Dinslaken. Die Elternpflegschaft der EBGS fordert Luftfilter für alle Dinslakener Schulen. Die Stadt reagiert – und fordert das Land zum Umdenken auf.

Wir machen uns Sorgen um die Gesundheit unserer Kinder“. Mit diesen Worten wendet sich die Elternpflegschaft der größten Schule in Dinslaken, der Ernst-Barlach-Gesamtschule, an die Stadtverwaltung und die Politik in Dinslaken. Die Eltern fordern die Anschaffung von Luftfilteranlagen für alle Dinslakener Schulen. Auch von Eltern des Theodor-Heuss-Gymnasiums hat es eine entsprechende Initiative gegeben.

Das sagen die Eltern

Die EBGS-Eltern sehen „die Gesundheit vieler Schüler, Lehrer und deren Familien als stark gefährdet an“, so Richard Pennings, Pflegschaftsvorsitzender, und Stefan Walko (Vater und aus beruflichen Gründen fachkundig). Die von der Landesregierung verfügten Lüftungsregelungen halten die Eltern der EBGS „keinesfalls für ausreichend, das Virus zu bekämpfen, schon gar nicht kann es eine Dauerlösung sein.“

Decken, Mützen, Regen und Laub im Klassenraum


Aktuell säßen 25 bis 30 Kinder und Lehrer gemeinsam im Unterricht, der durch regelmäßiges Lüften unterbrochen und durch das Tragen von Masken beeinträchtigt werde. Das „Umhängen von Decken, das Tragen von Anoraks und Mützen“ sowie je nach Witterung das „Herumwirbeln von Blättern“ oder das „Eindringen von Nässe“ ins Klassenzimmer würden das Lüften zusätzlich erschweren sowie die Konzentration kosten. Und trotz aller Maßnahmen „vermehren sich die Coronafälle und Verdachtsfälle stetig“, so die Eltern. An der EBGS waren zeitweise 300 Schüler und 28 Lehrer in Quarantäne oder krank. Im Winter werde der Krankenstand – wie auch schon ohne Corona – weiter steigen.

Die Eltern zitieren eine Studie der RWTH Aachen, nach der in Klassenräumen mit 35 Personen ein zwölffach erhöhtes Infektionsrisiko besteht. Selbst um mit 18 Personen ein nicht erhöhtes Risiko zu erreichen, sei ein Luftstrom notwendig, den nur eine lüftungstechnische Anlage leisten könne. „Eine reine Fensterlüftung wird nicht für einen ausreichenden Luftwechsel sorgen können“, so die Studie.

Das sind laut Eltern die Kosten


Die Beschaffung von UVC-Luftfiltern für die EBGS würde bis zu 240.000 Euro kosten, für alle Dinslakener Schulen rechnen die Eltern mit Kosten in Höhe von drei Millionen Euro. UVC-Luftfilter deaktivieren Viren durch ultraviolette Strahlung. Anders als bei Hepa-Filtern, die regelmäßig fachmännisch gereinigt werden müssen, entstünden, so die Eltern, „keine hohen Folgekosten“. Die Eltern haben die Anschaffungskosten gegen die durch Lehrerausfall entstehenden Kosten gerechnet und sind zu dem Schluss gekommen, dass sich die Anlagen nach zwei Jahren amortisieren würden.


„Wir finden, dass die Gesundheit unserer Kinder und Lehrer eine Investition in dieser Größenordnung in jedem Fall rechtfertigt. Fehlende finanzielle Mittel können nicht der Grund dafür sein, das Thema Luftreinigungsgeräte faktisch ad acta zu legen,“ so die Eltern. Auch die Sozialdemokraten
haben beantragt, für alle Schulen in Dinslaken mobile Luftfilteranlagen anzuschaffen
und die Kosten auf eine Million Euro geschätzt.

Das sagt die Stadtverwaltung

„Eine flächendeckende Ausstattung aller Aufenthaltsräume in den Schulen ist aus Sicht der Verwaltung auch mit Blick auf die hohen Investitions- und Folgekosten nicht sinnvoll und auch nicht erforderlich,“ heißt es in der Stellungnahme der Stadtverwaltung zum SPD-Antrag. Es müssten Kriterien aufgestellt werden, in welchen Räume die Luftfilter zum Einsatz kämen. Die Geräte könnten nicht kurzfristig angeschafft werden, es sei ein Beschluss und Ausschreibungsverfahren erforderlich, die Wartezeiten seien zudem lang.


Nach Empfehlung des Umweltbundesamtes seien mobile Luftreiniger zudem „allenfalls als Ergänzung zum aktiven Lüften und wenn organisatorische Maßnahmen wie zum Beispiel eine Verringerung der Personenzahl oder größere Abstände nicht realisierbar sind, aber keinesfalls als Ersatz geeignet“, so die Stadt. Die Filter seien eine „unterstützende Maßnahme“.

Umweltbundesamt, Land und Robert-Koch-Institut (RKI) würden regelmäßiges Lüften, Abstand, Hygiene, Alltagsmasken und die Corona-Warn-App empfehlen (AHA+A+L). Außerdem verweist die Stadt auf die 60 CO2-Messgeräte, die gerade für Schulen beschafft wurden.

Luftfilter wurde im Technischen Rathaus getestet


Dennoch, so Stadtsprecher Marcel Sturm, sei das Thema „keineswegs zu den Akten gelegt“. Die „Belüftungssituation“ an den Dinslakener Schulen sei zwar gut, könne aber durch „zusätzliche Maßnahmen“ verbessert werden. Dafür gebe es derzeit Begehungstermine an allen Schulen. Zudem sei der Stadtverwaltung „bewusst, dass – falls wir keinen milden Winter bekommen – auch mit sehr niedrigen Außentemperaturen zu rechnen ist, die das richtige Lüften im Sinne des Corona-Schutzes erschweren.“ Deswegen befasse sich die Stadt durchaus mit dem Thema Lüftungsanlagen – „auch wenn wir mit keinen Fördermitteln rechnen können“, so Sturm. Denn diese gibt es nur für Räume, in denen kein Lüften über die Fenster möglich ist.

Es sei geplant, einen Test mit mobilen Luftreinigungsanlagen durchzuführen, „sofern geeignete Geräte auf dem Markt beschafft werden können.“ An welcher Schule - das werde mit den Schulleitern abgestimmt. Bei der Prüfung der Geräte sei neben der Leistung auch die Lautstärke zu beachten. Ein Lüfter, der im Technischen Rathaus getestet wurde, war statt der angegebenen 45 db satte 65 db laut. „Von der Effizienz her wären für einen Klassenraum drei solcher Geräte notwendig“, so Sturm.

Stadt fordert das Land zum Umdenken auf


Die Stadt fordert das Land auf, seine „bisherige Strategie zu überdenken“: Laut Empfehlung des RKI
sollen ab einer 7-Tage-Inzidenz von 50 die Klassen – sowohl bei Grund- als auch bei weiterführenden Schulen – durch Teilen oder durch Wechselunterricht verkleinert werden
. In Dinslaken liegt die Inzidenz
derzeit bei 180,5
. Aber, so die Stadt: „Das Ministerium für Schule und Bildung NRW lehnt diese Vorgehensweise bislang ab.“