Essen-Rüttenscheid. Auf Instagram und darüber hinaus ist der Essener Taxifahrer Mustafa Celik eine Bekanntheit. Einmal fuhr er seine Kunden sogar bis nach Paris.

Mustafa Celik öffnet die Mittelkonsole seines Toyota Lexus. „Tic Tac?“ Die kleinen Dragées hat er in zwei Varianten dabei: klassisch mit Minze und den „Fruity Mix“. Daneben liegt immer ein Parfümflacon griffbereit, meistens „Acqua di Gio“ von Armani. Dient das nur der Eigenversorgung oder dürfen die Fahrgäste auch mal sprühen, wenn sie vergessen haben, Parfüm aufzutragen? „Auch das“, sagt Taxifahrer Celik, den alle nur „Musti“ nennen. Kümmerer und Kummerkasten sein, Freund und Zuhörer: Für den Inhaber des Unternehmens Taxi Specht mit Sitz an der Rüttenscheider Witteringstraße gehört das zum Beruf dazu.

Celik hat die Taxizentrale Specht 2016 aus der Insolvenz seiner Vorgänger übernommen. Über 25 Jahre ist er schon als Taxifahrer in Essen unterwegs. Inzwischen kennen den 48-jährigen Familienvater viele, weil er regelmäßig Essener Promis wie Sternekoch Nelson Müller, Profiboxer Patrick Korte und allen voran die Spieler von Rot-Weiss Essen kutschiert. Noch bevor die Tour beginnt, kommt ein anderer Taxifahrer vorbei, lässt das Fenster herunter und ruft begeistert: „Musti!“

RWE-Spieler steigen regelmäßig bei Taxi Specht ein

Wir haben uns zu einer Probefahrt verabredet und steigen an der Rüttenscheider Straße ein. Bevor es losgeht, zeigt uns Celik Bilder von prominenten Fahrgästen. Auf seinem Instagram-Account sieht man ihn mit dem US-amerikanischen Duo „The Weather Girls“, mit Rapper Manuellsen und FC-Bayern-München-Boss Jan-Christian Dreesen, mit Fußball-Legende Otto Rehhagel und Schauspieler Til Schweiger. „Ich werde oft gefragt, wie es kommt, dass ich immer die ganzen Promis fahre“, sagt Celik. „Ganz ehrlich: Ich finde nicht die, die finden mich.“ Mund-zu-Mund-Propaganda sei das.

In gemächlichem Tempo machen wir uns auf den Weg zum Stadion an der Hafenstraße. Rot-Weiss Essen spielt für den Taxifahrer eine ganz besondere Rolle. Vor einigen Jahren habe er zum ersten Mal zufällig zwei Spieler aus der Kneipe „Früher oder später“ abgeholt, berichtet er. Und dann habe sich das Ganze irgendwie verselbstständigt. Wir erinnern uns: Mund-zu-Mund-Propaganda. Heute fahre er die Profis regelmäßig, treffe sich mit ihnen auch zum Essen, besitze Trikots von nahezu jedem Mitglied der Mannschaft und sei bei jedem Heimspiel dabei. Lediglich zu allen Auswärtsspielen zu fahren, „das schaffe ich einfach nicht“, sagt Celik. Denn es sei schließlich immer viel zu tun.

Redakteurin Katrin Böcker steigt ins Taxi von Mustafa Celik. Bei der Probefahrt geht es zum Essener Stadion an der Hafenstraße.
Redakteurin Katrin Böcker steigt ins Taxi von Mustafa Celik. Bei der Probefahrt geht es zum Essener Stadion an der Hafenstraße. © FUNKE Foto Services | Vladimir Wegener

Für seinen Kunden hört der Essener Taxifahrer auch „Hells Bells“

Die Rüttenscheider Straße möge er besonders gerne, erzählt Celik. Währenddessen steuert er das Auto über die weniger schicke Schwester der Rü, die Alfredstraße. In Rüttenscheid befinde sich schließlich seine Zentrale. Weniger gerne fahre er über die Altendorfer und Altenessener Straße: „Da ist immer viel Verkehr, du wartest ständig.“ In seinem Job sei es wichtig, mit Herz und Seele dabei zu sein, plaudert Celik weiter. Durchs Taxifahren lerne er immer wieder neue Leute kennen: „Ich kenne halb Essen.“ Nicht nur Promis, sondern auch Gastronomen und Handwerker stiegen bei ihm ein.

Der Kunde ist König bei Taxi Specht. Celik quatscht gerne mit seinen Fahrgästen. Doch wenn sich jemand nicht unterhalten wolle, dann merke er das sofort. Und dann sei er auch still. Die Musik werde ebenfalls an den Fahrgast angepasst, man könne Wünsche abgeben. Bei unserer Probefahrt reicht das Radio, auf der Einflugschneise zum Stadion dreht Celik einen Remix von Michael Jacksons „Thriller“ lauter. Ein Kunde wolle immer „Hells Bells“ hören, berichtet der Taxiunternehmer. Den Song höre er selbst nicht besonders gerne, doch er passe sich an.

„Taxi nach Paris“: Mit Taxi Specht wurde der Song Realität

All die negativen Klassiker der Taxi-Welt hat Celik selbstredend auch schon durchlebt, inklusive Übergeben im Taxi und abhauen, ohne zu bezahlen. Inzwischen lehne er auch Fahrten ab, sagt der 48-Jährige. Zum Beispiel, wenn er merke, dass der Fahrgast aggressiv, betrunken, kurz vorm Brechen oder alles gleichzeitig sei. „Ich wollte selbst immer Fußballer werden“, erzählt er im gleichen Atemzug, bevor er beginnt, über verschiedene Stürmertypen zu philosophieren und zu betonen, dass RWE-Trainer Christoph Dabrowski wirklich ein „super Typ“ sei. Die Spieler, auch „alle sympathisch, alle nett“. Unangenehmes Schweigen gibt es nicht bei Taxi Specht.

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Celiks außergewöhnlichster Taxi-Moment liegt schon einige Jahre zurück. Es war kurz vor Feierabend, als er eine junge Frau vor einer Kneipe abholte. „Sie fing an, dieses Lied zu singen: ‚Taxi nach Paris‘“, erinnert er sich. „Würdest du mich bis nach Paris fahren?“, habe die Frau gefragt – und er habe im Scherz entgegnet: „Ich bin froh, wenn du die Fahrt nach Borbeck bezahlen kannst.“ Doch sie habe es ernst gemeint.

Essener Taxifahrer steht Uber sehr kritisch gegenüber

„Warte 15 Minuten“, habe die Frau ihn vor der Haustür gebeten. Wenig später sei sie mit ihrem Freund und einem kleinen Trolley im Gepäck zurückgekommen. Und dann sei es nach Paris gegangen. Vier, fünf Stunden hätten sie in der französischen Hauptstadt verbracht, gemeinsam gegessen und den Eiffelturm besucht, dann seien sie wieder zurück nach Essen gefahren. Alles für einen Festpreis von 1200 Euro. Wobei er eigentlich kein Freund von Festpreisen sei, wie sie zum Beispiel Uber anbietet.

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Überhaupt, müsste man Uber eigentlich in Essen verbieten, so Celiks Meinung. Der Konkurrent, dessen Wagen oft aus Düsseldorf kommen, halte sich nicht an Regeln und zerstöre das Taxi-Geschäft mit Dumping-Preisen. Wenn er über dieses Thema spricht, wird Celik wütend und nachdenklich. Er sei sich nicht sicher, wie es mit der Taxi-Branche weitergehe. Manchmal überlege er, etwas anderes zu machen. Doch dann setzt er wieder ein Lächeln auf.

Natürlich habe er auch mal einen schlechten Tag, sei manchmal einfach platt. „Musti, ist was passiert?“, fragten die Fahrgäste dann sofort. Niedergeschlagenheit kennen sie nicht von ihm. Meist überspiele er die schlechte Laune. „Ein bisschen Spaß muss immer sein.“

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