Duisburg. Anwohner in Duisburg haben Puls: Jahrzehnte haben sie problemlos in ihrer schmalen Straße geparkt. Jetzt hat es plötzlich Knöllchen gehagelt.

Werner Dahmen wohnt seit 35 Jahren auf der Märker Straße. Die schmale Straße in Röttgersbach ist ein ruhiges Fleckchen Erde, hier reihen sich Einfamilienhäuser und Doppelhaushälften aus den 1930er-Jahren aneinander, man kennt sich. Seit einigen Wochen ist es mit der Beschaulichkeit vorbei: Die Nachbarschaft ärgert sich über einen plötzlichen Knöllchen-Regen.

„Ein Rettungswagen hatte Schwierigkeiten, durch unsere Straße zu fahren. Daraufhin hat das Ordnungsamt die Restbreite zwischen parkendem Fahrzeug und gegenüberliegendem Bürgersteig gemessen“, berichtet Dahmen. Das Ergebnis: Die 3,05 Meter Restbreite, die laut Straßenverkehrsordnung frei bleiben muss, ist in der alten Siedlung nicht gegeben. „Wenn hier zum Beispiel ein VW T-Roc parkt, bleiben nur noch 2,85 Meter. Und viele Autos sind heute deutlich breiter“, rechnet der 59-Jährige vor.

Plötzlich hagelte es Knöllchen in der Märker Straße in Duisburg-Röttgersbach

Jahrzehntelang hätte das niemanden interessiert, sagt auch Anwohner Christoph Kons. „Ich wohne seit 30 Jahren in der Märker Straße, meine Familie sogar schon 40 Jahre. In dieser Zeit hat noch niemand jemals einen Strafzettel bekommen, wenn auf der Straße geparkt wurde.“

Auch interessant

In letzter Zeit ist das Ordnungsamt zweimal am Tag gekommen und hat Knöllchen in Höhe von 55 Euro verteilt. Das ärgert die Nachbarschaft – auch, weil es keine Vorwarnung gab. „Es regt mich auf, wie mit uns umgegangen wird“, sagt Dahmen. „Hätte man uns nicht einen Zettel in den Briefkasten werfen können, statt direkt Knöllchen zu schreiben?“

Wir haben bei der Stadt nachgefragt. Grundsätzlich ist es so, dass „die Verkehrsüberwachung Falschparker auf Straßen mithilfe von Hinweiszetteln informiert, bei denen sich ein straßenverkehrsrechtlicher Zustand – zum Beispiel wie hier eine zu schmale Straße – verändert“, so Stadtsprecher Sebastian Hiedels. „Erst nach einer Karenzzeit von circa 14 Tagen werden Verwarnungen ausgestellt.“

Stadt entschuldigt sich bei den Anwohnern der Märker Straße

So das Prozedere, wenn alles gut läuft. Ist es im Fall der Märker Straße aber nicht: „Leider haben wir das versäumt. Dafür entschuldigen wir uns, insbesondere bei allen betroffenen Anwohnern. Wir haben die 20 Verwarnungen zurückgenommen. Die Information über die Änderung mit Hinweiszetteln wird jetzt nachgeholt“, erklärt Hiedels. Allerdings gilt auch hier nur die Karenzzeit von zwei Wochen. Dann werden wieder Knöllchen verteilt.

Natürlich wird es die Anwohner freuen, dass die ersten Knöllchen zurückgenommen werden. Es löst aber nicht ihr Problem: „Legal parken kann man auf unserer engen Straße nur im eigenen Carport oder der Garage“, sagt Dahmen. Aber wie es heute eben so ist: In den meisten Haushalten gibt es mehr als ein Auto.

Warum die Straße nicht zur Einbahnstraße machen? Anwohner halten das für eine unkomplizierte Lösung, die Parkplätze schaffen würde.
Warum die Straße nicht zur Einbahnstraße machen? Anwohner halten das für eine unkomplizierte Lösung, die Parkplätze schaffen würde. © FUNKE Foto Services | Alexandra Roth

Von der Stadt ist keine Hilfe zu erwarten: „Wir streben stadtweit ein angemessenes Parkraumangebot an. Allerdings können aufgrund örtlicher Besonderheiten nicht überall öffentliche Parkplätze eingerichtet werden.“ Und das sei an der Märker Straße der Fall: „Parkplatzsuchende müssen – wie auch auf anderen schmaleren Straßen – auf umliegende Straßen ausweichen.“

Mit dieser Ansage kann Werner Dahmen nichts anfangen: „Damit verlagern wir das Problem doch nur. Weichen wir in die benachbarten Siedlungen aus, haben die Anwohner dort ein Problem. Wir wissen einfach nicht, wohin mit unseren Autos.“ Der 59-Jährige hat einen Lösungsvorschlag parat: „Warum macht die Stadt aus unserer Straße nicht einfach eine Einbahnstraße? Dann könnten wir zumindest auf einer Seite parken.“

Seit die Knöllchenangst in der Märker Straße umgeht und die Anwohner zum Teil bis zu einem Kilometer entfernt von ihren Häusern parken, ist ein neues Problem entstanden: „Jetzt rasen viele Autofahrer durch unsere Straße“, so Dahmen. Und einige Nachbarn überlegen, in der Not ihren Vorgarten zu einem Parkplatz umzubauen. „Das kann doch auch nicht im Sinne des Erfinders sein.“ Unruhige Zeiten in der beschaulichen Siedlung in Röttgersbach und keine Entspannung in Sicht.