Duisburg. Schwerlasttransporte dürfen nicht mehr über die Berliner Brücke fahren. Wie lange hält die A59-Brücke in Duisburg noch? Um diese Mängel geht es.
Die Autobahn GmbH des Bundes hat sich nun erstmals zu den Einschränkungen auf der A59 in Duisburg geäußert. Die marode Berliner Brücke ist dort seit dem Wochenende für Schwertransporte ab 48 Tonnen gesperrt (wir berichteten). Zuvor waren bei einer Sonderprüfung „erhebliche Mängel“ an der Tragfähigkeit aufgefallen.
Diese Mängel würden nach Angaben der Bundesbehörde „die Tragfähigkeit der Brücke einschränken“. Konkret handelt es sich um feine Risse im Stahlträger – vor allem auf der Lkw-Spur. Die Risse sind schon lange bekannt, können aber nach Aussage von Autobahn GmbH-Sprecher Roland Nolte nicht beseitigt werden: „In einem ersten Schritt wurde geschweißt, in einem zweiten Schritt noch einmal, aber mit einem Spezialmaterial. Im dritten Schritt wurde geschraubt. Die Risse kamen jedoch immer wieder.“
Autobahn GmbH äußert sich zu den Einschränkungen auf der Berliner Brücke in Duisburg
Das hat nun also Konsequenzen: Schwertransporte mit einem Gesamtgewicht von über 48 Tonnen werden auf dem Autobahnabschnitt zwischen dem Autobahnkreuz Duisburg und der Anschlussstelle Duisburg-Meiderich nicht mehr genehmigt. Mehr noch: Wer bereits eine Genehmigung hat, kann damit nichts mehr anfangen – sie hat ihre Gültigkeit verloren. „Die Speditionen wurden darüber benachrichtigt“, sagt Nolte. Das komplette Genehmigungsverfahren („GST“) ist digitalisiert. Über das System werden die Unternehmen über die Ausweichroute informiert.
Erste grobe Schätzungen legten nahe, dass bisher täglich mehrere Dutzend Schwertransporte den betroffenen Bereich passiert hätten. „Dass es so viele sind, hängt sicher mit der Hafennähe zusammen“, erklärt Nolte. Einem Schwertransporter sehen Laien übrigens nicht unbedingt an, dass es sich um einen handelt. „Wenn man davon ausgeht, dass ein normaler Lkw 40 Tonnen wiegt, dann ist es bis 48 Tonnen nicht mehr weit“, so der Sprecher. Welche Umleitung bzw. Stecken die Fahrzeuge fahren dürfen, hängt nicht nur von der Tonnage ab: „Ein 70-Tonner ist nicht gleich ein 70-Tonner. Es geht zum Beispiel auch darum, wie lang ein Fahrzeug ist und wie viele Achsen es hat“, erklärt Nolte.
„Dank der Entlastung des Bauwerks kann die Berliner Brücke für den Verkehr aufrechterhalten werden“, teilt die Autobahn GmbH mit. Das Brückenbauwerk werde nun „engmaschig“ kontrolliert. Das bedeutet: Prüfungen finden monatlich statt. Nach Vorgabe der DIN 1076 muss diese ein besonders geschulter Ingenieur vornehmen, der auch die statischen und konstruktiven Verhältnisse am Bauwerk beurteilen kann.
Was bedeutet die Sperrung auf der A59 für den Duisburger Hafen?
Warum kam die Sperrung für Schwertransporte jetzt so kurzfristig? „Sicherheit hat oberste Priorität“, betont der Leiter der Niederlassung Rheinland der Autobahn GmbH des Bundes, Thomas Ganz. „Die Sonderprüfung hat klar gezeigt, dass wir schnell handeln müssen.“ Sprecher Nolte ergänzt: „Wir wollen damit erreichen, dass die Brücke für den Individualverkehr möglichst lange und sicher in Betrieb halten können.“
Und: „Die Brücke ist sehr, sehr stark beeinträchtigt. In Schulnoten gesprochen bekäme sie ein ungenügend.“ Nolte bedient sich eines Bildes, um die Lage deutlich zu machen: „Wenn Sie eine Büroklammer aufbiegen und den Draht immer wieder hoch- und runterbiegen, bricht er irgendwann. Wie schnell das geht, hängt von der Stärke des Drucks ab.“
Für die Betreiber von Groß- und Schwertransporten bedeutet die neue Situation wohl große Umwege. „Der Duisburger Hafen als Europas wichtigste Binnendrehscheibe bleibt damit weiter zuverlässig erreichbar“, schreibt die Autobahn GmbH. Aber: Die Berliner Brücke ist für den Straßengüterverkehr mit die wichtigste Verbindung zum Hafen. Der Hafen bereitet aktuell eine Stellungnahme zu der neuen Situation vor.
Wie lange hält die Berliner Brücke wirklich noch?
Die Sorgenfalten in Duisburg werden nach den Ergebnissen der Sonderprüfung nicht kleiner. Wie lange hält die Brücke an der A59 wirklich noch? Vor der aktuellen Einschränkung galt die Berliner Brücke als noch bis 2029 uneingeschränkt befahrbar. Der Ersatzneubau der maroden Brücke muss spätestens 2026 beginnen.
Aber die Stadt Duisburg und das Fernstraßenbundesamt befinden sich hier im Clinch. Die Stadt möchte den Brückenneubau beschleunigen und das Planungsverfahren vom XXL-Projekt des Ausbaus der A59 im Duisburger Norden trennen. Dort kämpft die Stadtverwaltung für einen Ausbau in Tunnellage. Die Autobahn GmbH möchte die A59 in Hochlage ausbauen. Dafür müssten unter anderem Häuser weichen. Die Lage scheint festgefahren. Bezeichnend: Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link erfuhr nach eigenen Angaben über die Medien von den Einschränkungen auf der A59 und fordert jetzt dringend einen „Brückengipfel“.
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Sein Vorwurf: „Hätten Straßen.NRW und die Autobahngesellschaft des Bundes ihren Job beizeiten richtig gemacht und auf die guten Argumente der Stadt Duisburg gehört, könnten wir jetzt schon längst beim Neubau der Berliner Brücke sein. Diese Belastung für den Logistik- und Industriestandort Duisburg ist vermeidbar gewesen. Die Verantwortung dafür trägt die AdB.“
>> Ersatzneubau soll „so früh wie möglich“ beginnen
- Die Autobahn GmbH kündigte an, für die „dringend notwendige Erneuerung der Berliner Brücke“ beim Fernstraßen-Bundesamt (FBA) einen Antrag auf vorzeitigen Beginn bauvorbereitender Maßnahmen zu stellen.
- „Durch diese Maßnahmen soll sichergestellt werden, dass der Ersatzneubau der Berliner Brücke so früh wie möglich beginnen kann.“ Diese bauvorbereitenden Maßnahmen sollen nach Angaben eines Sprechers nach Möglichkeit schon im kommenden Jahr beginnen.