Essen. Folkwang nimmt auf dem Weg zum „grünen Museum“ auch die Besucher mit. Wer will, kann seinen CO₂Fußabdruck nun auf freiwilliger Basis kompensieren
Das Essener Museum Folkwang macht einen weiteren Schritt in Richtung „grünes Museum“. Auch das Publikum kann dabei mithelfen, indem es seinen CO₂Fußabdruck durch den Kauf eines Klimatickets freiwillig kompensiert. Ab dem 1. Juli wird die Zusatzabgabe in Höhe von einem Euro (die Summe ist natürlich auch aufzustocken) an der Museums-Kasse und beim Kauf eines Online-Tickets angeboten. Das Geld fließt nicht in ein entlegenes Umweltprojekt irgendwo am Amazonas, sondern wird direkt vor Ort eingesetzt. Die Bonnekamp-Stiftung in Essen-Katernberg ist Partner des ungewöhnlichen Nachhaltigkeitsprojekts. Besucher können sich in den nächsten zwei Jahren vor Ort ein Bild davon machen, wie die Mittel konkret eingesetzt werden.
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Nach Ansicht von Folkwang-Chef Peter Gorschlüter ist die Einführung des Klimatickets in der bundesdeutschen Museumslandschaft bislang einmalig. Das Essener Museum festigt damit seine Vorreiterrolle in punkto Klimaschutz. Schon seit 2019 werden im Folkwang regelmäßige Klimabilanzen erhoben. Als Teilnehmer eines Pilotprojekts der Kulturstiftung des Bundes kann das Folkwang seine Bemühungen seither auf konkretes Zahlenwerk stützen. Die Umrüstung aller technischen Anlagen auf 100 Prozent erneuerbare Energien geht in Zusammenarbeit mit der Stadt Essen und der Grundstücksverwaltung Essen (GVE) seither voran. Die hauseigene Photovoltaik-Anlage wurde 2022 auf dem Museumsdach installiert. Und auf den Außenflächen wachsen insektenfreundliche Stauden. Aber man will noch mehr erreichen. Neben der Energieversorgung ist es nämlich vor allem die Besuchermobilität, die für einen hohen CO₂-Ausstoß sorgen.
Kostenfreie Workshops
Vom 6. Juli bis zum 28. September 2024 finden jeweils samstags von 14.30 – 16.30 Uhr kostenfreie Workshops zu Kunst und Nachhaltigkeit auf der Bonnekamphöhe statt.
Die Bonnekamphöhe ist in der Saison samstags jeweils von 14 – 18 Uhr für alle Interessierten bei freiem Eintritt geöffnet und lädt dazu ein, den Naturgarten zu erkunden.
Neben Obst- und Gemüseverkauf aus eigenem Anbau bietet die Bonnekamp Stiftung samstags den Besuchern auch ein gastronomisches Angebot.
Folkwang-Besucher legen durchschnittlich 148 Kilometer für An- und Abreise zurück
Eine Studie in Zusammenarbeit mit der Macromedia Hochschule Köln hat im vergangenen Jahr erstaunliche Zahlen zutage gefördert. So legt der Folkwang-Besucher durchschnittlich 148 Kilometer für An- und Abreise zurück. Eine Zahl, die das überregionale Interesse an der Folkwang-Kunst belegt, gleichzeitig aber auch die Treibhausgas-Emissionen in die Höhe treibt. Unterm Strich ergebe das 15,5 Kilo CO₂ pro Besuch, so Gorschlüter. Was nach der offiziellen CO₂-Bepreisung der Bundesregierung in etwa 85 Cent entspricht. Mit dem Klimaticket soll dies nun auf freiwilliger Basis kompensiert werden. Die Bereitschaft der Besucher wird als durchaus hoch eingeschätzt, zumal der Eintritt in die Sammlung des Hauses seit mehreren Jahren ja schon gänzlich frei ist.
„Wir wollen den Besuchern nicht vorschreiben, wie sie zum Museum kommen, aber wir können Anreize schaffen“
„Wir wollen den Besuchern natürlich nicht vorschreiben, wie sie zum Museum kommen, aber wir können Anreize schaffen“, sagt Peter Gorschlüter. Das Klimaticket sei dabei eine Zusatzoption, wie sie beispielsweise auch beim Kauf von Flugtickets auf freiwilliger Basis angeboten würde. Das Geld solle aber nicht in den Erwerb von internationalen Emissionszertifikaten fließen, deren konkrete Verwendung man kaum nachhalten könne. „Wir wollen ein lokales Projekt unterstützen, das man erleben und erfahren kann“, sagt der Folkwang-Chef.
Die Anlage der Bonnekamp-Stiftung im Essener Norden gilt dabei als interessanter Partner. Nicht nur das Thema Ökologie wird hier auf einem knapp drei Hektar großen Grundstück auf anschauliche Weise behandelt. Auch die Förderung von Integration und Bildung gehört zum Programm der Stiftung, die 2011 als Modellprojekt für integrative urbane Landwirtschaft an den Start gegangen ist und den Menschen in der Nachbarschaft seither am Wochenende für Gartenbesuche, aber auch für Workshops oder ganz einfach für den Kauf von heimischem Obst und Gemüsepflanzen offen steht.
In Kooperation mit dem Museum Folkwang kommen nun weitere Angebote hinzu. So wird es von Anfang Juli bis Ende September jeweils samstags kostenfreie Workshops zu Kunst und Nachhaltigkeit geben. Kinder können unter Anleitung beispielsweise abstrakte Gemälde von Marc Rothko oder Josef Albers als Blumenbeete nachpflanzen, berichtet Museumsmitarbeiterin Annika Schank. Auch das Malen mit Pflanzenfarben ist geplant und generell „naturnahe Erfahrungen“ sammeln - inklusive Bienensummen und Hähne krähen hören.
„Für uns ist das eine irre Chance“, freut sich Stiftungsgründer Hubertus Ahlers, der das einst landwirtschaftlich genutzte Areal auf der Bonnekamphöhe vor Jahren entdeckt und zum Naturgarten umfunktioniert hat. Heute haben sich auf dem Gelände Hunderte von heimischen Tier- und Pflanzenarten angesiedelt. Es gibt einen Froschteich, eine „Wildblumenwiese“ und den „Pfad der verbotenen Früchte“ in Sichtweite zum Welterbe Zollverein. Bewirtschaftet wird die Fläche von knapp einem Dutzend Helfer, ohne den Einsatz von Chemie und Maschinen, aber mit viel ehrenamtlichen Einsatz, der durch die Klimaticket-Mittel nun Unterstützung bekommt. „Jetzt können wir daraus ein kleines Paradies machen“, freut sich Ahlers.
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