Duisburg. Die Heizung in Duisburger Häusern ist seit Wochen ausgefallen. Darunter leiden alle Mieter, auch Kinder und eine Sterbenskranke. So reagiert der Vermieter.
In der kalten Wohnung hat sich der kleine Milan erkältet und sich sogar eine Mittelohrentzündung eingefangen. Der Dreijährige lebt mit seinen Eltern in einem Miethaus ohne Heizung. „Ich fühle mich schrecklich, wenn der Kleine friert. Ich will helfen, kann aber nicht“, sagt sein Vater Sebastian Römhild, und Milan kuschelt sich noch fester an ihn. Dabei friert auch der Vater, wie alle Mieterinnen und Mieter in den beiden betroffenen Häusern.
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Seit dem 6. Januar ist die Heizung in den sieben Wohnungen an der Rheingoldstraße in Friemersheim defekt. Als die Nachbarn mit zu vielen Heizlüftern gegen die Kälte ankämpfen wollen, ist das Stromnetz plötzlich überlastet und beschädigt. Nur noch wenige Steckdosen funktionieren. Nicht mehr zittern oder die Waschmaschine laufen lassen? Warmes Wohnzimmer oder warmes Kinderzimmer? Abends zur Schlafenszeit steht der Heizlüfter bei Milan. Solche Entscheidungen muss nicht nur Familie Römhild tagtäglich treffen, sondern alle Betroffenen in den Häusern.
Heizung für sieben Wohnungen ist wochenlang kaputt: Besonders Kinder und eine Sterbenskranke leiden unter der Kälte
Darunter auch Liane Bier, die ihre sterbenskranke Schwiegermutter jetzt in einer kalten Wohnung pflegt. „Sie ist eine wirklich, wirklich starke Frau“, sagt Bier über die 86-jährige Palliativpatientin, die schon seit vielen Jahrzehnten dort zu Hause ist und inzwischen nur noch mit einem Sauerstoffgerät atmen kann. Dafür braucht sie aber Strom, weshalb ihre Schwiegertochter heilfroh ist, dass durch die Heizlüfter die Elektrizität nicht komplett ausgefallen war. Erst nach gut 48 Stunden hat ein Techniker diesen Elektroschaden behoben. Seit dem Stromproblem sind alle Mieter äußerst vorsichtig.
Die Kälte macht aber allen zu schaffen. Auch Milka Jordanovic, die erst frisch im Dezember eingezogen ist: „Wenn draußen Minusgrade sind, habe ich in meiner Wohnung nur neun Grad.“ Dass mal eine Heizungsanlage ausfällt, findet sie gar nicht tragisch. Dass der Notdienst wochenlang nicht hilft, dagegen schon. Das kennt sie nicht von ihren früheren Vermietern. Für sie ist es die erste Wohnung, die von der ZBVV verwaltet wird.
„Das soll ein Notdienst sein?“, ärgert sich auch Nachbarin Heike Ladewig. „Wir haben alle den Schaden gemeldet und rufen ständig an.“ Doch die Handwerkerfirma, die den Notdienst betreut und die Reparaturen durchführt, habe immer nur beschwichtigt, und die ZBVV reagiere nicht auf E-Mails. Zwar sei ein Monteur zum Heizungskeller ausgerückt, aber erst nach ein paar Tagen. Und wirklich reparieren konnte er nichts. Denn der Heizkessel sei kaputt und müsse ausgetauscht werden.
Bereits vor zwei Jahren soll der Hausmeister den Mietern nach einer Heizungsreparatur mitgeteilt haben, dass provisorisches Flicken bald nichts mehr nütze, sondern ein neuer Kessel her müsse. Nach mehreren kürzeren Ausfällen in diesem Winter folgte dann jetzt der lange Komplettausfall.
Dass sein kleiner Milan, auch der Nachbarsjunge und eine Sterbenskranke schon wochenlang stark unter der Situation leiden müssen, außerdem eine Schwerbehinderte und eine Nachbarin nach einer Herz-OP, macht Sebastian Römhild „wütend“. Er möchte nicht länger „immer nur vertröstet“ werden vom Notdienst, auch die übrigen Betroffenen nicht. Fast alle haben sich erkältet oder husten.
Zu den kalten Wohnungen kommen auch noch Ratten
Aber für Daniel Richter und seine Familie hat das Frieren bald ein Ende, ob die Heizung wieder läuft oder nicht. Sie haben den Mietvertrag gekündigt und bereiten schon ihren Umzug vor. Ausschlaggebend für die Familie war jedoch nicht die Kälte, sondern „die Rattenplage hier im Haus“. Kammerjäger seien gegen die Rattenkolonie machtlos, erläutert Richter, der auch selbst eingegriffen hat. Er zeigt Fotos von Schnappfallen mit Rattenkadavern, die alle im Mietshaus entstanden sein sollen.
„Meine Nerven sind blank. Ich mag Camping, und Ratten sind Natur. Ich will sie aber nicht in der eigenen Wohnung“, so Daniel Richter weiter. Einige Nachbarinnen hören jedoch jetzt zum ersten Mal vom Rattenbefall im Haus und sind entsetzt.
Hausverwaltung ZBVV verspricht Maßnahmen
Vom Nagetierbefall will die Hausverwaltung ZBVV erst durch die Anfrage unserer Redaktion erfahren haben, aber sie habe nun ein Fachunternehmen beauftragt, sich die Situation vor Ort anzuschauen und „Erstmaßnahmen“ zu ergreifen.
Eine schnelle Lösung gibt es dagegen für die kaputte Heizung nicht. „Nach ausführlichen Untersuchungen ist nun klar, dass die Anlage erneuert werden muss“, sagt ein ZBVV-Sprecher. Dabei sei die Heizungsanlage im vergangenen Jahr „zweimal von einem Fachbetrieb gewartet worden, ohne dass dabei grobe Mängel festgestellt wurden“.
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Bis die neue Heizung eingebaut ist, stellt die Hausverwaltung den Mietern Heizlüfter zur Verfügung, einige wurden bereits ausgeteilt. „Damit ist trotz des Ausfalls der Hauptanlage eine Beheizung der Wohneinheiten sichergestellt“, so der Sprecher weiter und sichert den Betroffen zu, dass die ZBVV die Stromkosten für die Heizlüfter übernimmt, bis der Heizungsausfall behoben ist. Auch eine entsprechende Mietminderung werde vorgenommen. Damit es nicht wieder zusätzlich Stromprobleme gibt, weist die Hausverwaltung die Hausbewohner allerdings darauf hin, „dass sie verpflichtet sind, die Elektroinstallation nicht zu überlasten“.
„Das ist doch keine Lösung“, wundert sich Anwohnerin Heike Ladewig. Sie und ihre Nachbarn sind „überhaupt nicht zufrieden“, haben jetzt den örtlichen Mieterschutzbund eingeschaltet, hoffen aber weiter auf eine zügige Reparatur.
>> Mobile Heizung für frierenden Marxloher Wohnblock
- In einem ebenfalls von der ZBVV verwalteten Wohnblock in Marxloh müssen die Bewohner bereits seit Mitte Dezember frieren. Auch dort ist der Heizkessel kaputt und muss ausgetauscht werden.
- Eine Fachfirma hat am 28. Januar zunächst eine mobile Heizungsanlage aufgestellt und will sie an die kalten Wohnungen anschließen. Der Kesselaustausch soll folgen.