Duisburg. Monatelang gab es Streit um die begehrten Plätze an Baerler Grundschule. Ist er nun vorbei? So gehen Eltern und Kinder ins neue Schuljahr.
Als die Kinder auf der Bühne stehen und ein Lied anstimmen, da werden viele Augen feucht. Nicht nur Nina Overleper, Mutter von Nick, kämpft mit den Tränen. Auch viele andere Mütter, Väter und Großeltern müssen schlucken, so emotional ergreifend hat die Waldschule in Duisburg-Baerl den ersten Schultag gestaltet.
Was schon in der halbstündigen Feier in der geschmückten Aula deutlich wird: Gemeinschaft wird großgeschrieben. Und das nach dem monatelangen Streit um die begehrten Plätze und eine mögliche Umwandlung der Evangelischen Grundschlue.
Einschulung an der Waldschule: Kinder freuen sich aufs erste Jahr
Die „Großen“ aus der dritten Klasse kümmern sich um die Schulanfänger, die ein Band mit einem Schild umgehängt bekommen. Auf der einen Seite ist der Vorname und zum Beispiel ein Maulwurf für die Maulwurfklasse zu sehen. Auf der anderen Seite der Name des Paten mit dem jeweiligen Waldtier für die Klasse.
Nach der Einführung gibt es die erste Schulstunde. Furchtbar aufgeregt, aber auch stolz sind die Kinder. Und alle sind richtig schick gekleidet. Der erste Tag in der Schule – was für ein Ereignis. Nick kommt stolz von der Bühne, er strahlt. „Freust du dich auf die Schule?“ Spontan kommt ein „Jaaaa“.
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Draußen warten Nina und ihr Mann Aaron, dass ihr Knirps die erste Schulstunde seines Lebens hinter sich bringt. Das Ehepaar ist katholisch. „Wir konnten aufatmen, dass unser Kind doch hier eingeschult werden kann. Denn wir wussten, dass immer mehr Kinderer hier angemeldet werden“, erzählt der Vater.
Sie hatten gehofft, dass sie einen Platz bekommen, weil sie maximal 15 Gehminuten von der Schule entfernt wohnen und das erste Kriterium für die Aufnahme die Entfernung zur Schule ist. „Für viele war es aber eine Hängepartie, weil ja lange Zeit nicht klar war, ob die Baerler Kinder, die nicht evangelisch sind, hier aufgenommen werden können.“
Umwandlung der Waldschule? Eltern entschieden sich dagegen
Wie diese Zeitung mehrfach berichtet hat, gab es über Monate eine hitzige Debatte, ob die Schule evangelisch bleibt oder nicht. Die Eltern kämpften dafür und entschieden, dass es so bleibt wie es. Und sie legten sich ins Zeug, dass die Schule dreizügig werden darf, weil sie so beliebt ist.
Das ist gelungen, und so gab es am ersten Schultag nur strahlende Gesichter und fröhliche Menschen. Dazu kam Sonnenschein pur, sodass nach der ersten Stunde gleich auf dem Schulhof weitergefeiert werden konnte.
Zwillinge in verschiedenen Klassen: „Das haben wir so gewollt“
Begeistert sind auch Madeleine und Christian Walter, dass sie ihre beiden Zwillinge Henry und Luke (6) auf der Waldschule unterbringen konnten. „Wir wohnen zwar nur 500 Meter von der Schule entfernt, aber wir brauchten ja zwei Plätze.“
In die nahegelegene Kita haben die Eltern die Kinder nicht bekommen. Das hieß jetzt für sie: „Fünf Jahre die Jungs nach Homberg fahren.“ Die beiden charakterstarken Zwillinge gehen aber in unterschiedliche Klassen. „Das haben wir so gewollt, es ist auf jeden Fall besser“, sagt die Mutter.
Luke hat eine rote Schultüte im Arm, Henry eine grüne. „Die hat der Osterhase gebracht“, erzählt Luke stolz. Und der kannte offenbar genau die Lieblingsfarben der beiden Brüder. Glück gehabt. Was in den bunten Tüten steckt, wissen beide noch nicht. Reingeguckt hat noch niemand, viel zu aufregend ist dieser Tag.
Eltern haben „Auf und Ab natürlich mitbekommen“
Auch ein weiteres Zwillingspaar wird an diesem Donnerstag, 22. August, in der Waldschule eingeschult. Es sind Bella und Fiete. „Die sind jetzt beide in der Klasse 1 b, das haben wir uns gewünscht. Mit insgesamt vier Kindern wird es sonst mit dem Bringen und Abholen schwierig“, sagt die Mutter Anne Harting.
„Ich bin hier schon selbst zur Schule gegangen. Das ist doch toll, wenn man hier aufwächst, hier seine Freunde hat und zusammen zur Schule gehen kann“, ist Till Harting (40) überzeugt. Die Familie wohnt im „hintersten Zipfel von Baerl“, in Binsheim, etwa fünf Kilometer von der Schule entfernt.
Probleme, die Kinder an der Wunschschule unterzubringen, hatte das Ehepaar nicht. Denn es ist evangelisch. „Wir haben das Auf und Ab natürlich mitbekommen, das es hier gab“, sagt der Vater, der auch Fußballtrainer im Stadtteil ist. Ein älterer Sohn ist auch auf der Schule und schon in der dritten Klasse. Der Älteste besucht die Europaschule in Rheinberg, weil die Familie dort mal wohnte.
Schulleiterin freut sich über kleinere Klassen
Die kommissarische Schulleiterin Katharina Sorbe ist glücklich über die Entwicklung, die die Schule nach so vielen heißen Diskussionen jetzt genommen hat. Die Absagen, die sie vielen Eltern machen musste, konnten zurückgenommen werden, weil die ersten Klassen jetzt doch dreizügig starten. „Wir schulen 66 Kinder ein und haben damit natürlich auch eine erfreuliche Klassengröße“, sagt sie.
Sehr stolz ist sie auf die engagierten Eltern: „Ich habe sehr kurzfristig die Eltern aufgerufen und gebeten, die Klassenräume zu streichen. Eine saubere Umgebung wirkt sich ja auch auf die Kinder aus.“ So glücklich sind die Eltern, dass sie spontan ihre Hilfe zusagten.
30 Elternteile, darunter auch zwei Malermeister, standen sofort parat und haben die sieben Klassen in einem Tag gestrichen. Die Freude, dass die Baerler alle Kinder ortsnah in der beliebten Schule unterbringen können, merkt man der Stimmung an diesem ersten Schultag an.
>> Grundschule in Baerl: Klassenräume wurden gerade erst erneuert
- Die Klassenräume an der Waldschule Baerl wurden vor den Sommerferien frisch gestrichen und mit neuen Möbeln ausgestattet. Dies war möglich im Zuge des Ausbaus des Offenen Ganztags.
- Alle Räume der Schule sind nun auch als Betreuungsräume vorgesehen und durch die neuen multifunktionalen Möbel den ganzen Tag nutzbar für sämtliche Gruppen.
- Von den 220 Kindern gehen in diesem Schuljahr 170 in den Offenen Ganztag und bleiben bis 16 beziehungsweise 15 Uhr.