Duisburg. Die Baukosten für den Campus Marxloh steigen noch mal um mehrere Millionen – die Gründe und Details. Wird der Betrieb zu einem Millionengrab?

Es hat fast schon was von „täglich grüßt das Murmeltier“. Bereits zum vierten Mal musste der Rat höhere Kosten für den Campus Marxloh abnicken. Das Prestige-Objekt im Duisburger Norden wird noch einmal um mehr als 4,1 Millionen Euro teurer. Damit wird das Bildungszentrum nach jetzigem Stand rund 34 Millionen Euro kosten.

Die erste Machbarkeitsstudie aus dem Jahr 2017 ging noch von 11,2 Millionen Euro aus. Damals war geplant, dass 90 Prozent der Baukosten durch den Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) gefördert wird. Das ist schon längst Geschichte. Inzwischen muss die Stadt stolze 24,9 Millionen Euro aus dem eigenen Haushalt finanzieren.

Campus Marxloh: Die Kosten steigen um weitere 4,1 Millionen Euro

Ursache für die immer wieder und massiv gestiegenen Kosten sind Mängel am Rohbau und in verschiedenen Gewerken. Die aktuellen Gründe sind in der Beschlussvorlage aufgelistet. Den größten Batzen machen Mehrkosten bei den Decken aus (über 600.000 Euro): „Ursächlich sind erhöhte Submissionsergebnisse bei den Gewerken Estrich und Schlosserarbeiten, sowie Nachträge bei den Estrich-Arbeiten wegen Änderungen des Bauablaufs und des Bodenaufbaus“, heißt es in der Beschlussvorlage für den Rat. Übersetzt bedeutet das: Zum ursprünglich ausgeschriebenen Preis hat sich keine Firma für die Arbeiten gefunden.

Nicht nur der Kostenrahmen, auch der Zeitplan ist aus dem Ruder geraten. Dadurch sind die Baunebenkosten enorm gestiegen: „Bei den Architekten- und Ingenieurleistungen führen Nachträge, die durch die verlängerte Projektzeit ausgelöst werden, zwangsläufig zu Kostenerhöhungen“, erklärt die Vorlage. Macht ein Plus von mehr als 1,5 Millionen Euro.

Stadt überprüft Regressansprüche, muss die Mehrkosten aber erst selbst übernehmen

Die Stadt prüft zwar Regressansprüche gegenüber Unternehmen, muss aber für die Mehrkosten erst einmal aufkommen. Wie stehen die Chancen, hier erfolgreich zu sein? „Zu laufenden Verfahren machen wir keine Angaben“, antwortet Thomas Patermann, Geschäftsführer der Wirtschaftsbetriebe, kurz und knapp auf eine Anfrage unserer Redaktion.

Thomas Patermann, Geschäftsführer der Wirtschaftsbetriebe Duisburg.
Thomas Patermann, Geschäftsführer der Wirtschaftsbetriebe Duisburg. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

Die Wirtschaftsbetriebe tragen die Verantwortung für die bauliche Umsetzung des Projektes seit dem 1. Mai, dem Tag der Übernahme des städtischen Immobilien-Managements (IMD). Hat das IMD Fehler bei der Projektüberwachung gemacht, vielleicht nicht ausreichend kontrolliert? Auch dazu möchte Patermann sich nicht äußern: „Wir blicken nach vorne und konzentrieren uns auf die bauliche Umsetzung des Projektes in unserer Verantwortung.“

Etwas Kritik scheint aber trotzdem durch: „Gleichwohl ist dieses Projekt nach meiner Einschätzung in verschiedener Hinsicht wahrlich nicht gut gelaufen. Die zeitlichen Verzögerungen haben zu einer Kostensteigerung beigetragen. Nicht alle beteiligten Unternehmen haben die Arbeiten so abgewickelt, wie man das erwarten kann“, erklärt Patermann. Und weiter: „Man hätte aus unserer Sicht auch bei der Planung auf weniger Komplexität Wert legen können. Und wir sind es bei den Wirtschaftsbetrieben gewohnt, große Bauprojekte mit einer klaren und stringenten Projektstruktur umzusetzen.“

Thomas Patermann: „Projekt ist in verschiedener Hinsicht wahrlich nicht gut gelaufen“

Insofern sei das Bauprojekt Campus Marxloh ein „gutes oder auch schlechtes“ Beispiel dafür, zu erkennen, „was wir anders machen müssen, als es vor Aufgabenübernahme seitens der WBD gelaufen ist. Um das aber auch klar zu sagen: Die derzeitige Projektleitung macht einen hervorragenden Job.“

Trotz aller Schwierigkeiten hält Patermann an den Planungen fest, den Campus bis zum 31. Dezember 2024 fertigzustellen: „Ich halte es Stand heute für realistisch, dass wir zum Ende des Jahres die Übergabe hinbekommen. Ich habe mir den aktuellen Stand auch selbst vor Ort angesehen und habe auch daraus keine anderen Erkenntnisse gewonnen.“ Ursprünglich sollte der Campus im Frühjahr 2023 eröffnet werden.

Bezirksvertretung Hamborn lässt das Betreiberkonzept prüfen

Bleibt zu hoffen, dass es bei den Kosten von aktuell 34 Millionen bleibt. „Das ist ein Chaos, das wir uns so nicht hätten vorstellen können“, kommentierte Christopher Hagenacker, Fraktionsvorsitzender der SPD in der Bezirksvertretung Hamborn bei der letzten Sitzung. Aus Sorge, dass später auch die Betriebskosten aus dem Ruder laufen könnten, haben die Bezirksvertreter einem Prüfantrag der SPD zugestimmt.

Geplant ist, dass der Campus Ende des Jahres fertig wird. Ursprünglich sollte er im Frühjahr 2023 bezogen werden.
Geplant ist, dass der Campus Ende des Jahres fertig wird. Ursprünglich sollte er im Frühjahr 2023 bezogen werden. © FUNKE Foto Services | Lars Fröhlich

Die Verwaltung soll ergebnisoffen prüfen, ob das Betreiberkonzept für den Campus noch tragfähig ist. Wenn nicht, so könne man unter Umständen auf Fördermittel verzichten, um selbst über die Nutzung des Campus entscheiden zu können. Dann wären Synergien denkbar, indem man etwa den schulischen Anteil erhöht. „Damit der Campus kein Millionengrab wird“, so Hagenacker.

>> Campus Marxloh: Die Kostenexplosion im Überblick

  • Die Beschlussvorlage listet die Kostenexplosion der letzten Jahre auf: Im September 2021 hat der Rat zum ersten Mal einer Kostensteigerung zugestimmt. Es ging um ein Plus von 2.127.765,31 Euro auf 20.071.608,00 Euro.
  • Schon im Februar 2022 musste der Rat über ein weiteres Plus von 4.887.992,67 Euro entscheiden.
  • Weiter ging es im März 2023, diesmal erhöhten sich die Baukosten um 4.963.950,21 Euro auf nunmehr 29.923.550,88 Euro.
  • Die Stadt wird im Campus etwa 20 Trägern der Sozial- und Bildungsarbeit kostenfrei Räume zur Verfügung stellen, die schon jetzt in Marxloh aktiv sind. Dazu zählen zum Beispiel Awo, DRK, Grillo-Gesamtschule, Stadtbibliothek, Kommunales Integrationszentrum, kirchliche Träger und weiteren Organisationen.