Duisburg-Marxloh. Ali Kemal Bayraktar betreibt ein Schmuckgeschäft auf der Brautmodenmeile. Was für Kunden dort anders abläuft als bei den deutschen Juwelieren.
Bei den Juwelieren in Marxloh läuft einiges anders, als es deutsche Kunden gewohnt sind. Als Erstes fallen die Auslagen auf: In den Schaufenstern dominiert Goldschmuck, und es wird nicht mit Reizen gegeizt. Ringe, Ketten, Armbänder glänzen und glitzern um die Wette. Es kann gar nicht genug Bling-Bling sein. So auch im Geschäft von Ali Kemal Bayraktar an der Kaiser-Wilhelm-Straße.
„Meine Familie hat den ersten Juwelier an der Weseler Straße eröffnet. Das war 1991“, sagt der 42-Jährige. „Dieses Ladenlokal war direkt neben Pelze Geyer, dem damals bekanntesten Kürschner in Nordrhein-Westfalen.“ In den ersten Jahren hatte das Schmuckgeschäft „Topkapi“ nur fünf oder sechs Modelle an Trauringen im Programm. „Heute sind es über 100“, sagt Bayraktar.
Auch der Geschmack hat sich gewandelt: War früher eher kitschiger Schmuck angesagt, bevorzugen die Kunden heute elegante Designs. Gerne in weiß- oder gelbgold, zweifarbig sei nicht mehr gefragt. Der gelernte Goldschmied bezieht seine Ware komplett aus Istanbul, wo seine Schwester Gönül auch ein Schmuckgeschäft betreibt.
Die Bayraktars sind schon seit 1991 auf der Duisburger Brautmodenmeile aktiv
Bayraktars Familie stammt aus Mülheim, er selbst wohnt noch heute in Duisburgs Nachbarstadt. Warum also ein Geschäft in Duisburg? „Wir wollten da hin, wo viele Türken wohnen. Außerdem leben in Duisburg Türken aus verschiedenen Regionen.“ Das ist offenbar gut fürs Geschäft.
„Als meine Familie 1991 in Duisburg gestartet ist, gab es in Marxloh noch zehn deutsche Juweliere. Die waren dann irgendwann alle weg.“ Heute ist das Business fest in türkischer Hand. Bayraktar schätzt, dass auf und rund um die Brautmodenmeile etwa 25 Juweliere um Kunden werben.
Seit 1993 hat der Juwelier auch Braut- und Hennakleider im Angebot. Frei nach dem Motto: Wer einen Trauring kauft, braucht auch ein Kleid. „Damals sind die Türken in die Türkei geflogen und haben die Kleider im Urlaub gekauft. Sie mussten natürlich öfter zu Anproben, wollten aber lieber am Strand liegen.“ Daher seien die Brautmodenläden in Marxloh schnell angenommen worden: Der Brautkleidkauf wurde stressfreier.
Viele Kunden kommen aus den Niederlanden und der Schweiz
Wie überall auf der Brautmodenmeile kaufen auch bei Topkapi viele Menschen aus dem Ausland ein. „Früher waren es mal 90 Prozent Belgier, heute sind es nur noch zehn Prozent. Denn in belgischen Städten haben sich überall türkische Straßen entwickelt“, erklärt der Juwelier. Nicht so üppig wie in Marxloh, aber sie sind eine Konkurrenz. „Heute kommen die Kunden aus den Niederlanden, der Schweiz und natürlich ganz Deutschland.“
Doch zurück zum Schmuck: „Der größte Unterschied zu den deutschen Kollegen ist für mich, dass wir unsere Preise fairer kalkulieren. Bei uns ist die Gewinnmarge nicht so hoch“, meint der 42-Jährige. Auch sei das Prozedere ein komplett anderes, als deutsche Käufer es gewohnt sind: Der Preis eines Schmuckstückes orientiert sich an seinem Gewicht. Deshalb ist die Waage bei jedem Verkauf dabei.
Der Preis für den Schmuck orientiert sich am täglichen Goldkurs
„Ich möchte meinen Kunden gegenüber korrekt sein, aber natürlich auch Gewinn machen“, erklärt Ali Kemal Bayraktar. Gute Preise und eine überzeugende Qualität („Wir hatten noch nie eine Reklamation“) seien der beste Weg, die Kunden an sich zu binden. „Außerdem schenkt es unseren Kunden Vertrauen, dass sie sich den Preis selbst ausrechnen können.“
Früher, so erzählt der Juwelier, hätte sich der Goldpreis alle vier bis sechs Wochen geändert. „Heute muss ich zwei- bis dreimal am Tag anpassen.“
Noch etwas hat sich geändert: Früher funkelten echte Diamanten in Ringen und Co. – heute sind es Swarovski-Steine. „Wir verwenden japanische Zirkonia-Steine. Die bleiben immer schön. Echte Brillis können sich viele einfach nicht mehr leisten. Die machen nur noch zehn Prozent aus.“
Bei Bayraktar kosten Trauringe im Schnitt 800 Euro – für beide Ringe zusammen. „Hat ein Mann dicke Finger, sind es vielleicht 1000 Euro. Bei einem deutschen Juwelier bezahlen Sie das Doppelte“, sagt Ali Kemal Bayraktar. Einmal habe sogar ein Kollege, der bei einem deutschen Juwelier arbeitet, bei ihm gekauft. „Denkst du, ich zahle unsere Preise?“, habe der auf Nachfrage gesagt. Wo der Mann in Lohn und Brot ist, wird natürlich nicht verraten.
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Bei türkischen Paaren gibt die Frau den Ton an, welche Ringe bei der Trauzeremonie an die Finger gesteckt werden. „Die Männer sagen: Schatz, such du aus.“ Bei Deutschen sei das nicht so. „Bei Russen, Italienern und Arabern und manchmal auch den Türken mischen sich noch die Eltern ein.“
Macht ein Mann einer Frau einen Heiratsantrag, schenkt er ihr klassischerweise einen Vorsteckring. „Die Frau trägt ihn und gibt dem Mann damit ein Versprechen.“ Sie trägt ihn auf der linken Seite, wo sich auch das Herz befindet. „Das ist bei Katholiken und Moslems gleich.“
Aber natürlich gehen auch viele Geburtstagsgeschenke über den Verkaufstisch und – auch das für Deutsche ungewöhnlich – Ringe als Silvestergeschenk. „Eigentlich arbeiten wir zu 99 Prozent für Frauen, und der Mann darf zahlen“, lacht der Juwelier. „Manchmal tun mir die Männer leid.“
>> Die nächste Generation steht bei Topkapi schon in den Startlöchern
- Ali Kemal Bayraktar beschäftigt fünf Mitarbeiter – zwei davon sind seine Neffen Emre (25) und Ali Eren (27). Die lernen gerade von ihrem Onkel und sollen das Geschäft an der Kaiser-Wilhelm-Straße irgendwann einmal übernehmen.
- Denn Bayraktar denkt daran, bald zumindest etwas kürzer zu treten. Kein Wunder: Seit vielen Jahren steht er sechs Tage in der Woche in seinem Geschäft und wünscht sich etwas mehr Freizeit.
- Topkapi hat montags bis freitags von 10 bis 19 Uhr und samstags von 9 bis 18 Uhr geöffnet.