Dinslaken. In der Innenstadt stehen zehn Prozent der Geschäfte leer. Ein Stadtplanungsbüro hat für die Stadt Probleme ausgemacht und Lösungen entwickelt.

„Wenn Dinslaken in Bayern läge, wäre es ein Oberzentrum“, sagte Jens Nussbaum, Stadtplaner des Büros „Stadt + Handel“. Weil Dinslaken aber in NRW liegt und mit dem Ruhrgebiet und besonders dem Centro Konkurrenz in direkter Nachbarschaft hat, ist die Stadt eben Mittelzentrum mit den Problemen, die Mittelzentren nicht erst seit Corona, seitdem aber verstärkt haben: Leerstände. Jens Nussbaum hat im Auftrag der Stadt einen „Masterplan Innenstadt“ entwickelt, um gegenzusteuern. Der wurde jetzt dem Wirtschaftsförderungsausschuss vorgestellt – und zeigt bereits erste Erfolge.

Das sind die Probleme

Das Büro „Stadt + Handel“ hat Verkaufsflächen, Nutzung und Leerstände kartiert. Zehn Prozent der Lokale stehen leer, eine Quote, die „nicht alarmierend“ sei. Was aber Sorgen bereite, sei eine Barriere auf Einkaufsmeile: Und das ist nicht etwa die Friedrich-Ebert-Straße, die die Altstadt von der Neustraße trennt. Sondern eine Untersuchung der Besucherströme habe ergeben, dass die Frequenzen schon hinter „dm“ abreißen: „Der Bruch ist in der Mitte der Neustraße.“ Die Drogerie sei der letzte große Magnet, „danach gibt es keine Ankernutzungen mehr“, im Gegenteil: Im unteren Bereich der Neustraße stehen immer wieder Geschäfte leer. Ein weiteres Problem sei das Erscheinungsbild mancher Immobilie sowie der Passagen zum Rutenwall und zur Klosterstraße. „Das ist das Tor zu Ihrer Innenstadt“, wandte sich Nussbaum an die Ausschuss-Mitglieder und zeigte ein Foto der Mülltonnen in der Bohlen-Passage.

Das sind die Vorschläge

Dinslaken biete eine gute Ausgangslage, so der Stadtplaner. Der Einzelhandelsbesatz sei „sehr gut“, die Stadt habe „viele Punkte auf die man aufbauen und die man einer Frischzellenkur unterziehen“ könne. Er empfiehlt, das Profil der Quartiere zu schärfen. Wichtig sei, dass eine Innenstadt eine „Geschichte“ erzähle:

„Ankunftsort Neutor-Viertel“: Die Neutor-Galerie sei ein klassischer „Ankunftsort“, so Nussbaum, von dem aus sich die Stadt erkunden lasse. Dort seien große Filialisten, Franchisekonzepte und Gastronomie gut aufgehoben. Der Stadtplaner empfiehlt, ein Konzept für einen Spezialitätenmarkt auf dem Neutorplatz aufzustellen, um den Platz „mit einem anderen Charakter“ zu beleben. Der Markt müsse sich natürlich von bestehenden Märkten „abheben“. Außerdem empfiehlt Nussbaum einen „temporären Neutor-Garten“, der für mehr Grün sorgen könnte, ohne Veranstaltungen zu unterbinden.

„Bahnstraße – laut, lebendig, lebensfroh“: Ihm sei bewusst, dass es Sorgen wegen der Veränderungen auf der Bahnstraße gebe, so Nussbaum: „Das sind nicht die schönsten Nutzungen - aber sie funktionieren“, sagt er: „Da werden andere Zielgruppen, angesprochen“, die sich in der „gutbürgerlichen“ Neustraße nicht wiederfinden.

„Bummelmeile Neustraße“: Die Neustraße soll „das Thema der Neutor-Galerie aufnehmen,“ so Nussbaum. Hier sollte starker Einzelhandel beheimatet sein. Von dort komme man „in die Überraschungsbox“, den unteren Bereich der Neustraße, hinter „dm“. Hier könnte man die etwas niedrigeren Ladenmieten nutzen, um „experimentelle Konzepte anzusiedeln“: Hybridkonzepte oder Pop-Up-Gastronomie etwa. „Es muss gelingen, die Leute neugierig zu machen.“ Auch wenn die Friedrich-Ebert-Straße nicht die entscheidende Barriere sei, empfiehlt das Büro eine Umgestaltung des Übergangsbereichs. 

„Altstadt – Genuss und frische Ideen“: Die Altstadt sei „weniger durch Handel geprägt“, in Obergeschossen seien kulturelle Nutzungen oder Co-Working denkbar. Der Altmarkt sei ein Platz mit „tollem Charakter“ und habe „höhere Platzqualitäten“ als der Neutorplatz. Diese „gute Stube“ müsse gestärkt werden – durch Bespielung, Aufwertung, mehr Gastronomie. Etwa um nach Kulturveranstaltungen in Burgtheater oder KTH noch ein Glas Wein zu trinken. „Und so wird daraus eine Geschichte“, so Nussbaum: Der Charakter der Innenstadt verändere sich beim Bummel „von der klassischen Einkaufslage über den Experimentierraum, bis in die Duisburger Straße, wo Gastronomie überwiegt aber auch andere Nutzungen eine Rolle spielen.“

Darüber hinaus empfiehlt das Büro eine „Qualitätsoffensive“ um private Immobilien herzurichten. Zudem sei die Stadtbibliothek „viel zu introvertiert“. Sie könnte ergänzend Makerspace, Veranstaltungsraum, Café sein. Auch ein „Innenstadt-Wohnzimmer“ sei dort denkbar. Nussbaum rät übrigens von einem Verzicht auf Parkgebühren ab: „Dann hat man an der Stelle sofort Dauerparker“, so Nussbaum. Wichtig seien bequeme, digitale Zahl- und Verlängerungsmöglichkeiten

Nun sei eine Aktivierungs- und Umsetzungsstrategie für den Masterplan vonnöten: „Das kann die Stadt nicht alleine stemmen“, hier seien weitere Akteure wie Werbegemeinschaften, Bürger, Immobilienbesitzer gefragt.

So geht es weiter

Mit den Quartiersprofilen aus dem Masterplan ist Wirtschaftsförderer Georg Spieske bereits in die Gespräche zur Nachnutzung der Tedi-Filiale an der Duisburger Straße und des Kornbäckers an der Neustraße gegangen. Für beide Lokale ist ein Pächter in Aussicht, beim Kornbäcker handele es sich um ein Hybrid-Konzept.