Kreis Kleve. Der neue Geschäftsführer Sebastian Papst über die Corona-Pandemie, den Klimaschutz und die Zukunftsaussichten des Flughafens in Weeze.
In der Abflughalle tummeln sich wieder jede Menge Menschen: Sie warten auf ihren Abflug, verabschieden ihre Angehörigen, schlängeln sich durch die Zollkontrolle. Das Leben am Airport in Weeze ist wieder zurückgekehrt. Und niemand freut sich darüber mehr als der neue Flughafenchef Sebastian Papst. Ein halbes Jahr lang war der Flugbetrieb bis auf wenige Ausnahmen eingestellt. Jetzt, kurz vor der Urlaubssaison 2021, kann der Flughafengeschäftsführer zuversichtlicher in die Zukunft blicken. Aber auch diese ist gespickt mit Herausforderungen.
Fliegen muss klimaschonender werden
Denn das Fliegen der Zukunft muss klimaschonender werden. Kaum eine Branche steht so sehr im Fokus der Öffentlichkeit: Billigflüge und massiv gestiegene Urlaubsreisen werfen die Frage auf, inwieweit die Gesellschaft ihr Verhalten ändern muss. Für 20 Euro nach Barcelona? Mit dem Flugzeug von Düsseldorf nach Frankfurt? Dieses Geschäftsmodell scheint nicht zukunftsträchtig zu sein. In Berlin wird über ein Verbot von Kurzstreckenflügen diskutiert, über eine Verteuerung von Flugtickets und höhere CO2-Preise.
Sebastian Papst kennt dies alles und er weiß, dass die großen Airlines sich dieser Verantwortung bewusst sind. So arbeitet Airbus bereits an deutlich sparsameren Flugzeugen und forscht an der Einführung von Bio-Treibstoffen und Wasserstoff als alternative Antriebstechnik. Die Lufthansa bietet Tarife mit einem Aufpreis, um den CO2-Ausstoß anderweitig zu kompensieren. Auch wenn dies bislang kaum jemand nutzt.
Steigende CO2-Preise verteuern die Tickets
Eine Diskussion über das Verbot von Inlandsflügen hält Sebastian Papst für wenig zielführend: „Der innerdeutsche Flugverkehr steht nur für 0,3 Prozent des CO-Ausstoßes in Deutschland. Und diese Strecken werden von den Airlines selbst als finanziell nicht sehr attraktiv betrachtet.“ Wenn die Bahn eine Alternative bietet (wie auf der Strecke Nürnberg-Berlin geschehen), dann verschwinden auch die Flugverbindungen automatisch.
Durch eine steigende CO2-Bepreisung werden auch die Flugtickets zwangsläufig teurer werden müssen. Dieser Prozess ist bereits eingeleitet worden und am Ende ist es auch kaum erheblich, ob Deutschland von der CDU oder den Grünen geführt wird. Klimaschutzmaßnahmen müssen alle umsetzen.
Fluggastzahlen werden wieder steigen
Ob Klimawandel oder nicht: Die Deutschen wollen in den Urlaub fliegen. Sebastian Papst glaubt daher auch nicht, dass es einen Einbruch bei den Fluggastzahlen geben wird. Bereits im Jahr 2023 möchte er das Niveau von 2019 erreicht haben. Damals nutzten 1,3 Millionen Menschen den niederrheinischen Flughafen. Im vergangenen Corona-Jahr waren es nur 275.000 Passagiere. Und für dieses Jahr rechnet der 44-Jährige mit gut 600.000 Fluggästen.
Zur Person
Dr. Sebastian Papst ist 44-Jahre alt und wohnt in Grefrath. Ist ist Betriebswirt und hat mehrere Jahre in der Logistikbranche und als Unternehmensberater für PriceWaterhouse-Copers (PWC) sowie selbstständig gearbeitet. In dieser Funktion hat er viele Unternehmen analysiert und wieder fit für den Markt gemacht. Auch in Großbritannien und den USA habe er gearbeitet.Papst selbst besitzt eine große Leidenschaft fürs Fliegen, auch wenn er selbst nie Pilot werden konnte.
Der Weezer Flughafen ist von zwei großen Gruppen abhängig: Das sind zum einen die Urlaubsreisenden, die auch in Zukunft buchen werden, und zum anderen die sogenannten „ethnischen Verkehre“ - also Besuche von Verwandten und Freunde im Ausland. Etwa in Marokko. Mittlerweile sei Weeze zum zweitgrößten Marokko-Flughafen in Deutschland aufgestiegen, berichtet Airport-Sprecher Holger Terhorst stolz. Vor allem die niederländischen Gäste mit marokkanischen Wurzeln nutzen Weeze, um in die Heimat zu kommen.
Die Airport-Verwaltung ist schlank aufgestellt
Sebastian Papst hat in den ersten Wochen und Monaten sich intensiv mit dem Flughafenbetrieb auseinandergesetzt. Er zeigt sich beeindruckt von den Mitarbeitern, die alle mit Herz bei der Sache seien. Spielräume zum Sparen gebe es innerhalb der Kernmannschaft eigentlich nicht. Die Verwaltung des Airports ist sehr schlank aufgestellt. In der Zeit der Corona-Pandemie war es wichtig, die Liquidität des Flughafens sicher zu stellen. Und Papst sieht das Unternehmen insgesamt in einem guten Fahrwasser. Durch die Vermietung von Immobilien, die Einnahmen der Photovoltaikanlagen und durch andere Geschäften könne man auch außerhalb des Flugbetriebes auf sichere Einnahmequellen bauen. Das Unternehmen habe in der Corona-Zeit sicher dagestanden.
Zum Flughafeneigentümer Hermann Buurman pflege er ein gutes Verhältnis. Buurman informiere sich regelmäßig bei ihm über die Geschehnisse, ohne ihn die unternehmerischen Freiheiten zu nehmen. Dass der Niederländer sich auch finanziell stärker engagieren könnte, um etwa Liquiditätskredite zu übernehmen, relativiert Papst: „Es ist nicht so, dass sich Buurman nicht für den Flughafen engagiert hat. Was gerne übersehen wird, ist, dass er zuletzt auf Darlehen an den Flughafen verzichtet hat. Auch das ist eine Form der Finanzierung“, so Papst.