Kreis Kleve. Beim Thema „Billigflieger“ scheiden sich die Geister im Kreis Kleve: Für die einen ein Mobilitätsangebot, für die anderen ein Umweltproblem.

Für Menschen, die etwas von der Welt sehen wollen, sind die Angebote verlockend. Wer im Internet nach Flügen vom Airport Weeze schaut, sieht Angebote für Flüge, die Teilweise für einen Preis unter 30 Euro zu haben sind. Für den Preis kann man etwa mit der Fluglinie Ryanair nach London, Mallorca oder gar nach Griechenland oder in die Türkei fliegen.

„Jeder geschickte Kaufmann stellt sich diese Angebote ins Schaufenster“, sagt Sebastian Papst, Geschäftsführer des Airport Weeze. „Wir alle wissen, dass die realen Preise dann meist deutlich höher sind.“ Und natürlich kommen bei vielen Airlines weitere Gebühren zum Ticketpreis dazu – zum Beispiel fürs Gepäck. Trotzdem bleibt eine Flugreise vergleichsweise günstig.

Kein Verständnis für viele Flugreisen

Jule Schwartz von Fridays for Future in Rees fehlt das Verständnis für diese Art der Flugreisen – oder für Flugreisen im Allgemeinen. „Meiner Meinung nach ist Fliegen ohnehin ziemlich unnötig“, sagt sie. Ihrer Ansicht nach sollte man, gerade wenn es um Reisen innerhalb Deutschlands geht, lieber auf den Ausbau von Bus- und Bahnverbindungen setzten – mit einer entsprechenden Preisgestaltung. „Es sollte nicht billiger sein, von Düsseldorf nach Berlin zu fliegen, als mit dem Zug zu fahren“, sagt sie.

Zudem rechnet Jule Schwartz damit, dass derartige Angebote kaum möglich wären, wenn man beispielsweise den Flugzeugtreibstoff ähnlich besteuern würde, wie Kfz-Treibstoffe oder einen CO2-Preis und Umweltfolgekosten in den Flugpreis einpreisen würde, solche Angebote kaum noch möglich wären. „Weitere Belastungen würden das Reisen verteuern. Das Fliegen könnte wieder zu einer sozialen Frage werden“, sagt dagegen Sebastian Papst. Und es solle schließlich nicht so sein, dass sich „nur Gutbetuchte eine Flugreise leisten können“.

Viele Teilnehmer am Umweltcheck wollen Einschränkungen für „Billigflieger“

Jule Schwartz von Fridays for Future in Rees kann mit „Billigfliegern“ oder Flugreisen allgemein nicht viel anfangen.
Jule Schwartz von Fridays for Future in Rees kann mit „Billigfliegern“ oder Flugreisen allgemein nicht viel anfangen. © Funke Foto Services GmbH | Thorsten Lindekamp

In der repräsentativen Umfrage des NRZ-Umweltcheck Kreis Kleve 2021 ergibt sich ein geteiltes Bild zum Thema „Billigflieger“. Gut die Hälfte der Befragten (52 Prozent) sagt, dass sich bei den Billigflügen etwas ändern muss. 37 Prozent der Befragten sind der Ansicht, dass diese Flugangebote deutlich teurer werden müssen. Weitere 15 Prozent sprechen sich für ein komplettes Verbot der Billigflieger aus. Für 44 Prozent sollte sich nichts verändern.

Interessant dabei: Die kritische Einstellung zum Thema „Billigflieger“ steigt mit dem Alter an. Während sich bei den 14- bis 19-Jährigen nur 38 Prozent einschränkende Maßnahmen wünschen, sind es bei den 60- bis 69-Jährigen 70 Prozent und in der Generation 70+ noch 63 Prozent.

Flughafen-Chef hält nichts für Einschränkungen für „Billigflieger“

Dass Flughafen-Chef Sebastian Papst von solchen Maßnahmen nichts wissen will, liegt auf der Hand. Die Fluglinie Ryanair, für viele ein Synonym zu günstigen Flugangeboten, ist seit dem Start des Flughafens im Jahr 2003 der bedeutendste Kunde am Airport Weeze.

Sebastian Papst, Geschäftsführer des Airport Weeze, sieht mögliche Einschränkungen für
Sebastian Papst, Geschäftsführer des Airport Weeze, sieht mögliche Einschränkungen für "Billigflieger" problematisch.  © Airport Weeze | MARKUS VAN OFFERN

„Seither haben sich mehr als 28 Millionen Gäste für unseren niederrheinischen Flughafen als Start- oder Zielpunkt ihrer Reise entschieden. Der überwiegende Teil hat die günstigen Flüge der Ryanair zu einem der vielen hier angebotenen Ziele gebucht“, sagt der Flughafen-Chef.

Kaum freiwillige CO2-Kompensation bei Flugreisen

Zudem, so erklärt er, würden 63 Prozent der Deutschen nur selten oder überhaupt nicht ins Flugzeug steigen. „Wie erklärte Nichtflieger zum Fliegen stehen mögen, dazu gehört sicher nicht viel Fantasie.“ Dazu kommt, dass es natürlich auch die Möglichkeit gäbe, den CO2-Ausstoß der eigenen Flugreise zu kompensieren.

Hier seien die Zahlen aber ernüchternd: „Die freiwillig kompensierte Menge an CO2 liegt durchgängig im niedrigen einstelligen Prozentbereich“, erklärt Sebastian Papst.

Verbote auch für Fridays-for-Future-Aktivisten das letzte Mittel

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Wie wichtig Umwelt- und Klimaschutz ist, hat uns die Flutkatastrophe in NRW wieder gezeigt. Auch wir als NRZ finden das Thema sehr wichtig und beschäftigen uns in den nächsten Wochen intensiv damit in unserem Umweltcheck für den Kreis Kleve. Natürlich geht der Klimawandel alle Menschen an. Als besonderes Sommer-Bonbon macht die NRZ die Artikel auch ohne Abo zugänglich. Alles zum Thema auf nrz.de/umweltcheck

Auch Jule Schwartz von Fridays for Future in Rees kann verstehen, dass Menschen gerne fliegen. „Natürlich hat es einen riesengroßen Reiz ins Ausland zu reisen“, sagt sie. Sie würde dafür aber lieber günstige Alternativen schaffen, soweit möglich, damit Menschen die Angebote der günstigen Airlines von selbst weniger nutzen.

Nur wenn auch das nicht wirken sollte, könnte sie sich auch Verbote vorstellen – auch wenn sie selbst Menschen nur ungern Vorschriften machen möchte. „Wir haben nur die eine Erde“, sagt die 21-Jährige.