Dinslaken. Mit Matthias Krauss ist Angelo Kelly auf Mixtape Tour. Wie er es schaffte, ohne „Angel“ nicht völlig auf Engel in der Popmusik zu verzichten.

Coverbands gibt es viele und sie sind nicht zu verwechseln mit Tribute-Bands, die es sich speziell zur Aufgabe gemacht haben, musikalisch und optisch möglichst nah am Original zu sein. Beim Covern zählen zwei andere Qualitäten: erstens müssen die Songs einem selbst und dem Publikum Spaß mache und zweitens drückt man den Titeln dabei seinen eigenen Stempel auf. Je weiter weg vom Original und je näher dran am persönlichen Stil, desto besser.

Eigene Security verhinderte Einladung von Bono und Co.

Angelo Kelly ist 2014 erstmals mit Matthias Krauss unter diejenigen gegangen, die mit Coversongs ganze Konzerte bestreiten und bei ihm kommt noch eine dritte, reizvolle Komponente dazu: Er kann Dönekes zu den Liedern erzählen, die aus erster Hand stammen. Von persönlichen Treffen mit den Komponisten der Songs, die er spielt, oder auch - im Falle von U2, wie er Bono und Co eben nicht getroffen hat: Die eigne Security hat ihn und den Rest der Kelly Family beim Stadion-Konzert von U2 in Köln derart abgeschirmt, dass es ihr sogar gelang, das Gipfeltreffen dieser beiden irischen Superbands in den 90er Jahren zu verhindern. Jetzt ist es Angelo Kelly, der „I still haven’t found what I’m looking for“ singt - damals seien es U2 gewesen, die enttäuscht waren, weil es mit ihrer Einladung nicht geklappt hat.

Wie Phil Collins

Geklappt hat es aber mit Angelo Kelly, Matthias Krauss und den Fans am Donnerstagabend im Burgtheater - seinem zweiten Auftritt dort seit dem Konzert mit seiner eigenen Familie im Rahmen des Fantastivals 2019. Jetzt also die „Sommerkultur“ und die machte ihrem Namen, wenn schon nicht mit den Temperaturen, wenigstens mit einem Ende der Wassermassen vom Himmel Ehre, der einzige Regen, der noch thematisiert wurde, war der „Purple Rain“ von Prince. Bei diesem Song wechselte Kelly vom Mikroständer auf der Mitte der Bühne ans Schlagzeug. Schließlich kann er beides. So wie Phil Collins, der mal hinter ihm auf dem Roten Teppich ganz bescheiden an den Kameras vorbeihuschen konnte, weil sich die Fotografen zu sehr auf Angelo Kelly fokussiert haben. Auch eine der Anekdoten des Abends.

Mixtape Tour nennen Angelo Kelly und Matthias Krauss ihr Konzept, Hits überwiegend der 80er und 90er Jahre auf ihre Art zu interpretieren. Was nicht nur recht hörenswert, sondern gerade musikalisch auch sehenswert ist. Die beiden benutzen nämlich keine Loop-Station, sondern spielen mehrere Instrumente gleichzeitig. Kelly singt, begleitet sich auf der Akustikgitarre und spielt mit dem Fuß Schellenkranz dazu, Krauss sitzt mit der Gitarre auf dem Schoß am Keyboard, drückt zum Teil auf der Eins die Tasten runter und schlägt auf der Zwei und Drei Akkorde aug den Saiten an.

Von den Kellys inspiriert

Und derart handgemacht präsentiert das Duo „Living on a Prayer“ von Bon Jovi und „99 Luftballons“ von Nena, „Time after Time“ von Cyndi Lauper und „Johnny B.“ von The Hooters. Dieser Song soll von den Kellys inspiriert sein, als diese Straßenmusik in den USA machten.

An sein Intermezzo in der „Corona-Staffel“ von „The Masked Singer“ erinnert Kelly mit einer professionellen Version von „Gangsta’s Paradise“. Den Abend beginnt er rockig-rau mit „Proud Mary“, während „look back in Anger“ von Oasis zur zarten Ballade wird.

Aber eins haben alle Songs dieses live gespielten „Mixtapes“ gemein: Es sind nicht nur die Lieder, mit denen Angelo Kelly aufgewachsen ist, sondern auch die Fans im Publikum. Und so wird gemeinsam gesungen. Da hat nicht nur Kelly „Flugzeuge im Bauch“, das Publikum tanzt und singt „Titanium“ von David Guetta lautstark.

Stattdessen „Angels“

„Ich bin in einer Liveband aufgewachsen“, erklärt Angelo Kelly seine musikalische Sozialisierung. Den Song dieser Liveband, mit dem er sich selbst covern müsste, spielt er allerdings nicht, spielt allerdings mit sehr viel Humor und Ironie darauf an. Der erste Song des Zugabenblocks ist nicht „Angel“ von den Kellys, sondern der fast gleichlautende Titel von Robbie Williams: Angelo singt „angels instead“.

Matthias Krauss

Bei Angelo ist er der Mann an der Gitarre, dem Bass und dem Keyboard - und das alles gleichzeitig. Abseits der Mixtape Tour ist er zudem Komponist und Produzent. Im Burgtheater erlebte ihn das Publikum bei dem Instrumentalstück „Blue Butterfly“ solo: eine Eigenkomposition mit spacigen, singenden und dahingleitenden Gitarrensounds und einem atmosphärischen Klavierpart: meditative Musik, die Mut zur Stille hat.