Duisburg. Das Evangelische Klinikum Niederrhein verrät, was sich jetzt im Fahrner Krankenhaus, Bethesda und Herzzentrum ändert. Kommt Kooperation mit großem Nachbarn?

Kein halbes Jahr ist es her, da mussten das Ev. Klinikum Niederrhein (EVKLN) Berichte über eine „existenzbedrohende“ wirtschaftliche Lage dementieren. „Die Zahlen haben sich deutlich verbessert“ , sagen der die Geschäftsführer Franz Hafner und Dr. Andreas Sander heute. Nun soll sich auszahlen, dass sie beizeiten konsequent auf den Ausbau der medizinischen Stärken der vier Häuser und Zentrenbildung setzten, die Ziel der Klinikreformen der Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU/NRW) und Karl Lauterbach (SPD/Bund) ist.

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Mit dem Ergebnis der NRW-Klinikreform ist Dr. Andreas Sander deshalb zufrieden. „Die Bereiche, die wir bedienen wollen, haben wir bekommen“, sagt der medizinische Geschäftsführer des städteübergreifenden Verbundes (Fahrner Krankenhaus, Herzzentrum, Bethesda, Ev. Krankenhaus Dinslaken, Johanniter Oberhausen) mit rund 4500 Beschäftigten.

 Dr. Andreas Sander, medizinischer Geschäftsführer des EVKLN, ist mit dem Ergebnis der Klinikreform zufrieden.
Dr. Andreas Sander, medizinischer Geschäftsführer des EVKLN, ist mit dem Ergebnis der Klinikreform zufrieden. © EVKLN | EVKLN

Duisburger Klinikverbund schärft das Profil seiner Häuser in Oberhausen und Dinslaken

So bleibt bei Nachschärfungen des Profils: Die Nephrologie (Nierenheilkunde), bisher bei den Johannitern in Oberhausen angesiedelt, wurde bereits Ende 2023 aufgegeben, dafür ist die Thorax-Chirurgie aus dem Duisburger Norden in die Nachbarstadt gezogen. „Sie rückt damit an die Lungenklinik in Oberhausen, das macht Sinn“, erklärt Sander.

Am Ev. Krankenhaus Dinslaken konzentriert der Verbund die Endoprothetik (Gelenkersatz) und die Wirbelsäulen-Chirurgie. Gemeinsam mit der Orthopädie schärft das Haus damit sein Profil. „In diesen Bereichen gibt es viele geplante Eingriffe“, so Sander. Wegen des kurzen Weges sei Dinslaken für Patienten aus dem Stadtnorden eine gute Option.

Schon seit längerem ist klar, dass die Belegabteilungen der HNO (Ev. KH Nord und Bethesda) sowie Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (Ev. KH Nord) keine klinische Zukunft haben. Die HNO-Schließung trifft viele Kinder, die lange auf Standard-Eingriffe (Paukenröhrchen) warten müssen. „Wir machen das nicht aus finanziellen Gründen“, betont Dr. Andreas Sander. „Wir können die Vorgaben für die Zahl der vorzuhaltenden Ärzte nicht erfüllen.“ Es sei ein „strukturelles Problem in der ambulanten Versorgung“, dass die Klinik nicht lösen könne.

Versorgungslücke droht: Dr. Martin Hinz (im Bild) muss die HNO-Ambulanz im Ev. Krankenhaus Nord ebenso aufgeben wie Dr. Verena Aust im Bethesda. Die Kliniken können die Belegabteilungen nicht weiterführen. Vor allem Kindern drohen deshalb lange Wartezeiten.
Versorgungslücke droht: Dr. Martin Hinz (im Bild) muss die HNO-Ambulanz im Ev. Krankenhaus Nord ebenso aufgeben wie Dr. Verena Aust im Bethesda. Die Kliniken können die Belegabteilungen nicht weiterführen. Vor allem Kindern drohen deshalb lange Wartezeiten. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

Ev. Krankenhaus Nord: Fokussierung auf Stärken – Umfangreiche Notfall-Versorgung

Mit Neurologie/Neurochirurgie/Neuro-Radiologie/Neuro-Reha, Innere Medizin/Gastroenterologie, Allgemein-/Viszeral-/Gefäßchirurgie und Augenheilkunde gibt es auch am Ev. Krankenhaus Nord eine klare Fokussierung. Außerdem stehe das Haus nun für eine „vollumfängliche Notfallversorgung“, sagt Franz Hafner: „Davon erhoffen wir uns einen Aufschwung.“ Notfall-Patienten profitieren künftig vom Herzzentrum Duisburg (HZD), das vor wenigen Wochen von Meiderich nach Röttgersbach umgezogen ist, Schlaganfall-Patienten kann das Neuro-Zentrum in seiner „Stroke-Unit“ versorgen.

Damit soll der Klinikverbund bald aus den roten Zahlen kommen. Durch starke Verteuerungen bei Material- und Personal (Tariferhöhungen und Inflationsausgleichsprämien), Fremdpersonal-Kosten und einen gleichzeitigen Fallzahl-Einbruch durch hohen Krankenstand stieg das Defizit für das Jahr 2023 auf 23,8 Millionen Euro, schon für 2022 stand ein Minus von 10,9 Millionen Euro.

„Die Zahlen für 2024 liegen noch nicht vor, aber wir haben unser Ergebnis deutlich verbessert“, sagt Franz Hafner. Prognostiziert hatte er im Vorjahr ein Minus von 7,3 Millionen. Die Aufgabe des Standorts Meiderich nach dem Umzug des Herzzentrums werde sich positiv auswirken, bei Fallzahlen, Personal und Leistungsbilanz sei die Tendenz anhaltend und deutlich positiv. „Im Ergebnis für 2025 werden wir uns weiter steigern“, kündigt der EVKLN-Geschäftsführer an.

Franz Hafner, Geschäftsführer des Evangelischen Klinikums Niederrhein, ist optimistisch, dass sich die Investitionen in die medizinischen Stärken des Verbundes bald auszahlen werden.
Franz Hafner, Geschäftsführer des Evangelischen Klinikums Niederrhein, ist optimistisch, dass sich die Investitionen in die medizinischen Stärken des Verbundes bald auszahlen werden. © FUNKE Foto Services | Tanja Pickartz

Klinik-Reform: Geschäftsführer fürchten „unvorstellbaren Bürokratie-Aufwand“

Trotz der doppelten Klinik-Reform sehen Hafner und Sander noch offene Fragen: Es gebe aus Berlin „einen Blumenstrauß von Ankündigungen, deren Auswirkungen wir noch nicht kalkulieren können“. Eine erhebliche Belastung für die Häuser seien die Pflegebudgets: Weil sie erst im nachhinein erstattet werden, müssen die Kliniken alljährlich Millionenbeträge an Personalkosten vorfinanzieren.

Die Reform auf Bundesebene werde durch komplexe und teure Abrechnungen einen „einen unvorstellbaren Bürokratie-Aufwand und Kosten verursachen, die man besser in die Versorgung der Patienten investieren sollte“, sagt Franz Hafner. Auf Landesebene bleibe es beim Defizit in der Struktur-Finanzierung. Für die Förderung von Bauvorhaben liegen dem NRW-Gesundheitsministerium Anträge mit einem Volumen von rund sieben Milliarden Euro vor. Verfügen könne er aber lediglich über 2,5 Milliarden Euro, berichtet Minister Laumann.

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>> KOOPERATION MIT SANA: GESPRÄCHE „AUF HALBER STRECKE“

  • Gespräche über eine mögliche Kooperation des Bethesda mit den Sana Kliniken Duisburg bestätigt der medizinische Geschäftsführer des EVKLN. Es gebe allerdings noch keine spruchreifen Ergebnisse, so Dr. Andreas Sander: „Wir sind auf halber Strecke.“ Am Donnerstag gibt es eine Betriebsversammlung für die Belegschaft des Bethesda.
  • Eine Zusammenarbeit hatte der Betriebsratsvorsitzende von Sana, Helmut Böckeler, in der vergangenen Woche ins Spiel gebracht. „Jeder spricht mit jedem“, sagt auch Sana-Geschäftsführerin Ines Grunewald (wir berichteten).
  • „Dass die Spektren beider Häuser zusammenpassen, wissen wir seit zehn Jahren“, erklärt EVKLN-Geschäftsführer Sander. Die Bereitschaft zur Zusammenarbeit sei durch die Klinikreform „deutlich gewachsen“. Der Ev. Klinikverbund hat sich bereits 2022 dem Sana-Einkaufsverbund angeschlossen.
  • Naheliegend ist eine Zusammenarbeit beider Häuser etwa in der Frauenklinik und der Geburtshilfe. Während das Bethesda über ein breit aufgestelltes onkologisches Zentrum verfügt und sich auf Erkrankungen wie Endometriose spezialisiert hat, verfügt Sana mit seiner Kinder- und Jugendklinik (Perinatalzentrum) über besondere Expertise. Die Eröffnung eines weiteren Kreißsaals hat die Klinik am Kalkweg bereits angekündigt.
  • Noch seien aber Einzelheiten ungeklärt, eine Kooperation in einzelnen Leistungsbereichen müssten außerdem mit dem Ministerium abgestimmt werden, sagt Dr. Andreas Sander: „Wir möchten aber gemeinsam im Fahrersitz für die Versorgung im Duisburger Süden sitzen.“