Duisburg. Das Land NRW delegiert die Entscheidung über die neuen Grundsteuer-Hebesätze an die Städte. Das sind die Folgen für Duisburgs Immobilienbesitzer.
Die NRW-Landesregierung überträgt die Entscheidung über die künftige Höhe der Hebesätze für die Grundsteuer an die Kommunen. Damit die Einnahmen der Stadt Duisburg unverändert bleiben, müssen die Hebesätze von bislang 845 v.H. auf künftig 885 Prozent für Wohnhäuser und auf 1489 Prozent für Gewerbe- und gemischt genutzte Immobilien steigen. Diese „Referenzwerte“, die der Rat für die neue Satzung übernehmen kann, hat die Finanzverwaltung am Donnerstag mitgeteilt.
Duisburger sehen erstmals klarer bei der Grundsteuer
Erstmals können die Duisburger damit durch die Multiplikation mit dem neuen Messbetrag für ihre Immobilien berechnen, wie hoch ihre Grundsteuer künftig voraussichtlich sein wird. Die neuen Messbeträge wurden den Bürgern von den Finanzämtern nach Abgabe der Grundsteuer-Erklärung mitgeteilt.
Weil das Gesamtaufkommen unverändert bleibt, zahlen trotz mutmaßlich steigender Hebesätze für alle dennoch künftig einige mehr und andere weniger. Der Grund: Durch die Reform wurden die bisherigen Einheitswerte durch differenzierte Messbeträge abgelöst, die für jede Immobilie unter Berücksichtigung der Wertentwicklung individuell festgelegt werden.
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Es bleibt jedoch wohl bei der Tendenz, die sich seit langem abzeichnet: Für ältere, aber modernisierte Einfamilienhäuser (Baujahr vor 1964), wird die Grundsteuer wohl deutlich steigen, für Häuser jüngeren Datums ändert sich trotz steigender Hebesätze wenig. Auch viele Mietshäuser – sie wurden bisher höher bewertet – könnten ungeschoren davonkommen.
Die Grundsteuer für Gewerbe-Immobilien sinkt trotz des deutlich höheren Hebesatzes, aber auch hier kommt‘s auf individuellen Messbetrag an: Denn der Hebesatz von 1489 v.H. gilt auch für den Handwerker, auf dessen Betriebsgelände auch sein Wohnhaus steht.
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„Entscheidung in letzter Minute vor den Rathäusern abgekippt“
Die Entscheidung über differenzierte Hebesätze will die Landesregierung den Kommunen per Gesetz übertragen, weil die Auswirkungen der Reform auf die Grundsteuerbelastung von Wohn- und Gewerbeimmobilien lokal sehr unterschiedlich sind.
Diesem Argument folgt auch Duisburgs Kämmerer Martin Murrack (SPD). Gemeinsam mit allen anderen NRW-Kommunen hatte auch er dagegen protestiert, „dass die Entscheidung in letzter Minute vor den Rathäusern abgekippt wird. Wir haben seit langem auf die Schwierigkeiten hingewiesen.“
Denn selbst wenn die schwarz-grüne Landtagsmehrheit das Gesetz noch vor der Sommerpause beschließt, geraten die Städte in höchste Zeitnot. „Hinter die technische und administrative Umsetzung mache ich ein Fragezeichen“, sagt Murrack.
Auch die politische Diskussion über die Frage, ob die nun genannten Referenzwerte für die Hebesätze so in die neue Grundsteuer-Satzung übernommen werden, kann im Stadtrat erst im September beginnen. Spätestens in der letzten Ratssitzung des Jahres am 2. Dezember muss die Satzung schon beschlossen werden.
Kämmerer Murrack fürchtet Klagewelle gegen die neue Grundsteuer
Wahrscheinlich ist, dass der Rat den jetzt übermittelten Referenzwerten des Finanzministeriums folgt. Er könnte aber auch einen für alle einheitlichen Hebesatz von 1071 v.H. beschließen. Auch dann bliebe das Gesamtaufkommen für die Stadt gleich, Wohnimmobilien würden aber deutlich höher belastet.
Gleich welche Werte ab 2025 gelten, die differenzierten Hebewerte bergen ein enormes Klage-Potenzial. Schon gegen die Grundsteuer-Bescheide gab es allein in Duisburg mehr als 17.000 Widersprüche. Auch Martin Murrack sieht eine Klagewelle aus allen NRW-Kommunen auf die Gerichte zurollen: „Das werden Tausende Verfahren.“ Auch mit diesem Risiko belaste NRW-Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU) die Städte. „Einige meiner Kollegen denken bereits an Rückstellungen für das Ausfallrisiko bei der Grundsteuer“, berichtet der Kämmerer.
GRUNDSTEUER-REFORM: EIN URTEIL UND SEINE FOLGEN IN NRW
- In einem Urteil von 2018 hat das Bundesverfassungsgericht die bisherige Einheitsbewertung von Grundstücken für unzulässig erklärt und eine Reform der Grundsteuer bis 2025 verfügt.
- Wie zehn weitere Bundesländern wählte auch NRW das sogenannte „Bundesmodell“. Es sieht vor, dass sich die Bemessung der Grundsteuer nicht nur an der Größe, sondern auch an der tatsächlichen Wertentwicklung des darauf befindlichen Gebäudes orientiert.
- Einige Länder nutzen eine Öffnungsklausel, um durch eigene Modelle zu verhindern, dass der Preisanstieg in einigen Regionen zu stark ausfällt. Weil NRW nichts tat, war absehbar, dass viele Wohnimmobilien deutlich höher eingestuft werden als Lagerhallen oder Fabrikgebäude.