Duisburg. Lokalpolitiker reagieren geschockt: Duisburgs berühmte Brücke der Solidarität kann nicht saniert werden. Die Rheinbrücke muss ersetzt werden.
Kurz vor ihrem 75. Jahrestag ist für die Brücke der Solidarität das Ende ihrer Lebensdauer in Sicht. Bis zum Jahr 2040 soll ein Neubau die wichtige Duisburger Schlagader zwischen Hochfeld und Rheinhausen ersetzen. Der muss schon jetzt mit Hochdruck geplant werden, damit diese zentrale Rheinquerung durchgängig erhalten bleibt. „Wir beginnen damit noch in diesem Jahr“, kündigte jetzt Matthias Vollstedt vom Duisburger Planungsamt in der Bezirksvertretung Rheinhausen an.
Brücke der Solidarität: Neubau der Rheinbrücke als Abschluss der „Logistikdiagonale“
Bei den meisten Kommunalpolitikern herrschte am Donnerstag zunächst geschocktes Schweigen, obwohl der Brückenbau-Fachmann eigentlich keine Neuigkeit verkündete. Die wichtigsten Verkehrsprojekte der kommenden 20 Jahre hatten die Planer im Frühsommer 2023 in einer ausführlichen Vorlage beschrieben – und dabei auch den Neubau thematisiert.
Doch dass das bundesweit 1987/88 bekannt gewordene Bauwerk, das Stadtgeschichte und Stadtbild prägt(e), als wichtigste innerstädtische Verkehrsachse zwischen Innenstadt und Duisburger Westen keine Zukunft hat, wurde in der Bezirksvertretung vielen Lokalpolitikern anscheinend erst deutlich.
Niemand dürfe glauben, das Jahr 2040 sei noch weit weg, warnt Baudezernent Martin Linne. Nicht nur für die Rheinquerung, auch für eine neue Brücke von der Vulkanstraße über den Innenhafen zur A40 und den Umbau des Marientors und den Ersatzneubau der Gaterwegbrücke am Rheinhauser Logport benötige Duisburg Hunderte Millionen Euro Fördergelder. „Das müssen wir dem Land rechtzeitig mitteilen.“
Der Neubau der Rheinbrücke markiert den Abschluss der sogenannten „Logistikdiagonale“, die den Schwerverkehr zwischen Rheinhauser Logport, Hochfeld, A40, Ruhrorter Hafen und Umgehungsstraße Meiderich bis zur A59 führt.
Duisburger Planer: Brauchen Masterplan für Erneuerung der Brücken in NRW
Es gelte, dabei nicht nur auf Duisburg allein zu schauen, sagt Matthias Vollstedt, der bei der Bezirksregierung bereits jahrelang mit dem brisanten Brückenthema befasst war. „Zum Ende des Zweiten Weltkriegs sprengte die deutsche Wehrmacht sämtliche Rheinbrücken gleichzeitig, um die Alliierten am Vormarsch zu hindern. Danach mussten alle Brücken wieder aufgebaut werden – und das eben zur selben Zeit. Deshalb sind alle Brücken gleichzeitig marode.“
Der Fokus der Politik müsse nun auf der Erneuerung liegen, um weitere Sperrungen wichtiger Verkehrsverbindungen wie der A42 zu verhindern: „Es muss endlich einen Masterplan geben, weil unglaublich viele Brücken in NRW zeitgleich erneuert werden müssen. Und zwar unbedingt.“ Denn auch für die Brücke der Solidarität gelte: „Da gibt es nichts mehr zu reparieren.“
Straßenbahn könnte ab 2040 über neue Brücke in den Stadtwesten rollen
Nach einer neuerlichen Begutachtung der Brücke beginne die Vorbereitung für den Neubau, beschreibt Vollstedt: „In einer Machbarkeitsstudie wird auch geprüft, ob auch die Straßenbahn über die neue Brücke nach Rheinhausen fahren kann. Sie wird zeigen, was alles möglich ist.“
Abriss oder Erhalt? Zukunft der alten Brücke ist noch nicht geklärt
Dabei wird es auch um die Zukunft der alten Brücke gehen, mit der viele Duisburger die Erinnerung an den Kampf um die Krupp-Hütte Ende der 1980er Jahre verbinden. Durch die Blockade durch die Stahlkocher wurde sie zu einem Stück Stadtgeschichte. Forderungen nach dem Erhalt sind deshalb absehbar. Auch mit dem Denkmalschutz werde darüber zu reden sein, hieß es am Freitag auf Nachfrage im Planungsamt.
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Vielleicht treibt der Wunsch nach Erhalt des Altbaus auch die Frage nach einem Tunnel. „Ich habe da aber ein Störgefühl“, sagt der Brückenbauexperte zu dieser Idee aus der Politik. „Eine Tunnellösung ist für den Bereich nicht vorgesehen.“
Zehn Jahre für Planung, Finanzierung und Auftragsvergabe
Machbarkeitsstudie, Planung des Neubaus und das anschließend erforderliche Planfeststellungsverfahren werden auf jeden Fall mehrere Jahre in Anspruch nehmen, auch wenn Klagen eher nicht zu erwarten sind. Dann sei da noch das dicke Brett der Finanzierung zu bohren, erinnert Vollstedt: „Die Städte speziell rheinaufwärts haben alle eine ähnliche Situation, da kommt Etliches auf das Land und die Kommunen zu.“
Keine zehn Jahre bleiben für diese Verfahrensschritte, denn auch das Ausschreibungsverfahren und die Auftragsvergabe bei Projekten dieser Größenordnung erfordern Zeit. Damit der Verkehr im Jahr 2040 über einen Neubau der Brücke der Solidarität rollen kann, müssten die Arbeiten Mitte der 2030er Jahre beginnen.
>> DIE LÄNGSTE BRÜCKE IHRER ART IN DEUTSCHLAND
Das als Admiral-Graf-Spee-Brücke 1936 eröffnete Vorgängerbauwerk wurde im März 1945 von der Wehrmacht vor der heranrückenden 9. US-Armee wie auch die anderen Duisburger Auto- und Eisenbahnbrücken gesprengt.
Der Bau der neuen Brücke begann im Juli 1945, fünf Jahre später wurde sie für den Verkehr freigegeben. Die nach einem Entwurf von Krupp Stahlbau Rheinhausen gebaute Stabbogenbrücke gilt mit einer Stützweite von 255,9 Metern als längste ihrer Art in Deutschland.
Bundesweit bekannt wurde die Brücke 1987, als sie am 10. Dezember von der Krupp-Belegschaft besetzt wurde, um gegen die geplante Schließung der Hütte in Rheinhausen zu protestieren.
Am 20. Januar 1988 wurde sie von den Mitarbeitenden des Werks in „Brücke der Solidarität“ umbenannt. An diesem Tag zogen 50.000 Stahlkocher aus über 60 deutschen Hüttenwerken zur Brücke. Der Name auf dem Schild aus der Krupp-Lehrwerkstatt wurde später von der Stadt Duisburg offiziell übernommen.
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