Dinslaken. Ein Jahr nach dem Schullockdown habe sich die Belüftungssituation nicht geändert, klagen Dinslakener Eltern vor dem Start des Präsenzunterrichts.

Vor genau einem Jahr sind die Dinslakener Schulen erstmals in den Lockdown gegangen. Von Montag, 16. März 2020, an waren die Schulen geschlossen. Die Belüftungssituation hat sich seither an den Schulen nicht wesentlich geändert, kritisieren Eltern der Ernst-Barlach-Gesamtschule. Die Eltern hatten im vergangenen Jahr die Anschaffung von Luftfiltergeräten für die Schulen gefordert, auch der Stadtrat fasste einen entsprechenden Beschluss. Wenn jetzt am Montag die Schulen wieder für alle Schüler öffnen, gibt es an jeder Schule genau ein Lüftungsgerät. Und das ist nicht beweglich. Zu wenig – finden die Eltern der EBGS.

Das wurde bis jetzt unternommen

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Es sieht so aus, als hätte die Klasse 7e der EBGS das große Los gezogen. In ihrem Klassenraum im ersten Stock steht das einzige, 200 Kilo schwere Luftreinigungsgerät der mit 1400 Schülern größten Schule der Stadt. Die Stadtverwaltung hat insgesamt 18 Luftreinigungsgeräte angeschafft – die Kosten für Kauf und Installation lagen bei 88.000 Euro. Also etwa 4900 Euro pro Gerät. Weil noch nicht nachwiesen sei, ob die alternativen UVC-Geräte Strahlung abgeben, wurden die in der Wartung teureren Geräte mit Hepa-Filter angeschafft. Würde die Stadt für sämtliche genutzten Unterrichtsräume in Dinslaken – das sind laut Stadt 600 – solche Luftfiltergeräte anschaffen, lägen die Kosten umgerechnet also bei 3,9 Millionen Euro. Aber ist das eigentlich geplant?

Die Politik ist im November einem Antrag der Grünen gefolgt. Dieser sah vor, an den Dinslakener Schulen und Kitas „nach einer entsprechenden Eignungsprüfung mobile Luftfilteranlagen für die Räume und Klassen vorzuhalten, in denen optimiertes Lüften mit der Hilfe von CO2-Messgeräten nicht möglich ist.“

Bei Begehungen an allen Dinslakener Schulen stellte die Stadtverwaltung fest, „dass alle Unterrichtsräume in den Dinslakener Schulen durchgezieltes Fensteröffnen gelüftet werden können.“ Und es gibt auch keine Räume, bei denen etwa nur Oberlichter oder sehr kleine Fensterflächen geöffnet werden können beziehungsweise innenliegende Räume mit RLT-Anlagen (Raumlufttechnik) im Umluftbetrieb und ohne ausreichende Filter. Damit gibt es auch keine Fördermittel des Landes für die Anschaffung von Luftfiltergeräten.

Zum Erlernen des „optimierten Lüftungsverhalten“ hat die Stadt 160 Co2- Messgeräte für Schulen und zehn für Kitas gekauft und verteilt. Kosten: 38.500 Euro. Außerdem wurden bei Bedarf Fenster repariert und damit ihre Funktionsfähigkeit wieder hergestellt. Und es wurden Arretierungen angebracht, damit die Fenster nicht durch Luftzug wieder zuschlagen.

So soll es weitergehen

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Die Stadt will nun die Wirksamkeit der Geräte prüfen. Ein Institut für Energie- und Umwelttechnik wurde beauftragt, die Aerosolkonzentration an verschiedenen Positionen in einem Klassenraum mit und ohne Betrieb des Luftreinigers an zwei Tagen für jeweils vier Stunden messen. Getestet wird am Theodor-Heuss-Gymnasium. Allerdings: „Um ein aussagekräftiges Ergebnis zu bekommen, kann die Messung nur unter Realbedingungen getestet werden, das heißt erst nach Rückkehr der Schüler in den Präsenzunterricht“, so die Stadt. Die Auswertung werde etwa vier Wochen dauern und solle zusammen mit den Erfahrungen der Schulen Grundlage für die weitere Vorgehensweise sein, so die Stadt.

Das kritisieren die EBGS-Eltern

Die EBGS ist mit etwa 1400 Schülern die größte Schule Dinslakens.
Die EBGS ist mit etwa 1400 Schülern die größte Schule Dinslakens. © FUNKE Foto Services | Markus Weissenfels

Den Eltern der EBGS dauert das zu lange. Im Oktober hätten sie sich bereits an die Stadt gewandt, erinnern Richard Pennings, Vorsitzender der Schulpflegschaft, und Stefan Walko (Mitglied der Schulpflegschaft. Bis die Testergebnisse vorlägen, sei Frühling. Die Eltern fürchten, dass die Stadt es dann auf sich belassen und sich das Belüftungskonzept weiterhin aufs Fensteröffnen beschränken könnte.

Genau das aber wollen Eltern und Schulkonferenz umgehen. Sie wollen erreichen, dass, „dass in den Klassen Unterricht normal stattfinden kann – ohne Lüftungstätigkeit während der Stunden und ohne Maskenpflicht während der Stunden“, so Richard Pennings.

Die FFP2-Masken, die alternativ zu OP-Masken den ganzen Tag getragen werden sollen, kämen ursprünglich aus der Arbeitswelt. Es gebe Regularien zu Tragedauer und Pausen bei FFP2-Masken, die aber an Schulen nicht eingehalten werden könnten. "Wir wissen nicht, welche potenziellen Langzeitschäden bei Kindern entstehen könnte“, so Stefan Walko.

Gerade im Winter habe das regelmäßige Lüften zudem dazu geführt, dass die Kinder trotz Mütze und Mantel im Unterricht und in Klausuren gefroren hätten und sich nicht richtig konzentrieren konnten.

„Es gibt eine Präsenzpflicht mit Maskenpflicht aber keinerlei Konzepte, wie man die Kinder noch schützen kann“, kritisiert Stefan Walko. „Überall werden Gelder reingesteckt, aber nicht in den Schutz der Kinder. Wir befinden uns seit März in dieser Pandemie. Und es gibt nichts anders als: Macht mal ein Fenster auf und tragt ‘ne Maske?“ Es scheine den Eltern so, als habe die Stadt „über den Winter ein paar Geräte beschafft und im Sommer können wir wieder Fenster aufmachen, dann ist die Diskussion vom Tisch.“

Eltern fordern Test an mehreren Schulen

Das Luftreinigungsgerät der Klasse 7e, das während des Gesprächs im Hintergrund surrt, mache einen „guten Eindruck, ist nicht besonders laut, damit käme man zurecht,“ findet Pennings. Die Eltern fühlen sich aber nicht ausreichend informiert hinsichtlich des Tests am THG. Stefan Walko vermisst „offene Kommunikation, Transparenz und Austausch“. Darüber hinaus müsste der Test nach Ansicht der Eltern parallel an mehreren Schulen durchgeführt werden um ein „vergleichbares, aussagekräftiges Ergebnis“ zu erhalten. „Wenn man nur in einem Klassenraum an einer Schule testet, bekommt man auch nur für diese Konstellation ein Ergebnis“. Die räumlichen Verhältnisse und der Alltag an den Schulen seien aber unterschiedlich.

Auch ohne Corona, so die Eltern, würden sich die Geräte innerhalb von zweieinhalb Jahren amortisieren, weil der Krankenstand, der auch durch anderweitige Infektionen über die Raumluft entsteht, reduziert würde. „Wir haben genug Unterrichtsausfall und Lehrermangel“, so Walko. „Wenn wir durch Luftreinigungsgeräte eine höhere Verfügbarkeit der Lehrer hätten, wäre das in Summe eine gute Lösung um langfristig besseren Unterricht zu gewährleisten“.