Duisburg. Duisburgs Gnadenhof rettet seit über 25 Jahren Tiere aus Notlagen. Doch das Geld fehlt an allen Ecken und Enden. Was bedeutet das für die Tiere?

Neugierig steht Florian am Zaun, als Stephan Letsch sich ihm nähert. „Der denkt, es gibt jetzt Futter. Aber das gibt‘s erst um 12 Uhr“, erklärt der drahtige Mann. Florian kann nämlich, anders als andere Ponys, kein Heu fressen. Weil ihm Zähne fehlen, bekommt er vier Mal am Tag besonderes Breifutter. Dass Florian sich noch etwas gedulden muss, scheint ihm nicht zu gefallen: Das Pony läuft Letsch kurz darauf beinahe um.

Der nimmt das mit Humor. Seit zehn Jahren arbeitet er ehrenamtlich auf dem Tiergnadenhof von Hans und Renate Zolopa im Duisburger Westen. Hier ein zerstörter Zaun, da ein verletztes Pferd, dazu ein kaputter Traktor: Viel zu tun gibt es immer, doch Letsch macht die Arbeit gerne. „Zum Spaß“, wie er selbst sagt. Direkt am Rhein und umgeben von Weiden bietet der Hof aber auch einen idyllischen Arbeitsplatz.

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Allerdings wurde ebendiese Idylle in den letzten Jahren immer wieder gestört: durch mutmaßliche Brandstiftung, Dürre und Hochwasser. Aber nicht nur das hat die Arbeit auf dem Tiergnadenhof in den letzten Jahren immer herausfordernder gemacht. Letsch erzählt, was sich verändert hat – und was das für die Tiere bedeutet.

Der Tier- und Gnadenhof in Rheinhausen
Senior-Pony Florian hat Glück und bekommt sein Futter etwas früher als geplant. Ehrenamtler Stephan Letsch bringt ihn dafür in seine Box. © FUNKE Foto Services | Alexandra Roth

Arbeiten auf dem Duisburger Gnadenhof: Ohne Ehrenamtler und Spenden geht es nicht

Neben den sowieso schon anfallenden, aber unkalkulierbaren Reparatur- und Tierarztkosten sind in den letzten Jahren noch Inflation und Extremwetter dazu gekommen. Gleichzeitig seien die Spenden für die geretteten Tiere „drastisch weniger geworden“. Das gilt sowohl für Spontanspenden als auch für Zuwendungen von Firmen, die früher regelmäßig Summen überwiesen haben, so Stephan Letsch. Ein Problem, denn der Gnadenhof ist rein spendenfinanziert.

Vergangenen Dezember starteten die Zolopas daher einen Spendenaufruf, bei dem sie erklären, dass sich die monatlichen Kosten für den Hof verdoppelt hätten – von 3000 auf knapp 6000 Euro. „Wir benötigen Ihre Hilfe, um unseren Tieren eine artgerechte Haltung weiterhin zu ermöglichen!“, schreibt Renate Zolopa auf der Spendenseite. Wie es genau um die Finanzen steht, weiß Letsch nicht, aber: Gnadenhöfe leben, was die Finanzen angeht, immer mit dem absoluten Minimum.

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Aktuell müssen auf dem Hof wieder Zäune repariert werden: Das unerwartete Hochwasser Anfang Juni hat sie zerstört. Ein Zaunpfahl kostet acht Euro. „Da kann man sich ja in etwa denken, was da am Ende zusammenkommt“, sagt Letsch. Und nicht nur das: Das Hochwasser verschlechtert außerdem die Qualität der Weiden, auf denen die Pferde den Sommer verbringen.

Um die 100 Tiere müssen auf dem Gnadenhof versorgt werden

Auf dem Gnadenhof leben hauptsächlich Pferde, Ponys, Esel und Katzen. Zumindest auf dem in Friemersheim. Einen zweiten, aber kleineren Hof haben Hans und Renate Zolopa noch in Bergheim. Letsch schätzt, dass sich aktuell ca. 70 bis 80 Tiere auf beide Höfe verteilen, auf der Webseite ist von 100 Tieren die Rede.

Der Tier- und Gnadenhof in Rheinhausen
So wird aus dem Esel ein Zebra: Letsch zieht Esel Sultan die MSV-Socken hoch, die beißende Fliegen abwehren sollen. © FUNKE Foto Services | Alexandra Roth

Die Tiere haben die unterschiedlichsten Hintergründe. Einige wurden vor dem Schlachthaus bewahrt. Fritz ist ein Polizeipferd, wurde aber wegen einer Verletzung „aus dem Dienst entlassen“. Auf dem Hof kann er nun in Ruhe seinen Lebensabend verbringen. Hinweise auf Tiere in Not bekommt der Hof auch vom Veterinäramt, einige Tiere werden von Privatpersonen abgegeben. Manche Gründe dafür seien nachvollziehbar, sagt Letsch – plötzliche Arbeitslosigkeit, Krankheit –, andere wiederum nicht.

Nicht jedes Tier kann gerettet werden

Das Gnadenhof-Team versucht, möglichst alle Tiere aufzunehmen. Kim Schreiber, die ebenfalls regelmäßig auf dem Hof arbeitet, erklärt, dass das aber leider nicht immer gehe. Manchmal sei einfach nicht genug Platz da, dazu kommen die finanziellen Engpässe. Immerhin: Jedes Tier auf dem Hof hat mindestens einen Paten, der monatliche Beiträge spendet, die dem jeweiligen Vierbeiner zugutekommen. So ist wenigstens ein Teil der Kosten schonmal gedeckt.

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Eine weitere Hilfe: Menschen leisten hier ihre Sozialstunden ab und übernehmen Aufgaben wie das Ausmisten der Ställe. Das in Kombination mit der Unterstützung der Ehrenamtler ermöglicht den geretteten Tieren ein möglichst gutes Leben auf dem Hof. Denn egal, was ist, am Ende gilt immer: „Hauptsache die Tiere sind glücklich und zufrieden.“

Der Tier- und Gnadenhof in Rheinhausen
Hier am Rhein verbringen gerettete Pferde, Ponys und Esel umgeben von Wiesen ein ruhiges Leben. © FUNKE Foto Services | Alexandra Roth

Sommerfest auf dem Gnadenhof in Rheinhausen

Am 30. und 31. August ist übrigens Sommerfest auf dem Tiergnadenhof in Rheinhausen. Hier bekommen Besucher neben Essen und Trinken Einblicke in die Arbeit mit Tieren. Dafür werden auch kleine Workshops angeboten, in denen Kinder zum Beispiel lernen, wie man ein Pferd richtig striegelt und füttert.