Essen-Rüttenscheid. Anwohner in Rüttenscheid befürchten, die Proteste könnten eskalieren: „Ich habe schon ein bisschen Sorge, dass es zu Gewalttaten kommt.“
Die Vorkehrungen für den AfD-Parteitag am 29. und 30. Juni sind an diesem Wochenende bereits im vollen Gange. Laut dem aktuellen Stand bereitet sich die Stadt auf mehr als 20.000 Demonstranten und 18 angemeldete Protestaktionen vor. Über 40 Straßen sollen gesperrt werden – darunter auch Alfredstraße und Rü. Währenddessen wächst die Sorge unter den Anwohner in Rüttenscheid, die das Geschehen am kommenden Wochenende hautnah miterleben werden.
Unter den Betroffenen ist auch der 60-jährige Andreas. Der Rüttenscheider befürchtet gewalttätige Auseinandersetzungen unter den Demonstranten. „Ich kann die Entscheidung des Gerichts, den AfD-Parteitag hier in Essen stattfinden zu lassen, wirklich nicht verstehen. Das ist keine gute Werbung für Essen und ein großes Risiko für uns alle.“
Stadt Essen verlor vor Gericht gegen die AfD
Die Stadt Essen hatte versucht, den AfD-Parteitag in der Grugahalle noch zu verhindern, die Messe hatte ihr den Vertrag gekündigt. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen entschied aber, dass das nicht rechtens war. Die Stadt beugte sich dem Urteil und ging nicht in die nächste Instanz.
Frank, der seine Lebenspartnerin in Rüttenscheid besucht, ist bestürzt darüber, dass die Stadt den Gerichtsbeschluss akzeptiert hat: „Ich habe einen richtigen Hals. Das alles passiert ja nur, weil Essen sich nicht gegen den AfD-Parteitag durchsetzen konnte. Ich habe große Bauchschmerzen, wenn ich daran denke, was uns nächste Woche erwartet.“
Maßnahmen wegen AfD-Parteitages: Anwohner haben Verständnis, sind aber auch genervt
Seine Lebenspartnerin Rafaela sieht die Situation hingegen etwas entspannter – auch wenn sie mitten im Hotspot der geplanten Demozüge wohnt. „In meinem Umfeld haben mir schon mehrere Menschen empfohlen, dass ich unbedingt mein Auto umparken soll. Ich glaube aber eigentlich, dass das gar nicht nötig sein wird.“ Auch wenn sie die Vorsichtsmaßnahmen der Stadt Essen für vernünftig hält, sind die bevorstehenden Einschränkungen für sie störend. „Frank und ich gehen regelmäßig in ein Fitnesscenter an der Gruga. Natürlich bleibt das von Freitag bis Sonntag geschlossen. Es ist sehr nervig, dass wir deshalb auf Sport verzichten müssen.“
Die zu erwartenden Maßnahmen machen auch Martina (63) und Christa (63) zu schaffen. Die beiden Frauen wohnen mitten in Rüttenscheid. „Leider wird Christas Mutter beerdigt. Sonst hätten wir erst gar nicht das Haus verlassen oder wären frühzeitig verreist“, erzählt Christel. Trotzdem habe sie großes Verständnis für die geplanten Einschränkungen - Vorsicht sei hier besser als Nachsicht. „Wir sind froh, dass alles so gut kontrolliert wird. Uns ist sehr mulmig zumute, wenn wir daran denken, dass tausende Menschen kommen werden. Wo sollen die alle hin? Das kann doch nur problematisch werden!“, fügt Martina hinzu.
AfD-Parteitag in Essen:
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Essener: „Hoffentlich hat die Polizei genug Personal“
Ähnlich denken auch Andreas (40) und Katja (40) über das bevorstehende Wochenende. „Ich mache mir große Gedanken darüber, ob unsere Familie überhaupt rausgehen kann. Und natürlich auch, wo wir unser Auto hinstellen sollen. Wir haben keine Garage und ich frage mich, ob es sicher ist, das Auto draußen stehenzulassen“, sagt Katja. Auch Andreas mache sich Sorgen darüber, dass die Lage aus dem Ruder laufen könnte. „Hoffentlich hat die Polizei genug Personal und ist sich darüber im Klaren, was alles passieren kann“, fügt er hinzu. Aktuell überlege das Pärchen noch, die Stadt mit ihrer Tochter für ein paar Tage zu verlassen.
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Während die einen der Situation entfliehen wollen, begeben sich andere mitten hinein. Darunter Anwohner Frank, der an den geplanten Demonstrationen gegen die AfD teilnehmen wird. Angst vor einer Eskalation habe der 54-Jährige trotzdem. „Ich habe schon ein bisschen Sorge, dass Linksradikale dabei sind und es zu Gewalttaten kommt“, sagt er.
AfD-Parteitag in Essen: Sorge für Szenen wie beim G20-Gipfel
Seine Partnerin Christel (55) findet ebenfalls, man solle demonstrieren, auch sie sieht aber die mögliche Gefahr. „Ich erinnere mich an die Bilder vom G20-Gipfel 2017“, sagt sie. In Hamburg kam es damals bei Demonstrationen von linken Gruppierungen zu gewalttätigen Ausschreitungen - unter anderem mit Flaschen und Feuerwerkskörpern. Hunderte Personen wurden dabei verletzt. „Man kann einfach nur hoffen, dass es hier in Essen nicht so weit kommt.“
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