Duisburg. Das Jugendamt Duisburg ermittelt wegen möglichen Sozialbetrugs: Ein Träger soll statt Fachkräften Autoverkäufer in Familien geschickt haben.

Nicht jede Familie funktioniert reibungslos, viele Eltern benötigen Hilfe im Umgang mit ihrem Säugling, bei der Erziehung ihrer Kinder, in herausfordernden Lebenssituationen. Jugendämter setzen in solchen Fällen auf Träger der Jugendhilfe, die die entsprechenden ambulanten Erziehungshilfen anbieten. Einer dieser Träger, der im Ruhrgebiet und am Niederrhein aktiv ist, soll dabei aber betrogen haben.

Die Pressestelle der Stadt Duisburg bestätigt, dass im Jugendamt derzeit interne Ermittlungen gegen einen Träger laufen. Anonymen Hinweisgebern zufolge soll dieser vorgeben, Fachkräfte einzusetzen und die Stunden entsprechend abrechnen. Tatsächlich soll er aber Nicht-Fachkräfte beschäftigen.

Sozialbetrug? Verdachtsfällen geht das Jugendamt Duisburg „mit größter Sorgfalt nach“

In die Familien in Not werden in der Regel Sozialarbeiter geschickt, Erzieher oder Lehrer, jedenfalls Menschen mit einer pädagogischen Qualifikation. Entscheidend können zudem sprachliche Kompetenzen sein, um in nicht Deutsch sprechenden Familien helfen zu können.

Der kritisierte Träger soll Verkäufer, Elektriker oder Autohändler eingesetzt haben, die dem Jugendamt als qualifizierte Fachkraft gemeldet wurden. Wenn das stimmt, wäre das Sozialbetrug, denn die Stundensätze für qualifizierte Fachkräfte sind höher als für nicht qualifiziertes Personal. Entsprechend würden hier Steuergelder für eine Leistung abgerufen, die nicht erbracht wurde.

Stadtsprecher Falko Firlus betont, dass Hinweisen oder Verdachtsfällen „immer mit größter Sorgfalt nachgegangen und entsprechende Vorwürfe stets umfassend geprüft“ würden. Sofern begründete Fälle vorliegen, die weitere Ermittlungen notwendig machen, arbeite das Jugendamt eng mit den zuständigen Behörden, wie etwa Polizei und Staatsanwaltschaft, zusammen. Bei der Polizei liegt nach Angaben einer Pressesprecherin aber noch nichts vor.

Familien könnte fundierte fachliche Hilfe entgangen sein

Abgesehen von der finanziellen Seite wäre es auch ein Betrug an den Familien, die auf professionelle Hilfe hoffen. Es brauche eine fachliche Expertise, um fundiert einschätzen zu können, ob das Kindeswohl in Gefahr ist, heißt es in dem anonymen Schreiben.

Der Träger, dessen Name der Redaktion bekannt ist, arbeitet auch mit den Jugendämtern in Kamp-Lintfort und Oberhausen, in Mülheim und Essen, in Dinslaken, Moers und Wesel zusammen. Er bietet Hilfe für junge Volljährige an, Erziehungsbeistandschaften, begleiteten Umgang mit Elternteilen. Eine zusätzliche Expertise gilt laut Webseite dem Themenkomplex Islamismus-Salafismus mit Fachvorträgen und Seminaren.

Auf eine schriftliche Anfrage der Redaktion antwortete der Träger lediglich, dass er „auf anonyme Hinweise nicht reagiert“.

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>>Kinder- und Jugendhilfe in NRW

  • Landesweit wurden 2022 fast 10.000 Hilfen zur Erziehung gewährt. Das Statistische Landesamt zählte außerdem knapp 80.00 Erziehungsberatungen und 6162 Einzelbetreuungen.
  • In der Kinder- und Jugendhilfe wurden 2022 über 14 Milliarden Euro in NRW ausgegeben, das Budget steigt seit Jahren kontinuierlich.

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