Kreis Kleve. Nach einem Brief der Landrätin hatten viele Senioren der Jahrgänge 1944 und 1945 vergeblich versucht, einen Impftermin zu ergattern.

Die Ankündigung der Landrätin war vielversprechend: Mitte April erhielten die Bürger der Jahrgänge 1944 und 1945 ein Schreiben von Silke Gorißen, in dem sie freudig mitteilte, dass diese Personengruppen aufgrund ihres Alters jetzt einen vorrangigen Anspruch auf die Schutzimpfung gegen das Corona-Virus haben. Auch der Lebenspartner kann altersunabhängig eine Schutzimpfung bekommen. Dafür sollte man einen Termin bei den Impfstellen in Kalkar oder Geldern vereinbaren.

Umso größer war dann die Enttäuschung für viele 77- und 76-Jährige, als man ihnen im Impfzentrum sagen musste, dass vorerst keine Termine frei sind. Auch online ließ sich auf dem Buchungsportal der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Nordrhein kaum ein Termin finden. In der vergangenen Woche war lediglich der Samstag in Geldern für Termine in Geldern freigeschaltet.

KV Nordrhein: „Terminvergabe ist ein dynamisches Geschehen“

Landrätin Silke Gorißen.
Landrätin Silke Gorißen. © FUNKE Foto Services | Karl Banski

Auf NRZ-Nachfrage bestätigt die KV Nordrhein dass für die laufende Woche alle Termine in Kalkar und Geldern ausgebucht sind. „Die koordinierende Einheit des Kreises hatte uns aber gestern Nachmittag die Kontingente an Impfstoffen und personell besetzten Impfstraßen beider Standorte für die kommende Woche mitgeteilt, die wir in Form von Terminen umgehend ins System eingestellt haben. Aktuell sind daher Impftermine für die kommende Woche buchbar“, so Christopher Schneider, Sprecher der KV Nordrhein.

Die KV erklärt, dass man freie Termine ins System einstelle, sobald aus der Region die entsprechenden Angaben zur Menge der verfügbaren Impfstoffe und Impfstraßen vorliegen. „Allerdings ist die Terminvergabe grundsätzlich ein dynamisches Geschehen, das über den Tag Schwankungen – auch regional – unterliegt.“

Größe der Impfgruppe ist bei der KV nicht bekannt

Die NRZ wollte zudem von der KV wissen, wie viele Menschen im Kreis Kleve zum Jahrgang 1944/45 gehören, um eine entsprechende Terminplanung vornehmen zu können. Die KV teilt mit, dass man nicht wisse, wie viele Menschen dies sind. Diese Zahlen liegen wiederum nur den Kommunen vor.

Irritiert dürften auch einige Menschen im Nordkreis Kleve darauf reagiert haben, dass sie für eine Impfung nach Geldern fahren müssen, wenn es in Kalkar keine Termine mehr gibt. Bislang wurde in der politischen Diskussion immer darauf hingewiesen, dass die Menschen aus dem Südkreis einen langen Weg nach Kalkar in Kauf nehmen müssen. In der Praxis zeigt sich aber jetzt, dass auch Personen aus Emmerich nach Geldern fahren müssen, um eine Impfung zu erhalten: „Darauf wurde von Anfang an immer hingewiesen“, sagt Kreissprecherin Ruth Keuken.

Die Klever Kreisverwaltung teilte am Dienstagnachmittag in einer Pressemitteilung mit, dass es für die Menschen zwischen 70 und 79 Jahren zu wenig Impfstoff gibt. Man könne daher schlichtweg nicht alle sofort bedienen und man bitten diese Gruppen um Geduld. Dennoch gab gestern parallel die Kassenärztliche Vereinigung zusätzlich die Jahrgänge bis 1951 frei.

27.000 Menschen zwischen 70 und 79 Jahren

Das Landes-Gesundheitsministerium (MAGS) NRW teilt den Impfstoff den Kommunen zu und entscheidet, welche Personengruppen wann ein Impfangebot erhalten. Bei den Über-70-Jährigen geschieht dies jahrgangsweise. „Das Land NRW hat in kurzen Abständen so schnell nacheinander die einzelnen Jahrgänge für die Impfungen zugelassen, dass die zur Verfügung stehende Impfstoffmenge bei Weitem nicht ausreicht, um allen direkt einen Impftermin anbieten zu können“, erklärt Silke Gorißen, Landrätin des Kreises Kleve. „Wichtig ist: Wir bestellen allen Impfstoff, der uns zur Verfügung gestellt wird. Wir verimpfen alle Bestände. Und wir stehen in einem ständigen Dialog mit dem Land, um weiteren Impfstoff zu erhalten und die Kapazitäten der Impfzentren besser auslasten zu können.“

Die Kreisverwaltung erläutert zudem, dass über 27.000 Menschen im Alter zwischen 70 und 79 Jahren im Kreis leben. Das Gesundheitsministerium NRW verteilt den Impfstoff aber nicht nach der Anzahl der impfberechtigten Personen, sondern nach der allgemeinen Bevölkerungsanzahl. Landkreise mit vielen Personen im Alter über 70 Jahre haben somit von Anfang an einen strukturellen Nachteil bei der Impfstoffzuweisung – beispielsweise gegenüber Studentenstädten mit vielen jüngeren Einwohnern. „Hinzu kommt, dass generell immer noch viel zu wenig Impfstoff vorhanden ist, aber für die Zukunft eine deutliche Verbesserung der Situation in Aussicht gestellt wird“, sagt Jürgen Baetzen, Fachbereichsleiter für Rettungsdienst und Bevölkerungsschutz beim Kreis Kleve.

Nur 6800 Impfdosen für die kommenden zwei Wochen

Dem Kreis Kleve stehen für die kommende Woche knapp 4.800 Impfdosen für die Erstimpfung der Altersgruppen über 70 Jahre zur Verfügung. Ab der Folgewoche (ab 3. Mai) weist das MAGS NRW dem Kreis Kleve dann lediglich noch 2.000 Erstimpfdosen für die Altersgruppen zu. „Jeder, der ein Schreiben erhält, dass er ab sofort impfberechtigt ist, erwartet verständlicherweise, unmittelbar einen Termin vereinbaren zu können. Ernüchternd ist: Mit den aktuellen Impfstoffzusagen wird es noch einige Wochen dauern, bis jeder der 70- bis 79-Jährigen seine Erstimpfung erhalten haben wird“, so Baetzen.

Zuständig für die Koordination der Impftermine der Altersgruppen ist die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein (KVNO). Soweit kurzfristig Impfstoff zur Verfügung steht, werden auch zeitnah weitere Termine freigeschaltet. Impfberechtigte erhalten ihren Termin ausschließlich bei der KVNO online unter www.116117.de oder telefonisch täglich in der Zeit von 8 bis 22 Uhr unter der kostenlosen Telefonnummer 0800 116 117 01.