blick: Polizei- und Feuerwehr-Artikel + Innenstadt-Schwerpunkt + Rot-Weiss Essen + Lokalsport | Nachrichten aus: Süd + Rüttenscheid + Nord + Ost + Kettwig und Werden + Borbeck und West | Alle Artikel aus Essen]