Duisburg. Der Macher der MSV-Hymne hat 20 Jahre lang geschwiegen. Jetzt spricht er über den Hellmich-Auftrag und dessen Sonderwunsch. Komponist ist kein Unbekannter.

Zebrastreifen, weiß und blau, ein jeder weiß genau, das ist der MSV!“ So schallt es bei jedem Heimspiel des MSV Duisburg von den Rängen. In welcher Liga die „Zebras“ auch spielen – der legendäre „Zebratwist“ ist immer dabei. Seit 20 Jahren gehört aber ein weiteres Lied fest ins Repertoire: Die „HYM-ne“, wie Stadionsprecher Stefan Leiwen sie bei jedem Spiel lautstark ankündigt, ist seit 2004 in der Arena zu hören. Das weiß jeder MSV-Fan.

Aber wo kam das Lied damals so plötzlich her? Wer hatte es in Auftrag gegeben, geschrieben und produziert? Darüber wurde lange nur gemunkelt.

MSV-Hymne: Komponiert hat sie ein Kölner

Schal hoch, Blick nach vorne (und mit Stolz zurück): Die MSV-Hymne wird seit 20 Jahren im Stadion zelebriert.
Schal hoch, Blick nach vorne (und mit Stolz zurück): Die MSV-Hymne wird seit 20 Jahren im Stadion zelebriert. © FUNKE Foto Services | Thorsten Tillmann

Erst heute, zwei Jahrzehnte nach der Premiere des Liedes, gibt Hannes Schöner im Gespräch mit dieser Redaktion zu: Er hat Text und Musik der Hymne geschrieben und komponiert. Dass er damit einer der musikalischen „Herdenführer“ der Zebras ist, hielt der heute 71-Jährige aber lange geheim – weil er sich nicht mit den Fans des 1. FC Köln anlegen wollte.

Denn Schöner ist nicht nur Vollblutmusiker, sondern war als gebürtiger Kölner auch lange Bassist und Sänger der kölschen Karnevalsband „Die Höhner“, die für den Geißbock-Verein die Hymne „Mer stonn zo dir“ aufgelegt hat. „Ich hänge das mit dem MSV deswegen immer noch nicht an die große Glocke“, meint Schöner. Doch dieser Redaktion hat er trotzdem erzählt, wie es damals war, vielleicht sogar zum ersten Mal in dieser Form.

MSV-Chef Walter Hellmich „bestellte“ damals die neue Hymne

Wie konnte es also dazu kommen, dass ausgerechnet ein Bandmitglied der Höhner ein Lied für die Duisburger schrieb? Verantwortlich sei damals Walter Hellmich gewesen, erinnert sich Schöner. Der frühere MSV-Präsident habe die Hymne „bestellt“. „Für Hellmich war der MSV damals ja auf direktem Weg in den Europapokal, es gab die neue Arena, und dann sollte eben auch eine neue Hymne eingesungen werden“, erzählt Schöner.

Der damalige MSV-Präsident Walter Hellmich baute die neue Arena und sah den MSV als „dritte Kraft im Revier“.
Der damalige MSV-Präsident Walter Hellmich baute die neue Arena und sah den MSV als „dritte Kraft im Revier“. © WAZ | Andreas Mangen

Tatsächlich erinnern sich eingefleischte MSV-Fans an Zeiten, in denen der damalige Zebra-Chef die Devise ausgegeben hatte, der MSV solle „hinter Schalke und Dortmund zur dritten Kraft im Revier“ werden. Grundsätzlich war Hellmich, von dem auch Sätze stammen wie „Der MSV wird den Bach runtergehen„ wenn ich die Lust verliere“ und „Wer das nicht sieht, gehört zu den Idioten“ stammen, kein Mann der leisen Töne.

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Kaum verwunderlich also, dass ausgerechnet er es war, der für die Zebras ein neues Loblied etablieren wollte – und sogar eine Wunsch-Textzeile in die Hymne einbrachte. „Für Hellmich haben wir extra noch das ‚in unserer Arena‘ reingebracht“, erklärt Hannes Schöner.

„Dietz, Kremer, Rahn“: MSV-Fan lieferte Fakten über die Vereinskultur

Hannes Schöner (im blauen Mantel) gemeinsam mit der Band „Höhner“ bei der Premiere der „Höhner Rockin‘ Roncalli Show“ in Duisburg im Jahr 2010. (Archivbild)
Hannes Schöner (im blauen Mantel) gemeinsam mit der Band „Höhner“ bei der Premiere der „Höhner Rockin‘ Roncalli Show“ in Duisburg im Jahr 2010. (Archivbild) © WAZ FotoPool | Geinowski.Friedhelm

Die anderen Zeilen komponierte er gemeinsam mit einem befreundeten Architekten aus Duisburg, der eingefleischter MSV-Fan war, und den Schöner über die Vereinskultur der Zebras ausfragte. „Er hat mir die Dinge gesagt, die wichtig sind für den Verein“, so Schöner. Die Stichworte „Dietz, Kremer, Rahn“ hätte er zum Beispiel als erstes notiert. Später kam dann „Menschen, die hier wohnen, bleiben dran, sind manchmal stur“.

Und, war es schwierig, die MSV-Hymne zu komponieren? Überhaupt nicht, meint Schöner. Schließlich habe man ja schon „Hymnen-Erfahrung“ aus Köln gehabt. „Außerdem: Texte zu schreiben, ist für mich wie ein Bild zu malen. Man muss nur die Emotionen spüren und sich einfühlen“, beschreibt der 71-Jährige.

Auch eine passende Melodie zu finden, sei für ihn kein Problem gewesen, sondern Handwerk. Schließlich sei er ein erfahrener Musiker, der sein ganzes Leben von und mit der Musik gelebt habe. „Es war eine Fingerübung“, fasst der Kölner zusammen.

Die Musiker Hannes Schöner (links) und Henning Krautmacher auf der „Arsch huh“-Kundgebung in Köln. (Archivbild aus dem Jahr 2012)
Die Musiker Hannes Schöner (links) und Henning Krautmacher auf der „Arsch huh“-Kundgebung in Köln. (Archivbild aus dem Jahr 2012) © dpa | Daniel Naupold

In der MSV-Arena mit seiner Hymne aufzutreten, das traute er sich bislang aber nicht – auch wiederum, um die Kölner Anhänger nicht zu verärgern. Fußball werde ja oft als Kampf und nicht als das friedliche Spiel gesehen, das es eigentlich sein sollte.

Wegen Gladbach-Schal: Ex-Höhner-Sänger in Köln gejagt

„Nachdem ich mal auf einem Foto mit Mönchengladbach-Schal zu sehen war, wurde ich in Köln auf der Straße gejagt“, erzählt Schöner, noch immer geschockt von dieser Erfahrung. Als die MSV-Hymne einmal live in der MSV-Arena gespielt werden sollte, habe er sich deswegen lieber im Hintergrund gehalten und einen anderen Sänger ans Mikrofon gelassen. Tatsächlich hatte die Duisburger Stadionhymne nicht Schöner selbst, sondern der Sänger Kim Merz, Mitglied der Mülheimer Kult-Band FKK, eingesungen.

Dass die Hymne heute immer noch im Stadion gespielt wird, freut den Kölner, der eine ganz besondere Verbindung zum Ruhrgebiet hat: „Mein Vater stammte aus dem Revier, und ich hatte auch wegen der Sprache immer eine natürliche Affinität zum Revier“, so Schöner.

Ins Ruhrgebiet zu fahren, das sei für ihn „immer gewesen, wie in die Heimat zu kommen.“ Vielleicht schaue er demnächst auch mal wieder persönlich vorbei, wenn der MSV ein Heimspiel habe. Dass er einer der musikalischen „Herdenführer“ der Zebras ist, ist ja nun kein Geheimnis mehr.

Ein schwieriges Verhältnis: die MSV-Hymne und die Fans

  • Wegen ihrer Verbindung zu Walter Hellmich, der bei vielen MSV-Fans in Ungnade fiel, sahen manche Zebra-Anhänger die MSV-Hymne lange kritisch.
  • Die Textzeile „in unserer Arena“ wurde von manchen Fans lange Zeit nur halbherzig intoniert. „Ich singe dann immer ‚aaaan unserer Weeeedau‘“, schrieb noch 2013 ein Nutzer im MSV-Portal.
  • Zur Arena hatten/haben manche Supporter, für die die Wahrung der Tradition beim MSV Duisburg ein besonderes Anliegen ist, ohnehin ein schwieriges Verhältnis, da sie das alte und traditionsreiche Wedaustadion als Spielstätte des MSV Duisburg ablöste.
  • Die Hymne (und auch der Zebratwist) können hier als mp3 heruntergeladen werden.

Ex-Höhner-Bassist Hannes Schöner performt in Duisburg

  • Hannes Schöner, der bis Ende 2020 ein festes Mitglied der Höhner war, wandelt inzwischen auf Solopfaden und steht am Samstag, 23. November, im Paddy‘s Pub, Gabelbergerstr. 7-9, 47137 Duisburg, auf der Bühne.
  • Einlass ist ab 19 Uhr, richtig los geht es um 20 Uhr. Auch die MSV-Hymne wird zu hören sein.
  • „Deswegen gerne mal im MSV-Trikot erscheinen, ist zwar kein Muss, würde aber passen, denn am selben Tag spielt der MSV in Uerdingen“, schreiben die Veranstalter.
  • Tickets können für 17 Euro in Paddy‘s Pub erworben, aber auch per Mail bestellt werden: kontakt@jagu-agentur.de