Duisburg. Nach fast neun Jahren ist der Schienenersatzverkehr auf der 901 in Duisburg endlich Geschichte. Bei den Fahrgästen hat sich viel Ärger angestaut.
Sie hatten schon nicht mehr damit gerechnet. Seit Montag, 15. Juli, ist der Schienenersatzverkehr (SEV) auf der Linie 901 zwischen den Haltestellen „Scholtenhofstraße“ in Laar und „Obermarxloh Schleife“ Geschichte. Und deshalb freut sich auch eine Gruppe junge Mütter sehr, die jetzt mit der Straßenbahn von Beeck aus wieder in die Duisburger Innenstadt durchfahren kann.
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Fast neun Jahre lang ist dies nicht möglich gewesen. So lange hatte die Duisburger Verkehrsgesellschaft (DVG) wegen ihres Fahrzeugmangels auf dem Abschnitt montags bis freitags von 6 bis 20 Uhr und damit auch zu Stoßzeiten nur Busse eingesetzt – jetzt nicht mehr; nun stehen genügend neue Bahnen zur Verfügung, hatte die DVG bereits vor einigen Wochen angekündigt.
Nach neun Jahren endlich keine Ersatzbusse mehr auf der 901 in Duisburg
„Das ist schon prima“, sagt Carina Solms, die in der Vergangenheit mit Noah (4) und Elli (2) schon viel Umsteigeakrobatik an der Scholtenhofstraße absolviert hat. Plötzlich mischt sich ein älterer Herr mit erhobenem Zeigefinger ein und trübt die Freude. „Warten Sie mal ab, bis die nächste Brückensperrung in Ruhrort ansteht“, sagt er prophetisch, „dann geht das ganze Chaos wieder los mit den uralten Bussen, ortsunkundigen Aushilfsfahrern und langen Umwegen durch den Innenhafen, wenn man in die Stadt will. Dagegen waren die neun Jahre SEV im Norden ein Klacks.“
Hannelore Grams ist jetzt aber erst einmal froh, dass dieses Kapitel vorbei ist. „Ich bin überhaupt nicht mehr gefahren, wegen der umständlichen Umsteigerei,“ erzählt sie in der 901 Richtung Beeck. Allerdings: „Heute stelle ich fest, dass meine Mehrfahrtenkarte gar nicht mehr gültig ist, nach der letzten Preiserhöhung. Die kommen ja immer zuverlässig, anders als die Bahnen und Busse.“
Erleichterung und aufgestauter Ärger
Auch bei anderen Fahrgästen macht sich neben der Erleichterung lange angestauter Ärger Luft. Zu lange wurde ihnen auf der Nordstrecke viel Geduld und Flexibilität abverlangt hat. „Neun Jahre sind verflixt lang für ein Provisorium. Das kann mir keiner erzählen, dass da nicht Planungsfehler im Spiel waren“, sagt etwa Pendlerin Margot Hartmann, „aber mit uns im Norden kann man es ja machen.“
Es gibt sogar einige, die nicht vom Ende des Schienenersatzverkehrs begeistert sind. „Gut für die Fahrgäste, für uns vielleicht nicht so“, sagt die Verkäuferin im Kiosk und Stehcafé, das vor zwei Jahren am Scholtenhof eröffnet hat. Ob es für den hübschen Laden wirklich Umsatzeinbußen geben wird, weil ohne Umstiege weniger Leute ihre Wartezeit für einen Kaffee oder ein Eis nutzen, das muss sich erst noch zeigen.
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Auch der Schüler Murat (12), der sich gar nicht an Zeiten ohne SEV erinnert, muss sich jetzt umstellen. Bisher stand die Bahn Richtung Ruhrort morgens oft mit offenen Türen auf dem Gleis und wartete auf den Bus aus Beeck. Gut für Murat, der konnte bequem in der Bahn sitzen. Schlecht für den Pulk an Leuten, die hektisch aus dem Bus über die viel befahrene Emscherhüttenstraße eilten – oft, ohne nach links und rechts zu gucken, weil sie die wartende Bahn nicht verpassen wollten. Kinderwagen und Rollatoren raus über die hohe Stufe der Busse, rein in die Bahn: Das war eine unerwünschte Extra-Sporteinlage besonders für junge Mütter und Senioren.
Gehbehinderter Mann hat sich lange quälen müssen
Für Hans-Georg Altmann geht mit dem SEV ebenfalls eine jahrelange Quälerei zu Ende. Er kann jetzt endlich wieder im Sitzen an seiner Starthaltestelle „Scholtenhofstraße“ in Laar auf die Bahn warten. Jahrelang war der Weg zum Arzt nach Hamborn für den gehbehinderten Mann äußerst problematisch. „Die Ersatzhaltestelle hat ja keine Sitzplätze, kein Dach, und ich kann nicht so lange stehen“, erzählt er.
Sich gegenüber in die menschenleere, aber bestens ausgestattete Pausenhaltestelle der Linie 117 zu setzen, hatte keinen Sinn. „Da ist mir zweimal der Bus weggefahren, obwohl der Fahrer gesehen hat, dass ich rübergehumpelt kam – eine Frechheit“, sagt der Rentner bitter.
Auf eine voll ausgestattete Haltestelle zu starren, an der nur einmal am Tag ein Bus abfährt und selber ohne Sitzplatz im Regen zu stehen, das bleibt ab jetzt den Fahrgästen der Linie 117 vorbehalten, die weiter über die Ersatzhaltestellen, Steig 4 und Steig 5, verkehren.
>> 901: Tag eins ohne Ersatzbusse - die DVG ist „rundum zufrieden“
- „Wir sind rundum zufrieden“, sagt DVG-Sprecher Thomas Kehler am frühen Montagabend über Tag eins ohne Schienenersatzverkehr auf der Straßenbahnlinie 901. Der durchgehende Bahnverkehr sei morgens nicht nur „problemlos angelaufen“ bei nur „minimalen Verspätungen von ein, zwei Minuten“, sondern auch so weitergelaufen.
- Dennoch waren nach neun Jahren einige Fahrgäste irritiert. Denn nicht alle Bahnen sind auf der Strecke von Obermarxloh Schleife bis Mülheim Hauptbahnhof durchgefahren. Einige Fahrten endeten in Laar an der Scholtenhofstraße – das aber regulär nach Fahrplan. Dabei handelt es sich um sogenannte „Kurzläufer“, erklärt Kehler. Das sind zusätzliche Bahnen, die in Zeiten mit hohem Verkehrsaufkommen zwischen Laar und dem Zoo in Duissern pendeln und so den Nahverkehr verstärken.