Voerde. Container an der Grundschule Friedrichsfeld gehen später in Betrieb. Warum die Stadt beim Offenen Ganztag viele weitere Baustellen vor sich hat.

Die Nachfrage nach dem Offenen Ganztag (OGS) an den Voerder Grundschulen ist hoch – Tendenz steigend: Fast 70 Prozent der aktuellen Erst- bis Viertklässler wurden dafür angemeldet. Am höchsten ist der prozentuale Anteil der Mädchen und Jungen, die das Betreuungsangebot in allen vier Jahrgängen wahrnehmen, an der Grundschule Friedrichsfeld und an der Otto-Willmann-Schule in Voerde. Die Quote dort liegt bei 67 beziehungsweise 75 Prozent und damit etwas höher als im Jahr zuvor. Mit der steigenden Nachfrage nach OGS-Plätzen werden neben mehr Personal auch mehr Räume benötigt. Besonders dringlich ist die Situation an der Grundschule Friedrichsfeld, worauf rund 60 Eltern mit ihren Kindern während einer Demo in diesem Frühjahr aufmerksam gemacht hatten. Auch eine Online-Petition mit der Forderung nach Verbesserungen wurde initiiert.

Noch längst nicht in Betrieb

Die Politik sicherte damals zu, dass die Anzahl der OGS-Gruppen ab dem neuen Schuljahr erhöht, zwei Raumcontainer als Übergangslösung an der Grundschule Friedrichsfeld aufgestellt sowie langfristig bauliche Veränderungen an den Schulen geprüft werden sollen. Die Sommerferien sind inzwischen vorbei. Das neue Schuljahr läuft seit Anfang vergangener Woche, die beiden für die OGS an der Grundschule Friedrichsfeld angekündigten Raumcontainer à 70 Quadratmeter aber sind noch längst nicht in Betrieb.

Die Maßnahme befindet sich um Wochen in Verzug: Mitte Mai hatte die Stadt eine Firma mit der Errichtung der Raumcontainer beauftragt. Nach NRZ-Informationen waren als Baustart ursprünglich der 1. Juni und als Termin für die Fertigstellung der 31. Juli 2023 verbindlich festgelegt worden. Dann wäre noch eine Woche Zeit bis zum Beginn des neuen Schuljahres gewesen. Die Stadt soll die beauftragte Firma mehrfach darauf hingewiesen haben, wie dringlich die Sache ist.

Zwei Monate waren also als Zeitfenster für die Fertigstellung der beiden Raumcontainer angesetzt gewesen. Der aktuelle Plan sieht nun wie folgt aus: Der Unterbau der Anlage (Höhenausgleich, Betonplatten) soll am Donnerstag kommender Woche erstellt „und danach direkt im Anschluss mit dem Aufbau der Module begonnen werden“, erklärt Stadtpressesprecherin Miriam Lütjann auf Anfrage. Die Verwaltung gehe von einer Fertigstellung der Räumlichkeiten voraussichtlich Ende September aus, da auch noch die Arbeiten an den Außenanlagen (Rampen, Treppen etc. ) ausgeführt werden müssten. Mehr zur Zeitschiene könne man erst nach Beginn der Container-Aufstellung sagen. Es werde natürlich versucht, die Räumlichkeiten so schnell wie möglich nutzbar zu machen. Die Gründe für die Verzögerung lägen „im Bereich der Materialbeschaffung seitens der beauftragten Firma“.

Ein 70-Quadratmeter-Raumcontainer sollte nach den ersten Planungen an der Otto-Willmann-Schule ebenfalls zu Beginn des neuen Schuljahres in Betrieb gehen. Die Situation habe sich aber in dem Fall insoweit geändert, als dass dort „vorübergehend eine komplette Mensa mit Nebenräumen (OGS-Büro, Anmeldung OGS, Putzmittelraum usw.) sowie ein weiterer Klassenraum in Modulbauweise geschaffen werden. Zusätzlich werden in den Bestandsgebäuden Nutzungsänderungen der vorhandenen Räume vorgenommen. Hier wird eine Fertigstellung um Ostern 2024 angestrebt. Diese Planung ist durch die Verwaltung in enger Abstimmung mit der Schulleitung sowie der OGS-Leitung getroffen worden“, erläutert Lütjann. Für die zwischenzeitliche Unterbringung der OGS-Kinder dort wie auch am Standort Friedrichsfeld seien „einvernehmliche Lösungen mit den Schulleitungen sowie den OGS-Leitungen gefunden worden“, versichert Lütjann. Konkretes nennt sie dabei nicht. Nur so viel: „Alle Kinder erhalten einen OGS-Platz“ zum neuen Schuljahr.

Druck auf Kommunen wächst

Dies soll auch für die drei weiteren Grundschulen im Stadtgebiet gelten: An der Erich-Kästner-Schule in Voerde sind 59 Prozent der Erst- bis Viertklässler für die OGS angemeldet, an der Astrid-Lindgren-Schule in Spellen liegt die Quote bei 65 Prozent und im Fall der Regenbogenschule in Möllen bei 66 Prozent. Die Stadtverwaltung stehe auch an diesen drei Standorten ständig in einem engen Austausch mit den Beteiligten.

Dies betrifft nicht nur die aktuelle Situation. Denn: Bei dem Thema erhöht sich der Druck auf die Städte und Gemeinden noch einmal dadurch, dass ab August 2029 jedes Grundschulkind der Klassen eins bis vier einen Rechtsanspruch auf eine Ganztagsbetreuung hat. Der Beschluss der Bundesregierung von 2021 gilt sukzessive aufbauend ab dem Schuljahr 2026/2027. Heißt: Ab August 2026 haben zunächst alle Erstklässler Anspruch auf einen OGS-Platz. Damit dürfte sich die Nachfrage nach diesem Betreuungsangebot noch einmal verstärken. Die Stadt Voerde rechnet mit einer Quote von rund 80 Prozent – was einer Steigerung um zehn Prozentpunkte entspräche. Ihre Prognose begründet sie damit, dass sie bereits jetzt in der Situation sei beziehungsweise gewesen sei, „noch kein Kind ablehnen zu müssen“.

Kritik aus dem Voerder Rathaus klingt an

Was die mit dem Rechtsanspruch einhergehenden Erweiterungserfordernisse an den fünf Grundschulstandorten betrifft, sei die Verwaltung mit Schulleitungen sowie OGS-Trägern und -Leitungen in intensiven Gesprächen. Die Ergebnisse daraus würden der Politik im nächsten Sitzungszug im September in den beteiligten Gremien vorgestellt. „Vor allem im Bereich der Mensen werden Erweiterungen an allen Standorten nötig sein“, erläutert Stadtpressesprecherin Miriam Lütjann. Dazu würden auch im Bereich des Bestandes durch Nutzungsänderungen und Umbauten von Räumen sowie im Bereich der Ausstattung der Räume Möglichkeiten geschaffen, um diese multifunktional zu nutzen.

Aus dem Voerder Rathaus klingt Kritik an der weiteren Kostenbelastung an: „Insgesamt ist bereits jetzt erkennbar, dass die derzeit kommunizierten finanziellen Unterstützungen des Bundes bei Weitem nicht ausreichen werden, die Investitions- und die Betriebskosten zu decken“, sagt Lütjann.

>>Info: Nachfrage nach offenem Ganztag ist in Voerde stetig gestiegen

In den vergangenen Jahren ist der Bedarf an OGS-Plätzen bei den Erst- bis Viertklässlern in Voerde deutlich gestiegen. Lag die Quote 2012 noch bei insgesamt 51 Prozent, waren es 2022 bereits 66 Prozent.

Die Steigerungen spiegeln sich auch in den absoluten Zahlen wider: 2022 wurden insgesamt 827 Mädchen und Jungen von insgesamt 1240 an Voerder Grundschulen für die OGS angemeldet, zehn Jahre zuvor waren es 660 von insgesamt 1.294 Schülerinnen und Schülern.