Essen. In Essen musste ein Hochhaus geräumt werden. Das erinnert daran, wie labil der Essener Boden ist. Der Hohlraum soll mit Beton verfüllt werden.

Wer heute den Essener Osten sieht, kann sich kaum vorstellen, dass auch diese Gegend über Jahrhunderte Zechenland war. Schächte und Stollenteile, die entweder, wie jetzt im Stadtteil Freisenbruch, überraschend gefunden werden oder plötzlich nachgeben, erinnern daran, dass der Untergrund durchlöchert ist wie Schweizer Käse. Die Hohlräume sind zudem oft sehr bodennah, denn anders als in der Emscherzone, spielte sich der Bergbau in den ruhrnahen Regionen in nicht zu großer Tiefe ab.

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Die Bezirksregierung Arnsberg ist auch in Essen für die Überwachung der Bergbau-Spätfolgen zuständig. Nach Angaben von Stadtsprecherin Silke Lenz überprüfen die Mitarbeiter auch im Raum Freisenbruch routinemäßig in regelmäßigen Abständen die alten Hinterlassenschaften des Bergbaus - soweit diese bekannt sind, muss man einschränkend hinzufügen.

Bergbau in Essen-Freisenbruch begann 1725 - Dokumentationspflicht war früher kaum gegeben

Auf Schächten gebaut: Dieses Gebäude im Essener Stadtteil Freisenbruch musste am Freitagabend (21.6.) evakuiert werden.
Auf Schächten gebaut: Dieses Gebäude im Essener Stadtteil Freisenbruch musste am Freitagabend (21.6.) evakuiert werden. © WTVnews | WTVnews

Der Steinkohleabbau im Raum Freisenbruch begann bereits um das Jahr 1725 herum und endete genau 200 Jahre später, also vor rund hundert Jahren. In den alten Zeiten war die Dokumentation natürlich bei weitem nicht so umfassend wie es später Pflicht war. Mit Überraschungen ist also immer zu rechnen, alle Ruhrstädte haben damit zu kämpfen. Mitunter tun sich über Nacht wie vor vielen Jahren in Bochum-Wattenscheid riesige Löcher auf, im Kleinen gibt der Boden fast routinemäßig immer mal nach, etwa in Essen an der Ruhrallee. Dass ein ganzes Wohnhochhaus in Gefahr gerät, dürfte aber bislang einmalig sein.

Eine alte kolorierte Postkarte der Zeche „Eintracht Tiefbau“, die bis 1925 auch zwei Schächte auf Freisenbrucher Gemeindegebiet betrieb. Gut möglich, dass der gefundene Hohlraum mit dem Betrieb dieser Zechen zusammenhängt.
Eine alte kolorierte Postkarte der Zeche „Eintracht Tiefbau“, die bis 1925 auch zwei Schächte auf Freisenbrucher Gemeindegebiet betrieb. Gut möglich, dass der gefundene Hohlraum mit dem Betrieb dieser Zechen zusammenhängt.

Schon seit Beginn dieser Woche (17.6.) seien die Mitarbeiter in der Nähe des betroffenen Gebäudes tätig gewesen, hätten Probebohrungen unternommen, was den Bewohnern natürlich nicht entging, berichtet Silke Lenz. Wohl niemand hatte aber zu diesem Zeitpunkt damit gerechnet, dass dies dazu führen würde, ein ganzes Hochhaus für unbewohnbar zu erklären. Doch genauso kam es.

Stollen soll verfüllt werden, was laut Stadt aber einige Wochen dauern wird

„Am Freitag fiel ein Hohlraum auf“, so Lenz. Schnell kam der Verdacht auf, dass er das Tragwerk des Hauses, quasi die tragenden Säulen unterminiert haben könnte, was theoretisch Einsturzgefahr bedeutet. Ein Risiko, mit dem das Gebäude - unerkannt - vermutlich schon sehr lange lebt, das nach der plötzlichen Entdeckung aber dann niemand tragen wollte. Also wurde behördlich die nächtliche Räumung angeordnet. Etliche der betroffenen Anwohner empfinden dies mit einigem Recht als übertrieben, doch so funktionieren Behörden nun einmal - bei den Blindgängerfunden erlebt Essen ähnliches Dutzende Mal pro Jahr.

Wie geht es nun technisch weiter? Laut Silke Lenz steht derzeit nicht zu befürchten, dass das Gebäude abgerissen werden muss. „Die Debatte wird dahingehend geführt, den Hohlraum mit Beton zu verfüllen.“ Dies erfordere aber eine umfassende Vorbereitung, Lenz rechnet damit, dass die Bewohner frühestens in einigen Wochen zurück in ihre Wohnungen dürfen. Bis dahin fasse es die Stadtverwaltung als ihre Aufgabe, notfalls die Unterbringung sicherzustellen, wenn nicht Freunde oder Verwandte einspringen.

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Essener Hochhaus evakuiert: Bergbaustollen instabil

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Die Bewohner eines Essener Hochhauses haben am späten Freitagabend (21.6.) das Gebäude verlassen müssen, wann und ob sie wieder in ihre Wohnungen zurückkehren können, ist noch völlig unklar. © 21962023WTVnews_Essen_Hochhaus evakuiert | 21962023WTVnews_Essen_Hochhaus evakuiert
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Der Grund für die Evakuierung: Bei Untersuchungsarbeiten der Bezirksregierung Arnsberg war nach Angaben der Essener Feuerwehr unter dem achtgeschossigen Wohnhaus am Spervogelweg im Stadtteil Freisenbruch eine Öffnung gefunden worden, vermutlich in einem eigentlich verfüllten Belüftungsstollen.  © 21962023WTVnews_Essen_Hochhaus evakuiert | 21962023WTVnews_Essen_Hochhaus evakuiert
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Bei den Maßnahmen vor Ort wurde laut Feuerwehr festgestellt, dass es offenbar Erdrutsche unterhalb des Fundaments des Gebäudes mit den Hausnummern 26 und 28 gegeben hatte und die Verfüllung des Stollens nicht mehr so war, wie sie sein sollte.  © 21962023WTVnews_Essen_Hochhaus evakuiert | 21962023WTVnews_Essen_Hochhaus evakuiert
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„Die Tragfähigkeit war nicht mehr gewährleistet“, sagt Stadtsprecherin Silke Lenz am Samstagmorgen, die Bauordnung sei vor Ort gewesen. © 21962023WTVnews_Essen_Hochhaus evakuiert | 21962023WTVnews_Essen_Hochhaus evakuiert
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„Die Tragfähigkeit war nicht mehr gewährleistet“, sagt Stadtsprecherin Silke Lenz am Samstagmorgen, die Bauordnung sei vor Ort gewesen. Gemeinsam entscheiden die Verantwortlichen von Bezirksregierung, Stadt und der Eigentümer, das Gebäude noch am selben Abend zu evakuieren. Beraten worden seien sie vor Ort ebenfalls von einem Statiker, berichtet Feuerwehrsprecher Nico Blum im Gespräch mit unserer Redaktion. © 21962023WTVnews_Essen_Hochhaus evakuiert | 21962023WTVnews_Essen_Hochhaus evakuiert
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Laut Melderegister leben in dem Hochhaus 83 Personen, alle mussten nach der Entscheidung gegen 22 Uhr aus ihren Wohnungen raus. © 21962023WTVnews_Essen_Hochhaus evakuiert | 21962023WTVnews_Essen_Hochhaus evakuiert
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Um 23 Uhr wurde die Evakuierung offiziell gestartet, beendet war sie laut Stadtsprecherin Lenz um 2 Uhr erst mitten in der Nacht: „Nicht alle wollten ihre Wohnungen freiwillig verlassen.“  © 21962023WTVnews_Essen_Hochhaus evakuiert | 21962023WTVnews_Essen_Hochhaus evakuiert
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Lenz spricht von einer „langjährigen Bewohnerstruktur“ in dem Hochhaus im Spervogelweg. © 21962023WTVnews_Essen_Hochhaus evakuiert | 21962023WTVnews_Essen_Hochhaus evakuiert
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30 der Bewohnerinnen und Bewohner sind laut Feuerwehr in zwei Notunterkünfte gebracht worden. © 21962023WTVnews_Essen_Hochhaus evakuiert | 21962023WTVnews_Essen_Hochhaus evakuiert
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Wichtig ist Stadtsprecherin Silke Lenz zu betonen, dass die meisten bei Freunden und Verwandten unterkommen konnten. © 21962023WTVnews_Essen_Hochhaus evakuiert | 21962023WTVnews_Essen_Hochhaus evakuiert
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Zur generellen Situation der Bewohner sagt sie: „Für die Leute ist das schlimm.“  © 21962023WTVnews_Essen_Hochhaus evakuiert | 21962023WTVnews_Essen_Hochhaus evakuiert
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Im Zusammenhang mit der Evakuierung habe es insgesamt rund zehn Krankentransportfahrten gegeben, die Ruhrbahn stellte einen Bus zur Verfügung, so Feuerwehrsprecher Nico Blum.  © 21962023WTVnews_Essen_Hochhaus evakuiert | 21962023WTVnews_Essen_Hochhaus evakuiert
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80 Bewohner eines Essener Hochhauses am Spervogelweg mussten am Freitag ihre Wohnungen verlassen. Die Standsicherheit war nicht gewährleistet. © 21962023WTVnews_Essen_Hochhaus evakuiert | 21962023WTVnews_Essen_Hochhaus evakuiert
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80 Bewohner eines Essener Hochhauses am Spervogelweg mussten am Freitag ihre Wohnungen verlassen. Die Standsicherheit war nicht gewährleistet. © 21962023WTVnews_Essen_Hochhaus evakuiert | 21962023WTVnews_Essen_Hochhaus evakuiert
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80 Bewohner eines Essener Hochhauses am Spervogelweg mussten am Freitag ihre Wohnungen verlassen. Die Standsicherheit war nicht gewährleistet. © 21962023WTVnews_Essen_Hochhaus evakuiert | 21962023WTVnews_Essen_Hochhaus evakuiert
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80 Bewohner eines Essener Hochhauses am Spervogelweg mussten am Freitag ihre Wohnungen verlassen. Die Standsicherheit war nicht gewährleistet. © 21962023WTVnews_Essen_Hochhaus evakuiert | 21962023WTVnews_Essen_Hochhaus evakuiert
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80 Bewohner eines Essener Hochhauses am Spervogelweg mussten am Freitag ihre Wohnungen verlassen. Die Standsicherheit war nicht gewährleistet. © 21962023WTVnews_Essen_Hochhaus evakuiert | 21962023WTVnews_Essen_Hochhaus evakuiert
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