Emmerich. Stadtwerke-Chef Udo Jessner setzt noch viele Fragezeichen bei der Umsetzung der E-Mobilität. Noch hapert es an vielen Stellen im System.
Immer schneller und umfangreicher sollen die Klimaschutzmaßnahmen in Deutschland nun greifen. Die Bundesregierung überschlägt sich nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts mit immer neuen Vorschlägen: Bis 2045 soll die Wirtschaft klimaneutral sein, der CO2-Preis soll von 25 auf 45 Euro im nächsten Jahr steigen. Die CO2-Emissionen sollen 2030 nur noch 35 Prozent des Niveaus von 1990 haben. Die großen Autobauer in Deutschland ziehen jetzt mit und sagen: Jawohl, wir stellen zügig auf E-Autos um. Ab 2030 gibt es keine neuen Verbrennungsmotoren mehr. Doch was heißt diese Entwicklung für die kommunale Ebene? Was müssen wir tun, damit in Emmerich bald deutlich mehr Elektroautos fahren können? Ein Gespräch mit Stadtwerke-Chef Udo Jessner.
Vorhandene Ladesäulen werden noch kaum genutzt
Noch sieht Jessner keinen enormen Handlungsdruck, um in Sachen E-Mobilität das ganz große Rad zu schwingen. Was die Ladeinfrastruktur betrifft, sei Emmerich angemessen ausgestattet. Mit Zahlen kann er belegen, dass die vorhandenen Ladesäulen noch bei weitem nicht voll genutzt werden. Und auch die Installation der Wallboxen für zu Hause sei noch überschaubar: In Emmerich wurden 46 Ladeboxen für die heimische Steckdose angemeldet.
Lohnt sich der Ausbau der Ladesäulen-Infrastruktur überhaupt?
Natürlich weiß Jessner, dass sich diese Bild bereits in absehbarer Zeit ändert wird, aber als Geschäftsführer eines Unternehmens tut er sich schwer, jetzt große Investitionen anzuschieben. Denn noch wisse niemand, wohin die Reise genau hingeht. Die jetzt vorhandenen Ladesäulen kosten 10.000 Euro pro Stück und ließen sich auch in zehn Jahren nicht rentabel bewirtschaften. „Und wir wissen überhaupt nicht, ob wir in zehn Jahren noch diese Form der Technik haben werden.“ Wie hoch wird die Nachfrage tatsächlich sein? Werden sich viele Menschen überhaupt ein E-Auto leisten können und welche Infrastruktur muss man dafür vorhalten? Wird es künftig an Tankstellen Wechselbatterien geben, wie man dies schon in China beobachten kann? Fragen über Fragen, die Jessner jetzt noch nicht beantworten kann: „Bislang ist noch nichts richtig entwickelt. Der Markt wird diese Fragen letztlich klären“.
Engagierte Ziele und holprige Umsetzungsideen
Wenn der Stadtwerke-Chef in diesen Tagen die Tageszeitungen liest, dann kann er die darin geforderten CO2-Ziele kaum in Einklang mit der Wirklichkeit bringen: „Es bringt nichts, immer neue Ziele zu formulieren, wenn man sich nicht Gedanken darüber macht, wie man diese realisieren soll.“ An zu vielen Stellen hapert es noch. Die Umsetzung der E-Mobilität werde „sich schon irgendwie ruckeln. Aber es wird ruckeln“, sagt Jessner.
Dies beginne schon beim Ausbau der Netze. Die heutigen Netze seien für den massiven Gebrauch von E-Autos gar nicht ausgelegt. In einer Wohnsiedlung geht man davon aus, dass maximal zwei bis fünf KW gleichzeitig genutzt werden: „Ein Elektroauto benötigt aber elf KW“, sagt Jessner. Wenn also mehrere E-Autos zu Hause aufgeladen werden, könnte in der Siedlung schnell das Licht ausgehen.
Ideale Kombination: E-Auto und Photovoltaikanlage
Idealerweise kombiniert man ein E-Auto mit einer eigenen Photovoltaikanlage. Dies entlastet die örtlichen Netze und ist auch für den Eigentümer sehr kostengünstig. Nach heutigen Preisen kann man sein Auto dann für sieben Cent je Kilowattstunde tanken. Aber was ist mit all den Menschen, die zur Miete wohnen oder wo keine PV-Anlage möglich ist? Können die künftig kein Auto mehr fahren? „Was wir brauchen, ist ein Ausbau der Netze und was wir noch mehr brauchen, ist der Aufbau intelligenter Netze“, sagt Jessner.
Der Einbau intelligenter Stromzähler hakt bis heute
Aber gerade da hakt es. Eigentlich hätten die Stadtwerke schon seit 2018 mit dem Einbau von intelligenten Stromzählern beschäftigt sein sollen. Bis heute gibt es aber noch keine zertifizierten Zähler auf dem Markt, die Zulassung ist nicht geregelt. Auch der Ausbau des Stromnetzes wird nicht schnell erfolgen können: „Wir sind nicht in der Lage auf Anhieb dickere Kabel in den Boden zu legen“, so Jessner. Insgesamt lägen die Probleme aber nicht bei „phlegmatischen Stadtwerken“, sondern bei den behördlichen Zulassungsstellen.
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Das Thema Wasserstoff wird von vielen als Zukunftstechnologie angesehen. Udo Jessner kann sich allerdings nur schwerlich Wasserstoffautos vorstellen, da der Energieverbrauch für die Herstellung von Wasserstoff so hoch sei. „Das ist eher etwas für den Schwerlastverkehr.“
Der Einbau einer Wallbox für das Aufladen von E-Autos kann sehr unterschiedlich teuer sein. Unter 2000 Euro sei ein Einbau erfahrungsgemäß kaum zu haben. Meist müssten Starkstromkabel von der Stromkasten bis in die Garage gelegt werden. Allerdings gibt es für den Einbau Fördergelder.
In Planung befinden sich elf neue E-Ladesäulen in Vrasselt (Dorfplatz), Dornick (Dorfplatz), Praest (Volksbank), Hüthum (Dorfplatz), Bahnhof, Tourist-Info Elten und bei Essity.
Vorhanden sind bereits Ladesäulen am Geistmarkt, in der Gaemsgasse, an der Wassenbergstraße, Nollenburger Weg, Eltener Markt, an der Tackenweide (Katjes) und bei Biotec.