Oberhausen. Sebastian Wahl will auf dem Garagendach seinen eigenen Ökostrom produzieren. Stecker rein, glücklich sein? So einfach ist es leider nicht.
Es wäre so einfach. Zwei Solarpanels kaufen, am Balkon anschrauben oder auf dem Garagendach befestigen, Stecker rein und den eigenen Ökostrom produzieren. Fertig. Wer diese Vorstellung hat, vergisst die deutsche Gründlichkeit und Bürokratie. Diese Erfahrung machte auch der Oberhausener Sebastian Wahl, der sich im Juli 2023 ein Balkonkraftwerk auf sein Garagendach stellte.
Am Anfang stand für den dreifachen Vater eine gründliche Recherche. Das Dach seiner Doppelhaushälfte in Osterfeld war für eine große Solaranlage aufgrund der Ausrichtung zur Sonne wenig geeignet und wenn schon „Großes nicht ging, dann wollte ich wenigstens eine kleine Solaranlage, um Stromkosten zu sparen und etwas für die Umwelt zu tun“, sagt Sebastian Wahl.
Stecker des Balkonkraftwerks: Das muss beachtet werden
Gesagt, getan. Er kaufte zwei Solarpanels und ließ sie vom Dachdecker auf das Garagendach setzen. Aber welcher Stecker darf in die Steckdose? Der Verband Deutscher Elektrotechniker hatte bislang einen speziellen Stecker empfohlen. Mittlerweile hat er aber grünes Licht für den Schutzkontakt- (Schuko-) Stecker gegeben. Es kann aber sein, dass Netzbetreiber auf einen sogenannten Wieland-Stecker bestehen (Mehr Informationen dazu findet Ihr hier). Sebastian Wahl jedenfalls bat die Elektriker der Firma Koppen um Hilfe.
„Ein Balkonkraftwerk“, bestätigt Elektrotechnikermeister Simon Könings, „ist ideal, um den Strom für die Grundlast eines Hauses zu produzieren.“ Bei Sonnenschein werden damit der Kühlschrank, das WLAN und die Standby-Geräte versorgt. So dachte sich das auch Sebastian Wahl. Wie viele andere musste er lernen, dass es neben den normalen Schutzkontakt- (oder Schuko-) Steckern noch andere gibt: Ein Wieland-Stecker ist dafür gemacht, Strom in die andere Richtung zu transportieren, von der Solaranlage in die Steckdose hinein und nicht wie sonst aus der Steckdose heraus. „Sehr sinnvoll“, findet das Simon Könings, „bei diesen Steckern gibt es keine offenen Kontakte und ein Stromschlag ist ausgeschlossen.“ Dafür gibt es die Norm VDE 0100-551.7.2. Absatz 2. Eine neue passende Steckdose darf wiederum nur ein Profi installieren, legt die Niederspannungsanschlussverordnung (NAV) fest. Die Arbeiten dürfen, wörtlich: „außer durch den Netzbetreiber nur durch ein in ein Installateurverzeichnis eines Netzbetreibers eingetragenes Installationsunternehmen durchgeführt werden“.
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Balkonkraftwerke müssen angemeldet werden – zweimal
Gesagt, getan. Simon Könings als Fachkraft eines eingetragenen Installationsunternehmens verlegte ein Kabel vom Dach in die Garage, installierte eine Wieland-Steckdose und schloss das Balkonkraftwerk an das Stromnetz an. Aber auch danach durfte Sebastian Wahl noch nicht an der Energiewende des kleinen Mannes teilhaben. Denn: Balkonkraftwerke müssen angemeldet werden. Gleich zweimal und unabhängig voneinander. Zuerst beim Netzbetreiber, in Oberhausen bei der Oberhausener Netzgesellschaft, eine Tochter der EVO. Dann bei der Bundesnetzagentur, in einer Liste mit dem schönen deutschen Namen Marktstammdatenregister.
Gesagt, getan. „Die Anmeldung bei der Netzgesellschaft ging problemlos, aber für das Marktstammdatenregister brauchte ich 40 Minuten“, berichtet Sebastian Wahl von der Mühe auf bürokratischer Ebene. Doch noch immer durfte der Osterfelder keinen eigenen Strom produzieren. Ist ein Balkonkraftwerk installiert, muss ein spezieller Stromzähler eingebaut sein, sonst kann er bei der Stromeinspeisung rückwärts drehen, was nicht erlaubt ist. Ein alter Drehscheibenzähler, der übrigens Ferraris-Zähler heißt, muss ausgetauscht werden durch einen Zähler mit digitalem Display. Dafür zuständig ist auch die Oberhausener Netzgesellschaft.
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Gesagt, getan. Sebastian Wahl verabredete sich mit einer Mitarbeiterin, die den Zähler wechselte. Das war schnell und unkompliziert, zudem kostenlos, bestätigt Sebastian Wahl. Nach Aufbau, Anschluss, Anmeldung und Zählertausch war es so weit und der Hausbesitzer konnte seinen eigenen Strom produzieren. Fast, denn es fehlte in den letzten Wochen der Sonnenschein. Aber daran trägt auch eine deutsche Gründlichkeit und Bürokratie keine Schuld. „Stecker rein – glücklich sein, so dachte ich mir das“, sagt Sebastian Wahl, „aber es war doch komplizierter als gedacht. Insgesamt aber bin ich zufrieden und es ist ein gutes Gefühl, bei den Stromkosten zu sparen und der Umwelt zu helfen.“