Duisburg. Nachbarn haben beobachtet, wie ein Mann die Miete bei einer Familie in bar eintreibt. Nicht der einzige Konflikt mit einer Duisburger Problemwohnung.
Eine Eigentümergemeinschaft an der Florastraße in Laar kommt seit Jahren nicht zur Ruhe. Grund ist eine Wohnung in dem Haus mit acht Parteien. Die gehört einem Unternehmen, das es eigentlich schon gar nicht mehr gibt. Der Eigentümer ist den anderen das Hausgeld schuldig. Aber die aufgelaufenen Schulden von bisher rund 6000 Euro sind nur ein Ärgernis für die sieben Wohnungsinhaber.
Bei einer Eigentümergemeinschaft in Duisburg-Laar sind schon Schulden von 6000 Euro aufgelaufen
„Bis Anfang März hat eine 18-köpfige Familie aus Südost-Europa in der Wohnung gewohnt“, berichtet Daniel Ziolkowski, der eine Wohnung im Dachgeschoss besitzt, „die Miete hat ein Mann mithilfe von Körperkraft einkassiert.“ Die Mieter hätten ihm selbst erzählt, dass sie 25 Euro pro Tag und Person zahlen müssten und ihnen mit Gewalt gedroht worden sei. Zudem seien die Bedingungen in der Wohnung nicht gerade gut: Sie habe keine Heizung und kein warmes Wasser, Strom sei abgezapft worden. Worüber sich die Hausgemeinschaft ebenfalls aufgeregt hat: „Die Bewohner haben Müll aus den Fenstern in den Hof geworfen.“
Inzwischen würde eine andere Familie in der Wohnung leben, die sehr ruhig und unauffällig sei, mit der man aber aufgrund von Sprachbarrieren nicht kommunizieren könne. „Auch bei diesen Leuten kommt der Mann jetzt abkassieren. Wir haben Fotos von ihm und haben jetzt Anzeige bei der Polizei erstattet“, so Ziolkowski.
„Zwischenzeitlich habe ich mich schon gefragt, wo ich eigentlich eingezogen bin“
Jan Becker wohnt seit zwei Jahren in dem Haus an der Florastraße. „Zwischenzeitlich habe ich mich schon gefragt, wo ich eigentlich eingezogen bin“, sagt der Student. Zum Beispiel, als der Müll aus dem Fenster geflogen sei. „Jeden Tag, wenn ich nach Hause komme, reiße ich erst einmal alle Fenster im Treppenhaus auf, weil es so stinkt.“
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Überhaupt, das Treppenhaus, noch so ein leidiges Thema: „Wir haben schon lange beschlossen, es zu renovieren, schieben das Thema aber immer weiter nach hinten. Es macht ja keinen Sinn, bevor die Sache hier geklärt ist.“ Und in der Tat: Auf der Etage mit besagter Wohnung ist der Zustand besonders schlecht, das fällt sofort ins Auge. Die Deckenlampe kaputt, Löcher in den Wänden, statt einer Wohnungstür ist offensichtlich eine Badezimmertür eingebaut.
Die Gemeinschaft weiß, welcher Firma die Wohnung gehört. Daniel Ziolkowski hat als Vorsitzender der Eigentümergemeinschaft selber Nachforschungen angestellt. Es gab mal eine Adresse in Essen, dann eine in Gelsenkirchen. „Ich bin überall hingefahren, habe aber niemals eine Person angetroffen. Es ist eine Briefkastenfirma mit 108 Unterfirmen.“ Die Geschäftsführer wechselten so schnell, dass sie nicht regresspflichtig gemacht werden könnten.
Die Firma, der die Wohnung gehört, wurde durch ein Gericht längst gelöscht
Inzwischen hat ein Gericht die Firma gelöscht. „Das ist eigentlich nicht richtig, wenn es in einem Unternehmen noch einen Wert wie zum Beispiel diese Wohnung gibt“, hat sich Ziolkowski schlau gemacht. Der Wert der Wohnung wird auf 60.000 Euro taxiert. „Ich denke aber, man kann froh sein, wenn man noch 20.000 Euro bekommt.“ Die Eigentümergemeinschaft ist auch nicht die einzige Gläubigerin, der noch auf Geld von der liquidierten Firma hofft.
Die Laarer haben sich inzwischen einen Anwalt genommen. Der rät ihnen, eine Nachtragsliquidation voranzutreiben. „Dabei wird für eine bereits gelöschte GmbH erneut das rechtliche Bestehen wiederaufgenommen“, schreibt der Anwalt. Das Verfahren würde die Eigentümergemeinschaft aber 1466 Euro Gerichtsgebühren kosten.
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Jetzt stehen die sieben Wohnungseigentümer vor der Frage, ob sie noch einmal Geld in die Hand nehmen, um eventuell zumindest einen Bruchteil der geschuldeten 6000 Euro Hausgeld zu bekommen. Große Hoffnung haben sie nicht, denn in Grundbuch haben schon zwei andere Gläubiger ihre Forderungen angemeldet. „Andernfalls kann man abwarten, ob ggf. ein anderer Gläubiger oder der Fiskus eine Nachtragsliquidation durchführt“, führt der Anwalt aus.
Die Eigentümergemeinschaft seht also vor einem schier unlösbaren Problem: Mit jedem Jahr fallen weitere 3000 Euro Hausgeld an. Die Schwierigkeiten im Haus lösen sich nicht von allein. Und sie haben niemanden, mit dem sie sich real auseinandersetzen können. Ziolkowski hat zusätzlich noch ein ganz persönliches Thema: „Ich möchte meine Wohnung im Obergeschoss gerne verkaufen. Ich habe sie mir 1995 quasi als Sparschwein gekauft. Aber unter diesen Bedingungen bekomme ich natürlich nicht das Geld, das die Wohnung eigentlich wert ist.“
>> Die Stadt sieht keinen Handlungsbedarf an der Florastraße
- Da die Wohnung nur mit einer Badezimmertür verschlossen ist und eine Zeit lang ein Fensterflügel fehlte, der nun provisorisch ersetzt wurde, hat Ziolkowski die Stadt informiert. Die habe „im Rahmen ihrer rechtlichen Möglichkeiten die Situation vor Ort geprüft und keine akuten Gefahren für die Gesundheit oder das Leben der Bewohner der Wohnung festgestellt“, erklärt Sprecher Sebastian Hiedels.
- Die Wohnung verfüge über eine funktionierende Wohnungstür und „es konnten zudem keine baurechtlichen Mängel oder brandschutztechnischen Risiken festgestellt werden. Ein weiteres ordnungsrechtliches Eingreifen ist momentan nicht erforderlich.“