Düsseldorf/Neuss. Ab sofort dürfen gar keine Lastwagen mehr über die Südbrücke zwischen Düsseldorf und Neuss fahren. Ein Schlag für die Wirtschaft.

Seit diesem Freitag ist die Josef-Kardinal-Frings-Brücke - auch bekannt als Südbrücke - zwischen Düsseldorf und Neuss für Lastwagen endgültig tabu. Nachdem bei den derzeit laufenden Reparaturarbeiten jüngst neue, „gravierende Schäden an den Brückenlagern“ entdeckt worden sind, wurde das bisher geltende Verbot erheblich verschärft. Statt zuletzt 30 Tonnen sind jetzt nur noch Fahrzeuge auf der Brücke erlaubt, die höchstens 7,5 Tonnen insgesamt wiegen.

„Das ist für die Wirtschaft im Hafen die totale Katastrophe“, sagt Robert Lamers, geschäftsführender Gesellschafter der Fortin Mühlenwerke und Vorsitzender des Hafenvereins, Zusammenschluss von etwa 30 Logistik- und Industrie-Unternehmen im Hafen. Die Brücke war bis dato die direkte Straßenverbindung zwischen den beiden Hafenteilen auf Neusser und Düsseldorfer Seite, erklärt Lamers.

„Wenn wir jetzt nicht handeln, drohen im schlimmsten Fall weitere Schäden, die dann zu einer Vollsperrung der Brücke für den gesamten Verkehr führen würden.“

Landesbetrieb Straßen.NRW

„Wir verstehen, dass diese Einschränkung die Menschen und Firmen in der Region stark belasten wird und einen gravierenden Einschnitt in den Verkehrsfluss bedeutet“, teilte der Landesbetrieb Straßen.NRW zu seiner vor zwei Tagen bekannt gegebenen Entscheidung mit: „Wenn wir jetzt nicht handeln, drohen im schlimmsten Fall weitere Schäden, die dann zu einer Vollsperrung der Brücke für den gesamten Verkehr führen würden.“

Keine Lastwagen mehr auf der Südbrücke: 25 Kilometer Umweg - mindestens

Konsequenzen hätte das Lkw-Verbot auf der Brücke bereits für sein Unternehmen, sagt Lamers: „Uns haben Spediteure kurzfristig Fahrten abgesagt, die Transporte zwischen unserem Zwischenlager auf der Neusser Seite und dem Mühlenbetrieb auf der Düsseldorfer Seite durchführen sollten“, berichtet Lamers. Statt sechs bis sieben Fahrten am Tag, wie ursprünglich geplant, seien wegen des nun erforderlichen Umwegs über die Fleher Brücke höchstens die Hälfte zu schaffen. Doch dazu reiche das Personal nicht beim Spediteur. Bei großen Mengen würde man ein Binnenschiff als „Shuttle“ einsetzen, sagt Lamers. Kleinere Mengen im Bereich von 150 bis 200 Tonnen Getreide jedoch müssten per Lastwagen zum Verarbeiten angeliefert werden. „Das ist für ein Binnenschiff zu wenig“, sagt Lamers. Und für den Lkw-Verkehr sind jetzt 25 Kilometer Umweg mit entsprechender Dauer einzurechnen.

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Auch bei den betroffenen Kreisbauernschaften links- und rechtsrheinisch zeigt man sich von der jüngsten Entwicklung geschockt. Landwirtschaftliche Fahrzeuge machen zwar nur einen kleinen Teil des bisherigen Schwerlastverkehrs auf der 1951 eröffneten Brücke aus. Doch für die Ernte-Transporte, die die Mühlen zu beiden Seiten des Hafens ansteuern, sind die neuen Einschränkungen die denkbar schlechteste Nachricht, ist zu erfahren. Auch Lohnunternehmen, die die Südbrücke bis dato zur Ernte mit Mähdreschern überfuhren, dürfen jetzt faktisch nicht mehr über die Südbrücke fahren: „Schon moderne Schlepper, wie sie Landwirte einsetzen, wiegen alleine leer mehr als 7,5 Tonnen“, sagt Peter Herzogenrath, Geschäftsführer der Kreisbauernschaft Neuss-Mönchengladbach. Sie können jedoch auch nicht über die Fleher- und die Flughafenbrücke ausweichen, weil landwirtschaftliche Fahrzeuge nicht auf die Autobahn dürfen. Auch der Rheinufer-Tunnel ist für Trecker und Co. bis dato verboten, weil der als „Kraftfahrstraße“ ausgewiesen ist.

Marode Südbrücke: Mehr Lkw-Verkehr in der Düsseldorfer Innenstadt?

Als Folge ist davon auszugehen, dass künftig mehr Lastwagen die Straßen in der Düsseldorfer Innenstadt belasten, glaubt Robert Lamers. Besonders aus Benelux können Lkw nicht mehr über die A57 und den Neusser Ring über die Südbrücke fahren, sondern werden wohl den Weg über die Flughafenbrücke der A44 nutzen. Von da gehe es dann weiter über Kennedydamm, Cecilienallee, Joseph-Beuys-Ufer, Rheinufertunnel bis zur Hafen-Zufahrt auf Düsseldorfer Seite, glaubt Lamers: „Einen anderen Weg gibt es doch gar nicht.“ Auch interessant: Marode Rheinbrücken in Düsseldorf: Wie es nun weitergeht

Aus Sicht von Lamers müsse deshalb mit der Stadt gesprochen werden, dass zum Beispiel Ampel-Schaltungen für die mutmaßlich anschwellenden Lkw-Transporte zum Hafen „optimiert werden“, meint Lamers. Die Kreisbauernschaften hatten sich von der Stadt schon vor der jüngsten Verschärfung erhofft, dass der Rheinufertunnel auf dem Teilstück von Kniebrücke bis nördlicher Tunnel-Ausfahrt für landwirtschaftliche Fahrzeuge geöffnet werde, um lange Umwege durch die Innenstadt zu vermeiden. Doch die Stadt hat das bis dato abgelehnt: Weil Ernte-Transporte so langsam fahren, seien sie im Tunnel ein Verkehrsrisiko, erklärte ein Stadtsprecher auf Anfrage.

Sorgen bei der IHK: Gleich drei Rheinbrücken in Düsseldorf sind zu erneuern

Die IHK Düsseldorf sieht unterdessen den Bund in der Pflicht, als Eigentümer der Südbrücke jetzt „Tempo“ beim Brücken-Neubau zu machen. Denn die Lage an der Südbrücke wird sich nicht verbessern. Seit dem Sommer wird die Brücke notdürftig repariert, damit sie überhaupt noch hält. Jüngst wurde bekannt gegeben, dass diese Arbeiten länger dauern. Wann ein Neubau kommt, steht bisher in den Sternen.

Thomas Vieten, Verkehrsreferent der IHK, richtet vor dem Hintergrund der neuen Lage einen Appell auch an die Politik, „die Finanzierung von Infrastrukturprojekten in den Blick zu nehmen“. Da gehörten Straßen und Brücken mit Blick auf den Wirtschaftsstandort hoch auf die Prioritätenliste“, sagt Vieten.

Die Düsseldorfer „Brückenfamilie“

Sieben Brücken queren in der Landeshauptstadt den Rhein, sechs davon für den Straßenverkehr. Mit Fleher- und Flughafenbrücke gibt es zwei Autobahn-Brücken, Kardinal-Frings- und Theodor-Heuss-Brücken sind als Bundesstraßen ausgewiesen, Knie- und Oberkasseler Brücke sind Landes- bzw. städtische Straßen, alle gepaart mit Rad- und Fußwegen und in den Mehrzahl in weniger gutem Zustand. Die Fleher Brücke, Baujahr 1979, soll abgerissen werden, wie auch Kardinal-Frings- (1951) und Theodor-Heuss-Brücke (1957), der damals größten Schrägseilbrücke der Welt. Für ingenieurtechnische Rekorde stand auch die Rheinkniebrücke, die 1969 „mit dem damals größten Freivorbau der Welt errichtet worden war“, wie die Stadt Düsseldorf in einer Übersicht zur „Düsseldorfer Brückenfamilie“ hervorhebt. Auch die Oberkasseler Brücke schrieb Technik-Geschichte, weil sie, 1976 errichtet, komplett mit ihren 12.500 Tonnen Gewicht an ihren Standort zwischen Luegallee und Tonhalle verschoben wurde, um die alte Nachkriegs-Behelfsbrücke zu ersetzen. Die Hammer Eisenbahnbrücke geht auf das Jahr 1870 zurück und wurde 1987 als Fachwerkbrücke mit mächtigem Stahlbogen-Konstrukt erneuert. (dae)

Sorgen macht sich Vieten auch, weil „in den kommenden 15 Jahren gleich drei Rheinbrücken in Düsseldorf durch Neubauten ersetzt werden müssen“ - neben der Süd- auch die Theodor-Heuss-Brücke und die Fleher Brücke. Sollte das gleichzeitig geschehen, „habe ich erheblich Zweifel, was die Anbindung der Landeshauptstadt angeht“, sagt Vieten. Deshalb appeliere die IHK auch „an die Baulastträger“, Baulmaßnahmen untereinander bestmöglich abzustimmen, sagt Vieten.

Einschränkungen auch für Straßenbahnen auf der Brücke

Selbst für die Straßenbahnen gelten ab diesem Freitag Einschränkungen, teilte die Rheinbahn mit: Die Bahnen der Linie 709 dürfen nur noch einzeln über die Brücke und sich nicht mehr begegnen. „Dadurch kann es zu Verspätungen kommen. Die Rheinbahn bittet die Fahrgäste der Linie 709, etwas mehr Zeit für die Fahrt und das Erreichen von Anschlüssen einzuplanen.“

Auch für den Autoverkehr haben die neuen Maßnahmen Folgen: Statt wie zuletzt Tempo 50, gilt ab diesen Freitag Tempo 30 auf der Südbrücke. Der Verkehr wird zudem noch lange nur auf jeweils einer Fahrspur je Richtung geführt.

(dae)

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