Duisburg. An einer Demo gegen Rechts beteiligen sich am Samstagabend auch Kirsten, Joshua, Ali, Tezebit, Mory, Svenja. Was die Duisburger bewegt: ein Stimmungsbild.

Sie tragen Plakate wie „Als wir Frauen mehr Rechte forderten, meinten wir keine Nazis“ und „Bergleute gegen Faschismus“: In Duisburg haben am Samstagabend 3000 Menschen gegen Rechts demonstriert. Was bewegt sie dazu, auf dem Opernplatz zu demonstrieren? Ein Stimmungsbild.

Geboren in Walsum: „Wir nehmen die Demokratie zu selbstverständlich“

„Ich bin in der Demokratie groß geworden“, sagt Kirsten Haberlandt. „Mein Opa und mein Urgroßvater waren in einer Partei als Sozen und sind dafür in den Bau gegangen. Ich bin froh, dass ich demonstrieren kann; in manchen Ländern ist das verboten. Wir nehmen das alles zu selbstverständlich.“

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An der aktuellen Diskussion um den Rechtsruck in Deutschland stört sie vor allem: „Oft geht es nicht mehr um die Sache. Da wird einer hingehangen von Menschen, die auf andere zeigen.“ Sie selbst ist in Walsum geboren und aufgewachsen. „Der Schacht, viele Nationalitäten: Damit bin ich groß geworden.“

Viele junge Duisburger beteiligten sich an der Demo gegen Rechts in der Innenstadt.
Viele junge Duisburger beteiligten sich an der Demo gegen Rechts in der Innenstadt. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Heute sieht sie diese Vielfalt in Gefahr. 2024, als nach den Enthüllungen der Recherche-Plattform Correctiv über Remigrationspläne der AfD gegen Millionen Migranten in Deutschland schon am ersten Wochenende Hunderttausende auf die Straße gingen, demonstrierte die Duisburgerin zum ersten Mal. Inzwischen steht die Forderung nach Remigration im Wahlprogramm der AfD.

Als Amerikaner in Duisburg: „Remigration betrifft mich“

„Remigration betrifft mich“, sagt Joshua P. „Sollen meine Frau und mein Kind hier alleine bleiben?“ Der Amerikaner hat in Deutschland kein Wahlrecht, „aber ich kann demonstrieren. Ich sehe in den USA, was passiert, wenn Faschisten an die Macht kommen.“

Der Mann dieser Frau ist Amerikaner. Joshua sagt: „Remigration betrifft mich. Sollen meine Frau und mein Kind hier alleine bleiben?“
Der Mann dieser Frau ist Amerikaner. Joshua sagt: „Remigration betrifft mich. Sollen meine Frau und mein Kind hier alleine bleiben?“ © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

HKM-Betriebsrat: „Die Absichten stehen alle im Wahlprogramm“

Ali Albayrah ist Betriebsrat bei den Hüttenwerken Krupp Mannesmann (HKM). „Wir sollten auf die Straße gehen, damit ein Gegengewicht da ist“, sagt er. Wie viele Teilnehmer der Demonstration nennt er keinen Parteinamen. Damit entspricht er dem Neutralitätsgebot von Betriebsräten – und macht es wie Linda Kastrup von Fridays for Future, die zur Demo gegen Rechts vors Duisburger Stadttheater gerufen haben: „Die AfD will, dass man über sie spricht. Und deshalb mache ich das heute nicht.“

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Die Sorgen der Demonstranten werden trotzdem deutlich. So wie die von Albayrah: „Die Absichten stehen alle im Wahlprogramm.“

Tezebit: „Ich sehe aus wie jemand, den manche nicht hier haben möchten“

Tezebit möchte nur ihren Vornamen in der Zeitung lesen. Die 26-jährige Duisburgerin steht an diesem Abend in der Menge auf dem Opernplatz, „weil ich keine Zukunft haben möchte, in der ich Angst haben muss – ich sehe aus wie jemand, den manche nicht hier haben möchten.“

Etliche Demonstranten brachten selbst beschriftete Plakate mit zur Demo gegen Rechts in Duisburg.
Etliche Demonstranten brachten selbst beschriftete Plakate mit zur Demo gegen Rechts in Duisburg. © FUNKE Foto Services | STEFAN AREND

Begleitet wird sie von Anja (60) aus Duisburg. „Ich habe Angst davor, dass das der Anfang ist davon, dass der Nationalismus wieder an erster Stelle steht“, sagt sie. „Gegen Rassismus zu demonstrieren, ist das Wichtigste.“

„Wir sind dagegen, dass eine Partei manche Menschen für besser hält als andere“

Mory Soumah ist mit einigen Freunden zur Demo gekommen. „Wir sind dagegen, dass eine Partei manche Menschen für besser hält als andere“, sagt der Duisburger. „Die ganze Welt besteht aus einer Mischung von Ländern und Religionen – warum nicht auch in Deutschland?“ Soumah und die anderen in der Gruppe sorgen sich um die Zukunft in Deutschland. „Wir sind seit 20 Jahren hier. Unsere Kinder waren noch nie in Afrika. Wir möchten nicht, dass unsere Kinder auf beiden Seiten verloren sind.“

Duisburgerin: „Migration ist nicht das größte Problem, das wir haben“

Wenige Meter weiter hält Svenja Wandt ihr Kind auf dem Arm. „Ich finde die Stimmung in Deutschland bedrohlich“, sagt sie. Der Antrag, den CDU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz mit Stimmen der AfD im Bundestag durchgebracht hat, „hatte zwar nur symbolischen Charakter. Aber ich finde diese Symbolik sehr bedenklich.“

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Was die 32-Jährige traurig findet: „Seit ich wählen kann, ist Migration das Hauptthema im Wahlkampf. Aber Migration ist nicht das größte Problem, was wir haben.“ Dann spricht sie von zu wenig Geld für die Bildungspolitik, zu wenigen Kitas, der Privatisierung von Gesundheitsleistungen, zu hohen Mietpreisen. „Die Vielfalt ist besonders für Deutschland“, sagt die Duisburgerin. Sie wünscht sich, dass das so bleibt.

Demo gegen Rechts in Duisburg: „Wir sind die verdammte Brandmauer!“

Die Menge auf dem Theaterplatz in Duisburg sieht das genauso. 3000 Menschen haben sich beteiligt, laut Polizei gab es keine Störungen. Die Veranstalter sind zufrieden mit dem Zuspruch: „Wir sind die verdammte Brandmauer!“

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