Duisburg. Das Eiscafé Lus in Duisburg-Neumühl feiert seinen 50. Geburtstag. Warum der beliebte Familienbetrieb trotz Krisen für die Zukunft gewappnet ist.

20 Pfennig für eine Kugel Eis. Eisliebhaber wissen, dass solche Preise heutzutage utopisch sind. Doch im Eiscafé Lus in Duisburg-Neumühl war das einst Realität. Mittlerweile musste Inhaber Franco Lus den Preis auf 1,50 Euro anheben. „Anders können wir die gestiegenen Kosten nicht tragen”, sagt der 51-Jährige. Doch er ist zuversichtlich. Denn Familie Lus und ihre Eisdiele blicken auf eine fünfzigjährige Geschichte zurück. Die Gastronomen haben seit der Eröffnung im Jahr 1974 viele Höhen und Tiefen durchgestanden und sehen sich für die Zukunft gewappnet.

Die Geschichte des Traditionsbetriebs lässt sich ohne seinen Gründer nicht erzählen. Der Italiener Enzo Lus kommt 1958 als Gastarbeiter nach Deutschland, und der gelernte Maurer profitiert vom sogenannten Wirtschaftswunder. In dieser Zeit kann sich die Bauwirtschaft vor Aufträgen kaum retten. Doch der Bauboom in der jungen Bundesrepublik findet mit einer Wirtschaftskrise Ende der Sechzigerjahre ein jähes Ende. Enzo Lus sieht sich gezwungen, sich beruflich umzuorientieren.

Eis war seine Berufung: Firmengründer macht das Eiscafé Lus mit harter Arbeit in Duisburg bekannt

So arbeitet der Italiener zunächst bei seinem Schwager, der ein Eiscafé in Oberhausen betreibt. Dort lernt er seine Berufung kennen: das Eishandwerk. 1974 ergibt sich für Enzo Lus die Gelegenheit, ein Eiscafé an der Holtener Straße in Neumühl zu übernehmen. „Die Wohnung über dem Laden gab es obendrauf”, erzählt Franco Luz aus der Familien- und Betriebsgeschichte. Dieses Angebot ist so verlockend für seinen Vater, dass er es annimmt.

In der Theke des Eiscafés Lus gibt es längst neben klassischen Sorten auch moderne Eigenkreationen wie Regenbogen-Eis oder die Geschmackssorte Bacio.
In der Theke des Eiscafés Lus gibt es längst neben klassischen Sorten auch moderne Eigenkreationen wie Regenbogen-Eis oder die Geschmackssorte Bacio. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

„Die ersten Jahre liefen nicht so gut”, räumt der heutige Chef ein. Doch sein Vater habe keine Mühen gescheut, sich im Stadtteil einen Namen zu machen. Mit einem motorisierten Dreirad fährt er zunächst durch Neumühls Straßen und verkauft sein selbstgemachtes Speiseeis. Später legt er sich einen klassischen Eiswagen zu. Damit macht er nicht nur Mädchen und Jungen an heißen Sommertagen glücklich, sondern besucht auch Firmenfeiern, Hochzeiten und Geburtstage. So ist das Eiscafé Lus zu einer renommierten Adresse für Eisliebhaber im Duisburger Norden.

Inhaber Franco Lus wurde 1973 in Italien geboren. Obwohl sein Vater nur in den Wintermonaten – also außerhalb der deutschen Eissaison – in die Heimat kam, wollte seine Mutter Angela auf keinen Fall nach Deutschland ziehen. Doch als Enzo Lus die Eisdiele übernimmt, steht für die Familie endgültig fest, dass sie sich in Duisburg eine neue Heimat schaffen will.

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„Anfangs hat meine Mutter Deutschland gehasst, wegen des Wetters“, erzählt Franco Lus. Doch später sei ihre Begeisterung für Deutschland durchgedrungen. „Sie wollte schon mit den ersten Sonnenstrahlen im Februar das Eiscafé aufmachen“, erinnert er sich.

Nach dem Abitur steigt der Sohn in den Familienbetrieb ein und arbeitet sich zum Chef hoch

Nachdem er 1992 sein Abitur besteht, entscheidet sich der Sohn des Firmengründers im Familienbetrieb zu arbeiten. Er musste damals nicht lange überlegen. „Mir war von Anfang an klar, dass ich mit dem Laden weitermachen will”, betont Franco Lus. Sein Vater sei sehr glücklich über diese Entscheidung gewesen. Acht Jahre später wurde der Sohn dann zum Inhaber.

„Um solange zu bestehen, muss man mit der Zeit gehen”, weiß der Gastronom in der zweiten Generation. Früher habe es in Deutschlands Eisdielen nur Klassiker wie Vanille oder Schokolade gegeben. Mittlerweile sei das Angebot deutlich vielfältiger geworden. „Cappuccino-Eis, Schlumpf-Eis oder Oreo-Eis gab es in den Siebzigerjahren noch nicht”, erzählt Lus. Wenn man das Eis selbst im betriebseigenen „Eislabor“ herstellt, wie seine Familie, müsse man aber kreativ bleiben.

Fortbildungen in Italien regen die Kreativität für eigene Eissorten an

Deshalb besucht Franco Lus regelmäßig Eisseminare in Italien. Dabei tauscht er sich innerhalb von einer Woche mit Gleichgesinnten über die neuesten Techniken und Innovationen der Branche aus. Außerdem findet wichtig, selbst neue Kreationen auszuprobieren. „Das Spaghetti-Eis ist nur entstanden, weil jemand zufällig sein Eis durch eine Kartoffelpresse gedrückt hat”, erzählt Lus. Sein Laden könne bei seinen Kunden und Kundinnen ebenfalls mit besonderen Eigenkreationen punkten; beispielsweise mit Regenbogen-Eis. Oder mit der Geschmackssorte Bacio (deutsch: „Kuss“), ein Nougateis mit Haselnussstückchen.

Im betriebseigenen „Eislabor“ probiert Franco Lus regelmäßig neue Geschmackssorten aus.
Im betriebseigenen „Eislabor“ probiert Franco Lus regelmäßig neue Geschmackssorten aus. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

Doch durch kreative und leckere Sorten alleine konnte das Eiscafé nicht unbeschadet durch die Krise der letzten Jahre bringen. Seit der Corona-Pandemie seien die Leute einfach nicht mehr so oft draußen wie früher. Deshalb schließt das Eiscafé an der Holtener Straße derzeit bereits um 18 Uhr statt wie zuvor um 21 Uhr.

Außerdem werde die Gewinnspanne immer kleiner. Doch Franco Lus will alles daran setzen, dass das beliebte Eiscafé in Neumühl auch in Zukunft besteht. „Ich habe so viel Unterstützung über die Jahre bekommen, dass ich mir sicher bin, dass es gut weiterlaufen wird”, sagt er mit Zuversicht. Dabei denkt besonders dankbar an die befreundete Familie Ciavarella, die schon seinem Vater stets zur Seite stand.

Eisverkäufer sind auch Tangotänzer von Weltklasse

Allerdings steht der 51-Jährige nicht mehr so oft wie gewohnt hinter der Theke. Denn seine Tochter Luana führt aktuell das Geschäft. Dagegen widmet sich mit seiner Ehefrau Bruna Lavaroni einem neu entdeckten Hobby: dem Tango Argentino. „Tanzen ist für mich wie eine Droge”, sagt Lus.

Bruna Lavaroni (links) und ihr Ehemann Franco Lus sind nicht nur Eisverkäufer, sondern auch Tango-Tänzer von Weltklasse.
Bruna Lavaroni (links) und ihr Ehemann Franco Lus sind nicht nur Eisverkäufer, sondern auch Tango-Tänzer von Weltklasse. © FUNKE Foto Services | Christoph Wojtyczka

Das Ehepaar lernte vor zwölf Jahren in einer Tanzschule diese gemeinsame Leidenschaft kennen. Inzwischen sind die beidem mit ihrem Hobby, das spaßige Freizeitbeschäftigung begonnen hat, sehr erfolgreich. Bei den Tango-Argentino-Weltmeisterschaft 2023 erreichten sie das Halbfinale und waren sogar Finalisten der diesjährigen Europameisterschaft.