Duisburg. Nach einem Streit in der Nachtschicht verletzte ein Azubi von Thyssenkrupp in Duisburg einen Kollegen (59) mit einem Messer. Jetzt kommt er frei.

Der Konflikt zwischen zwei Mitarbeitern von Thyssenkrupp Steel (TKS) nahm im Februar auf einem Firmenparkplatz des Konzerns in Duisburg-Marxloh ein blutiges Ende. Vor dem Amtsgericht sahen sich die Kontrahenten nun wieder.

Am Ende einer Nachtschicht trafen die Kollegen an dem Parkplatz an der Borsigstraße aufeinander. Mit einem Messer, das eigentlich nur ein Feuerzeug mit einer ausklappbaren kurzen Klinge war, verletzte dort ein 24 Jahre alter Auszubildender seinen 59 Jahre alten Kollegen lebensgefährlich schwer.

Nach der Nachtschicht eskalierte der Streit zwischen zwei Mitarbeitern von TKS.
Nach der Nachtschicht eskalierte der Streit zwischen zwei Mitarbeitern von TKS. © www.blossey.eu / FUNKE Foto Services | Hans Blossey

Der Angeklagte, der sich bereits auf seine Abschlussprüfung als Verfahrensmechaniker vorbereitete, war seit sechs Monaten im Kaltbandwalzwerk eingesetzt gewesen. Der 59-Jährige sollte ihm in der Tatnacht die Steuerung der voll automatisierten Walzstraße erklären. Stattdessen sei der Mann wohl sauer gewesen, weil der Schichtführer ihm zunächst noch erlaubt hatte, in seine Bücher zu gucken.

Messerangriff bei Thyssenkrupp in Duisburg: Angeklagter spricht über den Streit

„Er hat mich gefragt, ob ich was Besseres sei. Später hat er mich als faul bezeichnet und mir angedroht, er würde mir nach der Schicht die Beine brechen.“ Als man sich hinterher auf dem Parkplatz am Tor 4 begegnete, sei dem Azubi nach eigenen Angaben klar gewesen, dass er dem Konflikt nicht ausweichen konnte. „Sonst wäre das eine endlose Geschichte geworden, die vielleicht sogar meine Prüfung belastet hätte.“

Doch zu seiner Überraschung ging der Kollege an den Kofferraum seines Autos, holte einen Teleskopschlagstock heraus und schlug ihm damit vor sein linkes Bein. „Ich habe das kleine Messer nur gezogen, um mich zu wehren“, beteuerte der 24-Jährige im Gerichtssaal. Er hatte sich kurz nach der Attacke auf Anraten seiner Mutter der Polizei gestellt. Den wieder zusammen geschobenen Teleskopschlagstock hatte die Polizei einige Meter vom Tatort entfernt unter einem Baum gefunden.

Von schwerer Anklage blieb nur eine Ordnungswidrigkeit

„Ich erinnere mich nur, dass er plötzlich vor mir stand und habe ein Messer gesehen“, so die knappe Aussage des 59-Jährigen. „Mehr weiß ich nicht mehr.“ Den Teleskopschlagstock erkannte er vor Gericht allerdings als seinen wieder. Kurz nach dem Vorfall hatte er noch behauptet, die verbotene Waffe gehöre nicht ihm.

Angesichts dieser Beweislage wurde der Angeklagte, der seit der Tat in Untersuchungshaft saß, umgehend auf freien Fuß gesetzt. Nach intensiver Zwischenberatung des Schöffengerichts und mehreren Rechtsgesprächen mit den übrigen am Verfahren beteiligten Juristen ging das Gericht davon aus, dass allenfalls noch eine Bestrafung wegen einer Ordnungswidrigkeit gegen das Waffengesetz infrage.

Die Klinge des Messerchens war zu kurz gewesen, um den Besitz zur Straftat zu machen. Das Verfahren wurde eingestellt. Der Angeklagte verzichtete im Gegenzug auf eine Entschädigung für die erlittenen 162 Tage Untersuchungshaft.