Essen. Die 40-jährige Gesamtschul-Lehrerin aus Rüttenscheid bekam einstimmig den Vorzug vor Mitbewerber Michael Schwamborn (62) aus Karnap.

Kern kontra Kufen – dieses Duell um den Essener Oberbürgermeister-Posten ging für die örtlichen Sozialdemokraten vor vier Jahren gründlich schief, der amtierende OB setzte sich gleich im ersten Wahlgang mit 54,3 zu 20,3 Prozent durch. Am Montagabend nun stellte der SPD-Vorstand die Weichen für einen neuen Anlauf, um dem 50-jährigen Christdemokraten den Posten diesmal für seine dritte Amtszeit streitig zu machen. Die neue Formel lautet: Kufen kontra Klewin.

Julia Klewin also: Die 40-jährige Gesamtschul-Lehrerin und Ratsfrau aus Rüttenscheid setzte sich erwartungsgemäß klar gegen den bislang einzigen Mitbewerber, den 62-jährigen Karnaper Ratsherrn Michael Schwamborn, durch. Klewin erhielt die Stimmen aller 15 anwesenden Vorstandsmitglieder der SPD, die nach einem beispiellosen Mitgliederverlust in Essen stadtweit derzeit noch etwa 2800 Mitglieder zählt.

Klewin sieht sich als echten „Gegenentwurf“ zu Kufen – anders als Oliver Kern vor vier Jahren

Klewin ist erst seit 2005 Mitglied der SPD, erst seit 2014 Essenerin, erst seit 2020 in der hiesigen Ratspolitik aktiv – und gilt den Genossen dennoch oder vielleicht gerade deshalb als Herausforderin mit Chancen: „Weiblich, jünger, progressiver, mit einer anderen Kommunikation“ – als echten „Gegenentwurf“ sieht sie sich, anders als Oliver Kern damals, der „oberflächlich betrachtet“ für manchen dem Oberbürgermeister Thomas Kufen vielleicht doch zu ähnlich im Profil gewesen sei.

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Der Versuch jedenfalls, mit Kern für das OB-Amt und nicht zuletzt auch für die SPD zu punkten, wo dieser doch „die perfekte sozialdemokratische Geschichte“ (O-Ton Klewin) repräsentierte, weil sich in seiner Person das Aufstiegsversprechen der SPD widerspiegele – dieser Versuch endete in einem Abstimmungs-Desaster. Auch vor diesem Hintergrund zeigen sich die Sozialdemokraten nun experimentierfreudig, hoffen auf „frische Ideen, neue Konzepte und pointierte Wortmeldungen – das ist ausdrücklich gewollt“, betonte der SPD-Vorsitzende Frank Müller am Montagabend.

Ein Wahlabend zum Vergessen für den damaligen OB-Kandidaten Oliver Kern (mit Maske) und die Essener SPD: Es gab keine Stichwahl, und die Genossen kamen 2020 nicht einmal auf ein Viertel der Stimmen.
Ein Wahlabend zum Vergessen für den damaligen OB-Kandidaten Oliver Kern (mit Maske) und die Essener SPD: Es gab keine Stichwahl, und die Genossen kamen 2020 nicht einmal auf ein Viertel der Stimmen. © FUNKE Foto Services | Kerstin Kokoska

Er verbindet Klewins Kandidatur mit Kritik an Kufen: Dieser habe die dritte Etage im Ratstrakt, wo der OB und sein Team arbeiten, „in einen Schlafwagen verwandelt“. Der OB, spottet Müller, „stößt an seine Grenzen, weiße Salbe auf viele Probleme dieser Stadt zu kleistern“. Ingo Vogel haut in die gleiche Kerbe: „Was Schwarz-Grün abliefert, ist zu wenig“, mahnt der Chef der SPD-Ratsfraktion, Essen werde „runterverwaltet“, und dieser Befund biete Chancen für einen Wahlsieg Klewins und der SPD 2025: Man wolle die Wahl gewinnen, betont Müller, „nicht nur ein achtbares Ergebnis erzielen“.

So oder so: Das dauert. Klewins Empfehlung soll am 23. Mai vom Parteitag bestätigt werden, die eigentliche Nominierung erfolgt jedoch erst 2025. Theoretisch kann bis dahin SPD-intern jederzeit eine neue Kandidatur angemeldet werden. Chancen werden einem solchen „Quereinstieg“ aber nicht eingeräumt.

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